Stadtentwicklung
«Neues wagen und trotzdem Patina bewahren»: Das rät die Basler Architektin Barbara Buser Frauenfeld für die Umnutzung der Stadtkaserne

Eine begeisternde Expertin für Arealumnutzungen, ein zukunftsorientierter Stadtbaumeister sowie 130 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer: Das waren die Zutaten für ein schmackhaftes Menu zur Frauenfelder Stadtkaserne. Der Verein «Unsere Stadtkaserne» hatte dazu ins Rathaus eingeladen.

Mathias Frei
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Machen sich Gedanken zur Umnutzung der Frauenfelder Stadtkaserne: Frauenfelds Stadtbaumeister Christof Helbling und die Basler Architektin Barbara Buser.

Machen sich Gedanken zur Umnutzung der Frauenfelder Stadtkaserne: Frauenfelds Stadtbaumeister Christof Helbling und die Basler Architektin Barbara Buser.

Bild: Benjamin Manser

Wow. Am besten grad loslegen. Machen. Jetzt. Mit dieser Frau käme mit Sicherheit Leben in die Stadtkaserne. Das denkt man sich am Montagabend nach zwei dichten Stunden unter dem Titel «Stadtkaserne – Bausteine einer Umnutzung». Barbara Buser ist diese Frau. Wegen ihr und auch wegen Frauenfelds Stadtbaumeister Christof Helbling sind gegen 130 Interessierte in den Grossen Bürgersaal gekommen, eingeladen hat der Verein «Unsere Stadtkaserne». Die Zukunft ebendieser Stadtkaserne bewegt in Frauenfeld.

«Frauenfeld hat ein unglaubliches Glück mit dieser Kaserne mitten in der Stadt.»
Der Hauptbau der Frauenfelder Stadtkaserne.

Der Hauptbau der Frauenfelder Stadtkaserne.

Bild: Reto Martin

Das sagt Buser. Sie spricht lustvoll, erklärt bildhaft, wirkt liebenswürdig-charmant und zugleich kompetent. Sie hat den Schalk im Nacken, kann begeistern und zusammenbringen. Diesen Eindruck hat man von der Basler Architektin, die als Pionierin der Nachhaltigkeit gilt und deren Credo ist, möglichst wenig neu zu bauen, sondern Vorhandenes neu zu denken. Man solle einfach etwas entstehen lassen, sagt sie.

Kasernenareal als Ergänzung zur Altstadt

Der Frauenfelder Stadtbaumeister Christof Helbling berichtet am Montagabend über den Stand der Dinge. Er hat mit seinem Amt für das Areal das spannende Nutzungskonzept Markt Thurgau entwickelt. Das in Zukunft zivil bespielte Stadtkasernenareal solle in keiner Weise eine Konkurrenz darstellen zur Altstadt, sondern vielmehr ergänzend wirken, betont Helbling. Er spricht von einer etappierten Stadtentwicklung. «Wir haben mit der Armasuisse ein gutes Vis-à-vis. Dieser Umstand bildet die Grundlage, um Dinge zu ermöglichen, die nicht überall möglich sind», erklärt der Stadtbaumeister. Eine Herausforderung sei, dass man die Stadtkaserne 2023 übernehme, also zu einem Zeitpunkt, wo man noch nicht wisse, ob öffentliche Gelder fliessen. Die Marke Stadtkaserne Frauenfeld soll laut Helbling im kommenden Jahr weiter geschärft werden. Auch kommen dann Themen wie Zwischennutzungen und Trägerschaften aufs Parkett. (ma)  

Entmilitarisierung auf das Jahr 2023 terminiert

Der Vereinsvorstand: Monika Keller, Tobias Lenggenhager (vorne), Ruth Kern, Charles Landert, Simone Meier (Mitte), Vereinspräsident Roland Wetli, Esther Menzi und Brigitte Hänni (hinten).

