Keine Beatrice Egli, kein DJ Ötzi: Der erste Luzerner Schlagersommer ist abgesagt. Grund für den Ausfall ist offenbar der mangelnde Absatz im Vorverkauf. Unter Insidern brodelt jedoch die Gerüchteküche.
Kilian Küttel
kilian.kuettel@luzernerzeitung.ch
Es wäre eine rauschende Party geworden, das Stelldichein der Szenegrössen: Am 13. August sollte der erste Schlagersommer im Eiszentrum Luzern über die Bühne gehen. Angekündigt waren illustre Künstler wie Beatrice Egli, DJ Ötzi oder Nino de Angelo. Erschallt also bald Ötzis «Anton aus Tirol» aus den Boxen der Eishalle? Nein. Wie Recherchen unserer Zeitung zeigen, gibt es weder Live-Auftritte, noch kommen Schlagerstars nach Luzern. Der Anlass ist abgesagt. Gestern erhielten die Ticketverkäufer die Nachricht. Stefan Epli, Mediensprecher von Ticketcorner, sagt: «Der Veranstalter erklärte, die Nachfrage im Vorverkauf sei mangelhaft gewesen.»
Das Konzert durchführen sollte das Unternehmen Brown Media Concerts. Dieses hat seinen Sitz im deutschen Dörfles-Esbach, Landkreis Coburg, Bundesland Bayern.
Der Geschäftsführer von Brown Media heisst Sebastian Modl. Als unsere Zeitung ihn auf die Absage ansprechen will, zeigt sich: Der Mann ist schwer zu erreichen. Geschäftsnummern führen ins Leere, Mails bleiben unbeantwortet, seit Monaten ist die Firmen-Website ausser Betrieb. Und auch beim zweiten Unternehmen, das Modl führt, geht niemand ans Telefon. Nach etlichen Versuchen, Kontakt aufzunehmen, reagiert Modl doch noch. Schriftlich teilt er mit. «Wir müssen das Konzert aus organisatorischen Gründen absagen.»
Myrtha Rüttimann ist die Leiterin des Abopasses bei der Luzerner Zeitung AG. Im Auftrag von Ticketcorner hat diese einen Teil des Kartenverkaufs übernommen. Die Zusammenarbeit mit dem Veranstalter sei schwierig gewesen, so Rüttimann: «Oftmals war der Geschäftsführer tagelang nicht erreichbar. Auch sonst war die Organisation des Events sehr laienhaft.»
Sebastian Modl ist ein Mann mit einer bemerkenswerten Vorgeschichte: Im Juni waren die Finalisten der vierzehnten Staffel von «Deutschland sucht den Superstar» auf grosser Tournee durch die Bundesrepublik. 5 der 19 Konzerte hätte Modls Firma Brown Media veranstalten sollen. Stattgefunden hat kein einziges. «Ich bin mit meiner Familie extra einen Tag vor dem Konzert nach Mannheim gereist, damit wir genug früh dort sind», sagt ein Luzerner Musikfan, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Dort angekommen, erreicht ihn die Hiobsbotschaft: «Ihr Event wurde abgesagt. Bedauerlicherweise ist es uns nicht möglich, eine Rückabwicklung Ihres Auftrages vorzunehmen», heisst es in einer E-Mail des Ticketverkäufers Eventim. Für die Erstattung des Ticketpreises solle er sich an den Veranstalter wenden.
Sein Geld hat der Luzerner bis heute nicht gesehen. So wie viele andere DSDS-Anhänger auch nicht. Auf Facebook gehen darum die Wellen hoch: «Grosse Schweinerei. Wir haben uns gefreut, und dann wird das Konzert einfach abgesagt», schreibt ein User. Viele deutsche Medien haben die Geschichte aufgenommen – allesamt hatten sie Mühe, Modl ausfindig zu machen. Die «Neue Presse» aus Coburg schrieb sogar, der Geschäftsführer sei abgetaucht.
Für die hiesigen Fans ist derweil etwas anderes viel wichtiger: Was passiert mit den Schlagersommer-Karten, die sie im Vorverkauf erstanden haben? «Die Tickets werden bei allen Vorverkaufsstellen zurückerstattet», schreibt Modl in seiner Stellungnahme. Wie viele Karten das sind, sagt er nicht. Unsere Zeitung aber weiss: Bis Mitte der letzten Woche waren lediglich 480 von 1700 Tickets verkauft.
Und noch eine weitere Frage ist ungeklärt: Wieso warten in Deutschland so viele Leute auf die Rückerstattung des Kaufpreises? Sebastian Modl kann dazu nichts sagen, «aus rechtlichen Gründen». Ein Szene-Insider, der anonym bleiben möchte, liefert eine mögliche Antwort: «Entweder haben die Ticketportale den Auftrag für die Ausbezahlung an die Kunden noch nicht erhalten. Aber weil die Konzerte ja schon im Juni waren, wäre das sehr seltsam.» Oder aber: Das Geld ist weg. In der Branche gibt es Verträge, die es den Veranstaltern erlauben, noch vor einem Anlass Ticketgelder zu beziehen. So können sie die laufenden Kosten stemmen. An sich kein Problem – solange die Einnahmen aus der Veranstaltung stimmen.
Sollte das Geld tatsächlich schon ausgegeben sein, dürften viele Leute leer ausgehen. So wie der Luzerner Familienvater, der die DSDS-Sänger in Mannheim sehen wollte. Umgerechnet 250 Franken habe er für die Tickets bezahlt.
Für das Konzert in Luzern konnten sich die Schlagerfans zwischen drei verschiedenen Kategorien entscheiden. Ein Billett der VIP-Klasse hätte 160 Franken gekostet – Cüpli und 3-Gang-Menü inbegriffen. Das günstigste Ticket wäre für 40.70 Franken zu haben gewesen. Die Türöffnung war auf 14 bis 15.15 Uhr angesetzt – war: Die Türen zum Eiszentrum Luzern bleiben am 13. August zu.