Kolumne
Wer hat’s erfunden?

Franziska Schädel
Franziska Schädel
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Ein Fondue macht noch keinen Schweizer. (Themenbild)

Ein Fondue macht noch keinen Schweizer. (Themenbild)

Die Schweizermacher in Rolf Lyssys Film hatten also doch recht. Ein Fondue macht noch keinen Schweizer. Dieser Gedanke streifte mich, als ich kürzlich an einem dieser letzten goldenen Oktobertage mit meinem Mann im Garten dieses typische Gericht aus der Romandie genoss.

Konnte es sein, dass er, der eingefleischte Schwabe, dieser urschweizerischen Spezialität gar nicht die gebührende Ehre erweisen konnte? Und ich selber? Konnte ich als Deutschschweizerin die Seele unserer romanischen Compatriots wirklich erahnen, während ich mein Brot in den heissen Käse tunkte?

Der Diskurs über Fragen der Identität treibt zuweilen kuriose Blüten. Nun soll es kulturelle Vereinnahmung und höchst verwerflich sein, wenn Menschen weisser Hautfarbe Blues und Jazz spielen, wenn wir uns Kunst, Kultur und Gepflogenheiten anderer Völker zu eigen machen. Also keine Indianerfedern mehr auf dem Kopf meiner Enkel zur Fasnachtszeit? Nur noch Rösti statt Spaghetti? Dann wäre auch die Musik von Bruckner out für mich, denn der war ja katholisch und ich nicht.

Wenn der chinesische Starpianist Lang Lang, der dem Vernehmen nach vor kurzem in Dietikon speiste, Beethoven und Chopin spielt, geht das ja überhaupt nicht. Und überhaupt: Das Alphorn gehört uns, nicht den Chinesen, die man hin und wieder lustvoll in dieses ur-alpenländische Rohr blasen sieht.

Da kommt mir dieser Cliché-Schweizer in den Sinn, der immer dort auftaucht, wo Menschen in Dijon oder Reykjavik, in Manchester oder Porto, in Florida oder Ouagadougou ein Loblied auf ein kleines Kräuterbonbons anstimmen. «Wer hat’s erfunden?» Als Werbegag mag das ja angehen – trotzdem muss ich mich für diesen aufsässigen Schweizer fremdschämen.

Wie fad wäre doch unser Leben ohne den kulturellen Austausch, von dem wir – schon immer und heute noch viel unmittelbarer als noch unsere Grosseltern – profitieren können. Nicht auszudenken, was uns alles fehlen würde. Ich danke allen an dieser Stelle herzlich, die kulturell zur Bereicherung meines Lebens beigetragen haben. Und ich frage mich: Sind das die Probleme, die wir auf dieser Welt haben? Wird ein einziger Mensch in Afrika ein besseres Leben führen, wenn Blues und Jazz nur noch von Sängerinnen und Sängern mit dunkler Haut gespielt werden?

Mit Asterix und Obelix fällt mir dazu nur eine Antwort ein: Die spinnen, die Römer.