Der Vereinsvorstand: Monika Keller, Tobias Lenggenhager (vorne), Ruth Kern, Charles Landert, Simone Meier (Mitte), Vereinspräsident Roland Wetli, Esther Menzi und Brigitte Hänni (hinten).

Bild: PD

Fakt ist: Nach heutigem Stand überlässt die Armasuisse im Jahr 2023 die Stadtkaserne im Baurecht der Stadt Frauenfeld. Deshalb sei es nun höchste Zeit, sich mit der Umnutzung des Areals zu befassen, sagt Roland Wetli, der den Verein Unsere Stadtkaserne präsidiert. Der Verein sieht sich einerseits als Scharnier zwischen den Behörden und der Bevölkerung, will andererseits eine Plattform bieten, um Ideen betreffend Zukunft der Stadtkaserne weiterzuentwickeln.

Barbara Buser indes hat schon vielfach Plattform geboten, um auszuprobieren. Sie ist gewissermassen eine professionelle Ermöglicherin und hat schon verschiedenste Areale in der Schweiz und auch im Ausland umgenutzt. Sei es vor über 20 Jahren das Gundeldinger Feld in Basel, die Basler Volksbank, die SBB-Werkstätte in Zürich oder aktuell der Lagerplatz im Winterthurer Sulzerareal.

Das Publikum am Montagabend im Grossen Bürgersaal.

Das Publikum am Montagabend im Grossen Bürgersaal.

Bild: Benjamin Manser

Am Anfang die Schatzkarte, am Ende die Leitidee

Buser stellt die sechs goldenen Regel der Arealumnutzung vor. Zuerst müsse der Bestand analysiert und eine «Schatzkarte» erstellt werden. Zweitens: ein bunter Strauss von Nutzungen, in Partizipation festgelegt. Weiter soll eine Arealumnutzung etappiert vonstattengehen.

«Nicht alles auf einmal fertigstellen wollen!»
Die Frauenfelder Stadtkaserne aus der Vogelperspektive.

Die Frauenfelder Stadtkaserne aus der Vogelperspektive.

Bild: Reto Martin

Weiter gelte es, die Patina und den Geist des Ortes zu bewahren und zugleich Neues zu wagen. Buser sagt: «Vielleicht funktioniert's, vielleicht auch nicht.» Und letztlich helfe eine Leitidee, der aber nicht alles unterworfen sein müsse. Ein wichtiger Faktor sei die Zeit, um etwas ausprobieren zu können. 20 Jahre zum Beispiel seien komfortabel. Hingegen geht Buser bei Zwischennutzungen nur von vier bis fünf Jahren aus. Sie lege grossen Wert darauf, die Menschen vor Ort zu fragen, was es überhaupt brauche.

Man muss über die Stadtrendite nachdenken

Buser sagt, man müsse unbedingt über die Profitorientierung eines Projekts sprechen. Denn je weiter weg eine Umnutzung von urbanem Raum ist, desto mehr spielt die Preisfrage. Sie sagt:

Im Grossen Bürgersaal im Rathaus.

Im Grossen Bürgersaal im Rathaus.

Bild: Benjamin Manser
«Wer Leidenschaft hat, verfügt meist nicht über genügend Geld.»

Deshalb regt die 67-jährige Architektin an, über die Stadtrendite nachzudenken. Welchen Gewinn bringt eine Umnutzung etwa sozial oder emotional? Wie Stadtbaumeister Helbling sagt, gibt es schon viele Nutzungsanfragen für die Stadtkaserne. Der ökonomische Renditegedanken steht dabei für die Stadt nicht im Vordergrund, denn der Baurechtsvertrag mit der Armasuisse wird aller Voraussicht nach renditeabhängig gestaltet. Das heisst: je höher die Rendite, desto höher der Baurechtszins.

In der Frauenfelder Stadtkaserne.

In der Frauenfelder Stadtkaserne.

Bild: Susann Basler