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Region (LiZ)
Zürich
2014 wurden in der Schweiz so viele Delikte untersucht wie noch nie – nur bedingt ein Grund zum Feiern.
Bei der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) herrscht Hochstimmung. Gestern präsentierte die Stiftung ihre Studie zur Schweizer Tierschutzpraxis 2014. Das Resultat: Im vergangenen Jahr wurden in der ganzen Schweiz 1709 Strafverfahren betreffend den Tierschutz geführt. Das sind rund 10 Prozent mehr als im Vorjahr und gleichzeitig mehr Verfahren denn je.
Dass die TIR von einem Erfolg spricht, bedarf einer Erklärung: Die Mitarbeiter der Stiftung gehen davon aus, dass die Zahl der Tierquälereien in der Schweiz über die Jahre nicht grundsätzlich zugenommen hat. Hingegen kommt es von Jahr zu Jahr häufiger zu Anzeigen. Und das ist positiv zu werten. Es wird ein steigender Prozentsatz der Verstösse geahndet.
Im Kanton Zürich allein kam es 2014 zu 337 Verfahren wegen Verstössen gegen das Tierschutzgesetz. Von den Fallzahlen her ist der Kanton damit Spitzenreiter in der Statistik. Jeder fünfte Fall kommt aus dem Kanton Zürich. Auf den ersten Blick ist auch die Steigerungsrate beachtlich. Gegenüber dem Vorjahr sind es 23 Prozent oder 64 Fälle mehr. Die TIR spricht von Vorzeigeresultaten, welche man nicht nur in Zürich, sondern auch in den Kantonen St. Gallen und Bern ausmachen kann.
Die Stiftung führt dies auf die speziell geschaffenen verfahrensrechtlichen Strukturen zur konsequenten Ahndung von Tierschutzdelikten zurück. Im Kanton Zürich ist es konkret so, dass das Zürcher Veterinäramt über eine eigenständige Rechtsmittellegitimation in Tierschutzstrafverfahren verfügt. Zudem wird es durch den Dienst Tier- und Umweltschutz der Kantonspolizei Zürich unterstützt. Wo derartige Strukturen fehlen, liegen die Fallzahlen tiefer.
Nimmt man die Zürcher Zahlen etwas genauer unter die Lupe, tauchen aber leise Zweifel auf. In knapp 70 Prozent oder 234 der Fälle 2014 drehen sich die Verfahren um Hunde. Wie die TIR in ihrer Studie festhält, ist ungleichmässige Verteilung der betroffenen Tierarten damit ausgeprägter als in anderen Kantonen. Das lässt sich nicht damit erklären, dass im Kanton Zürich überdurchschnittlich viele Hunde gehalten würden.
Hingegen befassen sich 29 der Zürcher Hundefälle mit «mangelhafter Beaufsichtigung». In den meisten Fällen ist hier nicht der Hund der Leidtragende, sondern ein Mensch, in dessen Wade er beispielsweise gebissen hat. In weiteren 123 Fällen wurden Hundehalter gebüsst, weil sie den nötigen Sachkundenachweis nicht erbracht haben. Will heissen: Sie haben den für Hundehalter obligatorischen Kurs nicht absolviert.
Nicht a priori wird ein Hund gequält, wenn das Herrchen den Hundehalter-Kurs nicht besucht hat. Und so sind diese beiden Fallgruppen nicht unbedingt im Sinne der TIR, sie werden aber doch im Tierschutzgesetz geregelt. Entsprechend hält die Stiftung in der Studie fest: «Dies legt die Vermutung nahe, dass die Veterinärämter mehr und mehr damit beschäftigt sind, die sicherheitspolizeilichen Anliegen im Hinblick auf die Hundehaltung umzusetzen.»
Geht man einen Schritt weiter, relativieren die fehlenden Kursnachweise sogar die Zunahme der generellen Fallzahlen im Kanton Zürich. Gut 50 der 64 zusätzlichen Strafverfahren (Zunahme 2013–2014) sind nämlich auf die Hundehalterkurse zurückzuführen. Von der Steigerung von 23 Prozent bleibt in diesem Licht nicht mehr viel übrig.