Die Vereinsleitung des FC Härkingen informierte an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung ausführlich über den Kassier, der während Jahren Geld aus der Vereinskasse abzweigte. Die Schadenssumme beträgt 250'000 Franken.
Der Schock, dass der FC Härkingen vom Kassier fast um sein ganzes Geld gebracht wurde, sitzt immer noch tief bei Matthias Heim. «So etwas hätte ich nie im Leben erwartet, sagt der 39 Jahre alte Präsident des traditionsreichen Gäuer Fussballvereins.
Beinahe unfassbar ist die Höhe der Schadensumme von knapp 250 000 Franken, welche der fehlbare Kassier innerhalb von vier Jahren abzweigte, um damit seine Spielsucht zu finanzieren. Publik geworden war der Fall Anfang Februar (wir berichteten).
Darüber, und wie es dazu kommen konnte, wurden am Donnerstag die Mitglieder des FC Härkingen an einer Mitgliederversammlung im Detail ins Bild gesetzt. Kein Einlass gewährt wurde den Medien. Der Vorstand habe sich im Interesse des Vereins einstimmig für diese Massnahme ausgesprochen, hatte Matthias Heim vor der Versammlung verlauten lassen.
Am Freitag ab der Präsident des FC Härkingen zusammen mit Spiko-Präsident Michael Heim dieser Zeitung Auskunft über den Verlauf der von 96 Mitgliedern und Hauptsponsoren besuchten Versammlung. Diese sei sehr ruhig verlaufen und es habe lediglich Verständnisfragen gegeben. Auch Kritik oder Angriffe auf seine Person und den Vorstand habe es keine gegeben. «Es klingt vielleicht komisch», so Heim, «aber ich hatte nach der Versammlung das Gefühl, dass gegenüber dem Vorstand eine grosse Solidarität besteht und der Zusammenhalt innerhalb des Vereins trotz oder gerade wegen dieses gravierenden Vorfalls eher noch stärker geworden ist.» Die Versammlung sei so glatt verlaufen, weil der Präsident derart umfassend informiert habe, meint Spiko-Präsident Michael Heim dazu.
Matthias Heim liess denn auch praktisch kein Detail aus bei der Beschreibung des Vorgehens des Kassiers. Dieser hatte die Situation ausgenutzt, dass der Verein sein Guthaben bei zwei Banken deponiert hatte, von diesen Kontos aber nur eines wirklich bewirtschaftete. Der Verein wähnte sich im Glauben, sein Vermögen auf dem «stillen» Konto zu haben.
In Tat und Wahrheit wurden die Gelder jedoch nicht auf das «stille» Konto überwiesen, sondern direkt auf das Privatkonto des Kassiers abgezweigt. In der Buchhaltung wies er diese Bezüge jeweils als Überweisung vom aktiven Konto des Vereins auf das «stille» Konto aus. Zudem fasste er jeweils Ende Saison Bezüge aus der Barkasse als Einmalüberweisung zusammen und verbuchte diese ebenfalls als Geldeingang auf dem «stillen» Konto.
Aufgeflogen waren die Machenschaften des Kassiers, als der Verein seine auf zwei Banken deponierten Guthaben zusammenlegen wollte. Dem 38-Jährigen gelang es zwar anfänglich, die dafür notwendige Transaktion der Gelder mit glaubhaften Begründungen zu verzögern. Schliesslich wurde der Druck aber so gross, dass er beim Präsidenten ein umfassendes Geständnis ablegte.
Inzwischen läuft ein Strafverfahren gegen den ehemaligen Kassier des FC Härkingen. «Wir haben von ihm verlangt, dass er sich selbst anzeigt», so Matthias Heim. Und warum konnte es überhaupt so weit kommen? Abklärungen haben ergeben, dass der Kassier sehr raffiniert vorgegangen ist.
So legte er dem Vorstand und den Revisoren über Jahre gefälschte Kontoauszüge und Zinsausweise zum Nachweis der Vermögenslage des Vereins vor. Das wurde allerdings erst im Nachhinein bemerkt. «Auch Finanzfachleute haben die Fälschungen nicht als solche erkannt», bemerkt Matthias Heim dazu.
Auch Lehren wurden bereits aus dem Fall gezogen. Bezüge bei der Bank können nur noch mit Kollektivunterschrift ausgeführt werden. Der fehlbare Kassier konnte noch mit Einzelunterschrift uneingeschränkt über die Gelder des Vereins verfügen. Die Folgen sind bekannt: Der Verein wurde um 250 000 Franken betrogen.
Mit dem wenigen Geld, das geblieben ist, kann zumindest der Spielbetrieb aufrechterhalten werden, wie Präsident Heim bestätigt. Allerdings müssen dafür Einsparungen vorgenommen und Sanierungsmassnahmen in die Wege geleitet werden. Ansonsten droht dem FC Härkingen mit drei Aktiv- und zwölf Juniorenmannschaften bei einem Budget von rund 173 000 Franken bis Saisonende ein Defizit von etwa 30 000 Franken. Unterstützung bekommt der Verein von der Supportervereinigung des FC Härkingen, die dem finanziell angeschlagenen FC mit einem Darlehen von 25 000 Franken aushelfen wird. Auch Hauptsponsor «Ronal» hat den Ernst der Lage erkannt und dem Verein einen ausserordentlichen Beitrag von 5000 Franken gewährt. «Ich denke, dass wir mit den eingeleiteten Massnahmen Ende Saison einen knappen Saldoüberschuss schreiben können», sagt Matthias Heim optimistisch.
Einen Rücktritt wegen der ganzen Sache habe er nie in Erwägung gezogen, dafür spüre er zu viel Rückhalt. «Der FC Härkingen ist mein Leben. Jetzt ist es an der Zeit, nach vorne zu blicken.»