Mit französischer Küche haben Chefkoch Jean Ghrabi und Sommelier Stefan Weise das Restaurant Hardplatz Chez Thomas neu lanciert. Sie verwandeln Zürichs lärmigste Ecke in einen Genussort. Bei meinem Besuch lässt sich Ghrabi am Herd über die Schulter gucken.
Draussen rauscht der Verkehr von der Hardbrücke vorbei auf Zürichs lärmigster Strasse. Drinnen im Restaurant Hardplatz Chez Thomas sind leise französische Chansons zu hören. Und in der Küche steht mit Jean Ghrabi ein Chefkoch am Herd, der gehobene französische Küche mit einem Hauch orientalischer Würze versieht. Zusammen mit Stefan Weise, den «Gault-Millau» Deutschland 2006 als Sommelier des Jahres auszeichnete, führt er das kürzlich neu eröffnete Restaurant.
Ghrabi lernte einst beim französischen Jahrhundertkoch Paul Bocuse: zunächst während eines Gastspiels von Bocuses Team in Ghrabis Heimat im Libanon, später im Rahmen eines Stages in Frankreich, wo er auch mit anderen Spitzenköchen zusammenarbeitete. Sein Fazit:
«Dort habe ich gelernt, wie die Leute für die Küche leben und das nicht nur als Job machen.»
In Zürich, seiner zweiten Heimat, kochte er bereits in den Restaurants Lasalle und Aubrey beim Schiffbau – und zuletzt während der Coronazeit in der Google-Kantine auf dem Hürlimann-Areal.
Ende November wagte Ghrabi dann den Neustart am Hardplatz. Das dortige «Chez Thomas» ist ein Ableger des gleichnamigen, nach dem Wirtepaar Corinna und Ralf Thomas benannten Luzerner Stammhauses, hinter dem wiederum als Investor Mirko Stierli steht; er ist der Sohn des früheren FC-Luzern-Präsidenten Walter Stierli. Doch genug des Namedroppings.
Als Vorspeise tischt Ghrabi bei meinem Besuch einen Tomaten-Mozzarella-Salat auf. Kein aussergewöhnliches Gericht, sollte man meinen. Doch ein paar Tropfen Arak, das ist die libanesische Variante des Anisschnapses Pastis, sowie etwas Sirup aus dem orientalischen Gewürz Sumak verleihen der Sauce eine leckere eigene Note.
Auch der darauf drapierte ganze Mozzarella ist von einer selten flockigen Frische. Und die Fleischtomatenscheiben darunter schmecken dank der Sauce und Gewürze intensiver als zu dieser Jahreszeit üblich. Der eigene Kräutergarten im Hinterhof des Restaurants ist denn auch nebst der nagelneuen Hightechküche der Stolz des Chefkochs, wie beim Rundgang spürbar wird.
Zum Salat kredenzt Sommelier Weise einen Riesling vom eigenen Weinberg an der Mosel in Deutschland: Trittenheimer Altärchen heisst das erfrischend fruchtige Tröpfchen. Die umfangreiche Weinkarte wird ansonsten dominiert von französischen Weinen, ergänzt durch italienische, spanische, deutsche, schweizerische, österreichische, portugiesische und libanesische Weine. «Ich habe jedes Weingut persönlich besucht», sagt Weise.
Beim Zubereiten seines Signatur-Gerichts Entrecôte mit Café-de-Paris-Sauce lässt sich Ghrabi in der Küche über die Schulter blicken. Den Elektrogrill heizt er auf 230 Grad vor. Währenddessen schneidet er das Entrecôte frisch vom grossen Fleischstück ab. Letzteres kommt danach sofort wieder vakuumverpackt in die Kühlschublade.
Inzwischen ist die Grillplatte heiss. Ghrabi besprüht sie mit wenig Öl und legt das mit einer Salz-Paprika-Mischung eingeriebene Fleisch darauf. Er lässt es liegen, bis der Röstduft verrät, dass es nun schön braun angebraten ist. Dann dreht er es um.
Währenddessen zerlässt seine Assistentin die bereits vorbereitete Café-de-Paris-Sauce in einer Pfanne. Sie besteht aus Senf, Butter, Kräutern und «ein paar Spezialgewürzen», so Ghrabi. In der Pfanne erhält sie noch einen kräftigen Spritzer Schlagrahm. Am Ende kommt die Sauce über das gegrillte Fleisch, und das Ganze wird noch kurz unter dem Heizstrahler gratiniert.
Dazu gibt es Gemüse, das nur kurz in der heissen Bouillon gegart wird, sodass es noch Biss hat. Die Bouillon basiert auf einem gekauften Konzentrat und wird mit jedem frischen Gemüse, das darin gart, aromatischer, wie Ghrabi erklärt. Für die Pommes frites, die er als Beilage serviert, setzt er auf das Tiefkühlprodukt Züri Frites von Kadi: «Das sind die Besten.»
Ghrabis Signatur-Gericht bietet keine Geschmacksüberraschung, überzeugt aber als Klassiker in hoher Qualität. Danach bin ich eigentlich satt. Doch zu einem hausgemachten Sauerrahm-Glacé mit frischen Erdbeeren und Minzeblatt als Dessert lasse ich mich noch überreden – ein erfrischender Genuss.
Preislich ist die Spannweite im «Hardplatz Chez Thomas» gross: Mittagsmenus gibt es ab 24 Franken, der Sechsgänger am Abend kostet 129 Franken, ist aber auch mit weniger Gängen erhältlich und dann entsprechend günstiger. Die Hauptspeisen auf der Abendkarte kosten einzeln mehrheitlich zwischen 44 und 75 Franken.
Das vegetarische Angebot bei den Hauptspeisen beschränkt sich noch auf hausgemachte Ravioli (36 Franken). Doch Ghrabi will es bald um ein Gericht mit warmem Ziegenkäse ergänzen. Zudem gehe er gern auf individuelle Wünsche der Gäste ein, versichert er.
Die Ambiance ist dezent-stilvoll. Und während der kräftige Espresso, begleitet von hausgemachter Pâtisserie, das Mahl abrundet, scheint die Hardbrücke plötzlich in Frankreich zu liegen.