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Region (LiZ)
Zürich
Das Geld der Eltern entscheidet mit, ob ein Schüler den Übertritt ins Gymnasium schafft: Wer sich einen Vorbereitungskurs leisten kann, dessen Chancen steigen – bei gleicher Intelligenz und gleichen schulischen Leistungen – um neun Prozent.
Diese zusätzlichen, ausserschulisch angebotenen Kurse vor der Aufnahmeprüfung erhalten nun noch mehr Gewicht: Denn ab dem nächsten Schuljahr wird für den Übertritt von der Sekundarschule in die Kantonsschule nur noch dieser Test entscheidend sein. Die schulischen Vorleistungen, die Vornoten, werden nicht mehr berücksichtigt.
Für eine knappe Mehrheit der zuständigen Kantonsratskommission ist das eine falsche Entwicklung: «Es wird mehr Fehlzuteilungen geben, und die Chancengleichheit wird leiden», fasst Ralf Margreiter, Präsident der Kommission für Bildung und Kultur, die Vorbehalte zusammen.
Da nur die Leistung an der Aufnahmeprüfung zähle, werde der Einfluss der privaten Vorbereitungskurse grösser. Diese könnten sich aber nicht alle Familien leisten, glaubt die Mehrheit der zuständigen Kommission.
Druck aufs Langzeitgymnasium
Zudem befürchtet diese laut Margreiter auch, dass inskünftig der Zufall mitspielen wird: «Die Tagesform wird entscheiden – wer wegen Prüfungsängsten oder eines Schnupfens vor der Prüfung nicht gut geschlafen hat, hat schlechtere Karten.» Das wiederum könnte den Druck auf das Langzeitgymnasium weiter erhöhen, sagt Margreiter. «Eltern werden versuchen, ihre Kinder direkt nach der Primarschule ans Gymi zu schicken. Sie wagen diesen ersten Versuch vermehrt, wenn die spätere Prüfung ab der Sekundarstufe mit solchen Unsicherheiten verbunden ist.»
Die Kommissionsmehrheit fordert deshalb, dass nicht nur die Tests, sondern auch wieder die schulischen Vorleistungen der Bewerberinnen und Bewerber mitberücksichtigt werden. In welcher Form, lässt sie dabei offen. Sie denkt sowohl an Vornoten als auch an Empfehlungen der Lehrpersonen.
Dass ab kommendem Schuljahr die Vornoten beim Übertritt ins Kurzzeitgymnasium nicht mehr zählen, ist auf einen Entscheid des Bildungsrates zurückzuführen. Aufnahmeberechtigt an die Kantonsschule sind Schüler aus Sek A und B. Weil dort die Anforderungen und damit die Notenvergabe unterschiedlich sind, ergebe die Berücksichtigung der Vornoten kein einheitliches Bild, lautete dessen Argument.
In der Folge forderte Kantonsrat Res Marti (Grüne) in einer parlamentarischen Initiative, dass auf Aufnahmeprüfungen zu verzichten sei (der Regierungsrat soll die Voraussetzungen für eine Aufnahme regeln). Der Antrag der Kommission für Bildung und Kultur, an den Tests festzuhalten, aber auch wieder die schulischen Vorleistungen zu berücksichtigen, stellt den Gegenvorschlag zu Martis Initiative dar.
Minderheit will Fakten sammeln
Die aus 15 Mitgliedern bestehende Kommission hat sich nur knapp für diese geänderte Initiative ausgesprochen. Eine (bürgerliche) Minderheit sieht keinen Grund, zum jetzigen Zeitpunkt «ein geändertes, aber noch nicht umgesetztes Verfahren bereits wieder zu ändern». Das bringe nur unnötig Unruhe in das ganze System und untergrabe die Rechtssicherheit. «Zuerst sind Fakten und Erfahrungen zu sammeln.»
Das wird möglich sein. Auch wenn der Kantonsrat der Kommissionsmehrheit folgen wird, wird es seine Zeit dauern, bis das Mittelschulgesetz entsprechend geändert ist. Von «mindestens drei Jahren» spricht Ralf Margreiter.