Sammlung Gurlitt
Nazi-Raubkunst: Das Kunstmuseum Bern trennt sich von umstrittenen Werken

Nach jahrelangen Abklärungen hat das Kunstmuseum Bern entschieden, wie es mit umstrittenen oder zurückgeforderten Werken der rund 1600 Bilder umfassenden Sammlung Gurlitt umgehen will.

Samuel Thomi
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Das Kunstmuseum Bern trennt sich von umstrittenen Werken der Gurlitt-Sammlung oder gibt sie zurück. Zudem plant es eine neue Ausstellung.

Das Kunstmuseum Bern trennt sich von umstrittenen Werken der Gurlitt-Sammlung oder gibt sie zurück. Zudem plant es eine neue Ausstellung.

Keystone

Das Kunstmuseum Bern will sich von weiteren umstrittenen Werken der Sammlung Gurlitt trennen oder diese an Nachfahren zurückgeben. Namentlich geht es einerseits um zwei Werke von Otto Dix. Diese werden von unterschiedlichen Erben seit Jahren zurückgefordert. Bei weiteren fünf umstrittenen Werken soll Deutschland die Rückgabe organisieren. Und 22 Werke bleiben vorerst zu weiteren Abklärungen zwar in Bern, doch das Kunstmuseum will deren Eigentum ebenfalls aufgeben. Dies weil Hinweise auf Raubkunst oder auffällige Begleitumstände bestehen.

1091 Werke der Sammlung Gurlitt, bei denen weder Belege noch Hinweise für NS-Raubkunst oder auffällige Begleitumstände vorliegen, sollen dagegen im Besitz des Museums bleiben. Sie würden jedoch entsprechend gekennzeichnet, teilt das Kunstmuseum Bern am Freitag mit. Und bei neuen Erkenntnissen könne deren Situation jederzeit wieder neu beurteilt werden – «mit den entsprechenden Konsequenzen», so das Museum.

Neuer Onlinekatalog und Ausstellung

Für neun Kunstwerke, die in der Aufarbeitung klar als Nazi-Raubkunst identifiziert worden sind, hat das Kunstmuseum Bern bereits in der 2014 abgeschlossenen Erbvereinbarung das Eigentum aufgegeben. Für deren Rückgabe ist laut dem Vertrag ebenfalls Deutschland zuständig.

Nach der abgeschlossenen Aufarbeitung der Herkunft der Werke soll die Sammlung Gurlitt nun in einer neuen Onlinedatenbank der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Und im kommenden Herbst plant das Kunstmuseum Bern eine weitere, umfangreiche Ausstellung zu seinem prominenten Nachlass. Ein erstes Mal hatte das Berner Museum die Sammlung bereits 2017 unter dem Titel «Bestandesaufnahme Gurlitt. Entartete Kunst - beschlagnahmt und verkauft» der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Ausstellung war ein Publikumserfolg.

Erbe aus heiterem Himmel

Cornelius Gurlitt (1932–2014), der Sohn des Nazi-Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, hatte 2014 überraschend das Kunstmuseum Bern als Alleinerbe eingesetzt. Das Museum zögerte darauf lange, ob es das Erbe des Münchners annehmen solle, vermutete man doch Raubkunstwerke.

Nach langen Verhandlungen mit Deutschland – und gegen den Willen einiger entfernter Familienmitglieder – nahm Bern das Erbe schliesslich an. 1566 Werke umfasst es, vorab Zeichnungen und Grafikblätter. Das Kunstmuseum Bern hat sich jedoch das Recht ausbedungen, Werke zu verkaufen für den Fall, dass durch die Abwicklung der Erbschaft eine finanziell untragbare Situation entstünde. Das ist seither einmal passiert. Überdies sind auch bereits mehrere umstrittene Werke an die rechtmässigen Nachfahren einstiger Besitzer zurückgegeben worden.

Korrigendum: In einer früheren Version dieses Artikels hiess es fälschlicherweise, das Kunstmuseum Bern habe bereits mehrere Bilder der Sammlung Gurlitt verkauft. Das war falsch. Die Redaktion bedauert den Fehler und bittet dafür um Entschuldigung.

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