Ein 24-Jähriger muss sich heute in zweiter Instanz vor dem Zürcher Obergericht verantworten. Er erschoss Anfang März 2009 in Volketswil ZH seine Freundin. Das Mädchen wäre zwei Wochen später 17 Jahre alt geworden.
Das Zürcher Obergericht hat zu klären, ob die Tötung einer knapp 17-Jährigen am 7. März 2009 in Volketswil ZH ein fatales Versehen oder kaltblütige Absicht war. Der Beschuldigte macht einen Unfall geltend, der Staatsanwalt fordert eine Verurteilung wegen Mordes.
Gemäss Staastsanwalt Ulrich Weder soll der 24-Jährige mit 20 Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Sein Verschulden wiege sehr schwer, eine Verminderung der Schuldfähigkeit sei nicht gegeben. Als Eventualantrag plädierte Weder am Montag auf eine 17-jährige Freiheitsstrafe, sollte der Beschuldigte nur wegen vorsätzlicher Tötung verurteilt werden.
Auch Valentin Landmann, Rechtsvertreter der Eltern der getöteten Gymnasiastin, will die Tat als Mord eingestuft und mit 20 Jahren Freiheitsentzug bestraft sehen. Für die Eltern verlangt er Genugtuungszahlungen von insgesamt 120'000 Franken, auch wenn dieses Geld das Leid seiner Mandanten nicht lindern könne.
Der Verteidiger kommt am Montagnachmittag zu Wort. Vor der ersten Instanz hatte er auf fahrlässige Tötung und eine Strafe von maximal 39 Monaten plädiert.
Schuss auf dem Parkplatz des Volkilands
Fest steht, dass die beiden jungen Leute an jenem späten Abend zusammen im Auto auf einem Parkplatz beim Einkaufszentrum Volkiland sassen und dass der Beschuldigte seiner Freundin eine Pistole an den Hals hielt und abdrückte. Die Kugel durchschlug ihren Kopf von schräg unten. Im Auto wurde eine Patronenhülse gefunden.
Unklar ist, weshalb der junge Kosovare den Schuss abgab. Vor Gericht machte er geltend, die Waffe müsse defekt gewesen sein. Er habe angenommen, sie sei ungeladen. Ebenso diffus blieb, weshalb er überhaupt eine Pistole dabeihatte und sie an jenem Abend im Auto hervornahm. Er gab an, es sei ihm langweilig gewesen, zudem habe er vor seiner jungen Freundin angeben wollen.
Gegen die Unfallversion spricht laut Staatsanwalt aber die Weigerung des Beschuldigten, sich zum Verbleib der Tatwaffe zu äussern: Wäre sie tatsächlich defekt, so läge es in seinem Interesse, dass sie gefunden würde. In der Untersuchung habe sich nichts ergeben, das für einen Waffendefekt, aber einiges, das dagegen spreche, sagte Weder.
Er wies zudem auf die "Verlogenheit sondergleichen" des Beschuldigten hin. Dieser habe verschiedene Versionen der Vorfälle aufgetischt und sich in zahlreiche Widersprüche verstrickt. In seinen Aussagen habe er "brandschwarz, redegewandt und blumig dahergelogen".
"Eigentliche Hinrichtung"
Weder und Landmann bezeichneten die Tat als "eigentliche Hinrichtung". Der Beschuldigte habe gefühlskalt und krass egiostisch gehandelt. Heimtückisch und skrupellos habe er das Vertrauen seiner Freundin ausgenutzt, sagte Landmann.
Er unterstrich zudem das Verhalten des Beschuldigten nach der Tat. Hätte es sich tatächlich um einen Unfall gehandelt, so hätte der junge Mann die Sterbende so rasch wie möglich ins Spital gebracht. Tatsächlich rief er nach dem Schuss aber seinen Bruder an, traf sich mit ihm auf einem anderen Parkplatz und fuhr schliesslich auf einem Umweg ins Spital.
Der Vater des getöteten Mädchens wies auf die Wehrlosigkeit seiner Tochter zum Tatzeitpunkt hin. Gestützt auf die Untersuchung sei klar, dass sie vom Gewaltausbruch des Beschuldigten vollkommen überrascht worden sei. Für sie als Eltern sei es absolut klar, dass es sich um skrupellosen Mord gehandelt habe.
Der Beschuldigte war im Februar 2012 vom Bezirksgericht Uster erstinstanzlich zu einer Freiheitsstrafe von 13,5 Jahren wegen vorsätzlicher Tötung verurteilt worden. Sowohl Anklage als auch Verteidigung fochten das Urteil an. Ob das Urteil des Obergerichts noch am Montag eröffnet wird, steht noch nicht fest.