Parlamentsbetrieb
Zürcher Gemeinderat baut Geschäftslast ab und verliert Wissen

Auf das Legislaturende 2018-2022 hat der Zürcher Gemeinderat die Zahl seiner hängigen Geschäfte deutlich abbauen können, wie aus dessen Tätigkeitsbericht hervorgeht. Dieser zeigt auch, dass sich die Mitglieder des Stadtparlaments immer häufiger und schneller aus der aktiven Politik zurückziehen.

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Im Wahlkampf wird um Sitze gerungen, doch im Zürcher Stadtparlament werden diese oft vorzeitig wieder abgegeben.

Im Wahlkampf wird um Sitze gerungen, doch im Zürcher Stadtparlament werden diese oft vorzeitig wieder abgegeben.

Gaetan Bally / Keystone

Im Laufe der am Mittwoch zu Ende gehenden Amtsperiode 2018-2022 sind 47 der 125 Ratsmitglieder vorzeitig zurückgetreten. Weitere 33 Gemeinderätinnen und Gemeinderäte traten zu den Erneuerungswahlen vom Februar 2022 nicht mehr an oder wurden nicht wiedergewählt.

Dies bedeutet, dass in vier Jahren 80 Mitglieder oder knapp zwei Drittel der Ratsmitglieder aus dem Rat ausgeschieden sind, wie der Gemeinderat in einer Mitteilung vom Mittwoch schreibt. In der Legislatur davor waren es 60 Mitglieder.

«Diese Zunahme von Rücktritten im Laufe der Legislatur und die sich in der Tendenz verkürzende Dauer der Ratsmitgliedschaft führt zu verringerter Kontinuität und Wissensverlusten, insbesondere in den Spezialkommissionen», heisst es in der Mitteilung weiter. Diese Entwicklung hatte der abtretende Ratspräsident Mischa Schiwow (AL) beim Verlesen von Rücktritten mehrmals bedauert.

Er sieht Handlungsbedarf. «Gerade für Frauen und jüngere Ratsmitglieder, die gleichzeitig in ihrem beruflichen Werdegang oder mit ihrer Familie gefordert sind, sollten Konditionen und Anreize geschaffen werden, die die Übernahme eines Gemeinderatsmandats und den Verbleib im Rat fördern», wird Schiwow in der Mitteilung zitiert.

Fast acht Tage lang debattiert

Im Amtsjahr 2021/2022 tagte der Gemeinderat rund 182 Stunden, wie aus dem Tätigkeitsbericht hervorgeht. Das entspricht 7,6 Tagen ununterbrochener Sitzungszeit. Im Vergleich zu den Vorjahren fällt dieser Wert tiefer aus - er liegt aber immer noch deutlich über den Werten früherer Amtsjahre.

Der Gemeinderat behandelte im Amtsjahr 2021/2022 insgesamt 230 Vorstösse aus dem Rat und beriet 194 Weisungen des Stadtrates. Die Geschäfte wurden in den verschiedenen Kommissionen während 592 Stunden vorberaten.

Die zuvor sehr hohe Geschäftslast konnte der Gemeinderat gemäss Tätigkeitsbericht gerade in der zweiten Hälfte des Amtsjahres abbauen. Dies konnte er unter anderem dank der per 1. Januar 2022 neu eingeführten reduzierten Debatte erreichen. Die Geschäftslast ist nun fast so gross, wie zu Beginn der Amtsperiode 2018-2022.

Am Mittwochnachmittag konstituiert sich der Zürcher Gemeinderat neu. Als Gemeinderatspräsident für das Amtsjahr 2022/2023 ist Matthias Probst (Grüne) vorgeschlagen. (sda)