Die Katholische Kirche Luzern steht finanziell besser da als erwartet. Der Kirchenrat will deshalb zwei Millionen Franken für humanitäre und ökologische Anliegen einsetzen – das ist einigen Parlamentariern zu wenig.
Die Jahresrechnung 2021 der Katholischen Kirchgemeinde der Stadt Luzern fällt wesentlich besser aus als erwartet. Der Ertragsüberschuss beträgt rund 7,12 Millionen Franken. Budgetiert war ein Aufwandüberschuss von 0,53 Millionen Franken. Der Gesamtertrag (inklusive Vermögensertrag und übrige Erträge) beträgt rund 32,1 Millionen Franken. Begründet wird das «aussergewöhnliche Ergebnis» mit deutlich höheren Steuereinnahmen.
Vom Plus von 7,12 Millionen Franken soll die Kirche je eine Million Franken für humanitäres Engagement sowie die Äufnung des Fonds für Energie und Ökologie verwenden. Die restlichen gut fünf Millionen Franken sollen dem Eigenkapital zugewiesen werden. Das schlägt der Kirchenrat, die Exekutive der Kirchgemeinde, den Mitgliedern des Grossen Kirchenrats, dem Parlament der Kirchgemeinde, vor.
In einer Motion an den Kirchenrat fordern nun Urban Frye und Mitunterzeichnende, dass der humanitäre Betrag um 500'000 Franken erhöht werden soll. Die Gelder sollen an grössere und kleinere Institutionen (Caritas Luzern, Schweizerische Arbeitshilfswerk Zentralschweiz, Hello Welcome) verteilt werden. Frye ist Grünen-Kantonsrat und Mitglied des Grossen Kirchenrates.
«Der Krieg in der Ukraine verursacht eine massive Verteuerung der Lebenshaltungskosten, vor allem bei den Grundnahrungsmitteln und der Energie», so die Motionäre. Davon betroffen sind vor allem Geringverdienende und bereits in Luzern wohnende Flüchtlinge. Mit dem zusätzlichen Beitrag solle die Katholische Kirche «proaktiv handeln und eine Leaderrolle einnehmen». Sie könne damit Stadt und Kanton zeigen, dass sie ihren Teil der sozialen Verantwortung trägt, und diese eventuell dazu bewegen, es ihr gleichzutun und ebenfalls zusätzliche Gelder für diesen Zweck freizugeben.
Es bleibt die Frage, warum die Katholische Kirchgemeinde der Stadt Luzern 2021 einen derart grossen Ertragsüberschuss verbuchen kann. Das liegt vor allem an den Steuereinnahmen. Diese betrugen 27,3 Millionen Franken, 8 Millionen Franken mehr als budgetiert. Die natürlichen Personen zahlten 15,9 Millionen Franken, budgetiert waren 14,4 Millionen. Der Grossteil des Mehrertrags, nämlich 6,5 Millionen Franken, ergab sich somit bei den juristischen Personen. Firmen und Unternehmen zahlten 11,4 Millionen Franken Steuern, budgetiert waren lediglich 4,9 Millionen.
Allein rund 4,5 Millionen Franken höher als budgetiert war dabei der Mehrertrag aus Nachträgen von Unternehmen. Dieses Ergebnis ist vor allem auf die Steuererträge einer einzelnen grossen Firma aus den Jahren 2019 und 2020 zurückzuführen. Auch die städtische Rechnung schloss deshalb 2021 deutlich besser ab als budgetiert. Um welche Firma es sich handelt, hat die Stadt nicht bekannt gegeben.
«Der Mehrertrag der Stadt spiegelt sich in der Rechnung der Kirchgemeinde», bestätigt Urban Schwegler, Mediensprecher der Katholischen Kirchgemeinde, auf Anfrage. Die Kirchgemeinde budgetiere die Steuereinnahmen jeweils aufgrund der Berechnungen und Voraussagen der Stadt. Auch juristische Personen müssen Kirchensteuern zahlen. Und im Gegensatz zu den natürlichen Personen können sie nicht aus der Kirche austreten. Ihr Steuerertrag wird jeweils je nach Grösse auf die katholische, die reformierte und die christkatholische Kirchgemeinde in der Stadt Luzern aufgeteilt.
Auffällig ist jedoch, dass der Steuerertrag der Kirchgemeinde auch bei den natürlichen Personen leicht zulegte, nämlich um rund 70'000 Franken gegenüber dem Vorjahr, während die gesamte Stadt hier einen Rückgang um rund 1 Million Franken verzeichnete. «Vor allem bei der älteren Bevölkerung ist der Anteil Katholiken noch immer relativ hoch», sagt dazu Urban Schwegler. «Und es ist durchaus möglich, dass sich darunter einige gute Steuerzahler befinden.» 2021 wurden 741 Kirchenaustritte verzeichnet. Das sind zwar 19 weniger als im Vorjahr. Dennoch: «Von einer Trendwende kann man leider nicht reden», sagt Schwegler. 2021 gehörten der Kirchgemeinde der Stadt Luzern etwa 28'500 Katholikinnen und Katholiken an, 2016 waren es noch mehr als 33’000 gewesen (ohne die selbstständigen Kirchgemeinden Reussbühl und Littau).
Die Jahresrechnung wird an der Sitzung des Grossen Kirchenrates am 18. Mai behandelt werden.