Weil die Informatik des Kantons unkoordiniert ist, wurde der Regierungsrat gerügt. Soweit hätte es nicht kommen müssen, sagt Jakob Schildknecht. Der von ihm aufgebaute kantonale Organisationsdienst war 1994 kurzerhand gestrichen worden.
Der Regierungsrat will die bisher weitgehend dezentral organisierte Informations- und Kommunikationstechnologie bündeln und diesen Prozess strategisch steuern. Dies hat er vorletzte Woche mitgeteilt. In der Woche zuvor hatte die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Kantonsrates in einem Bericht darlegt, dass die kantonale Informatik sich in einem wenig erfreuliche Zustand präsentiert: Jede der sieben Direktionen werkelt weitgehend selbstständig vor sich hin, statt in Informatik- und Organisationsproblemen über alle Direktionen hinweg koordiniert zu arbeiten. Als Beispiel, wie man es besser macht, wurde die Stadt Zürich erwähnt. Hier sorgt mit der OIZ (Organisation und Informatik Zürich) ein mit weitgehenden Kompetenzen ausgestattetes Amt für eine straff organisierte Datenverarbeitung in der städtischen Verwaltung.
Ein solches Amt gab es auch beim Kanton, sagt Jakob Schildknecht. Dies war der Organisationsdienst der Zürcher Kantonsverwaltung. Schildknecht hatte ihn ab 1972 aufgebaut und geleitet. Der seit 1961 in Weiningen wohnhafte Rentner ist heute 86 Jahre alt und ein aktiver, zufriedener Pensionär. Dessen ungeachtet stieg in ihm mit den jüngsten Mitteilungen um die Kantonsinformatik der alte Ärger wieder hoch, den er bei seiner Pensionierung erlebt hatte. Denn sein Übertritt in den Ruhestand war dafür genutzt worden, den Kantonalen Organisationsdienst kurzerhand aufzulösen.
Es war die Zeit, als das Auslagern staatlicher Aufgaben in Mode kam. Auch Regierungsrat Eric Honegger (FDP) fand das eine gute Idee. Er war damals der Vorsteher der Finanzdirektion, welcher der Organisationsdienst angegliedert war. Es gab immer mehr Firmen, die entsprechende Dienstleistungen auch anboten, erinnert sich Schildknecht. «Eines konnten sie aber nicht bieten», fügt er gleich an: «Kenntnisse, wie die einzelnen Direktionen im Innern funktionieren.» Auch er selbst hatte sie sich einst erst aneignen müssen.
Der Betriebsingenieur war in den 1960ern als selbstständiger Unternehmensberater tätig gewesen. Nach einer Publikation in der Industriellen Organisation der ETH zum Thema «Einführung von Grossrechnern» war er vor allem in der Industrie ein gefragter Mann.
Rund zwölf Millionen Franken kostete damals ein solcher Computer, der fast ein Gebäude füllte. Auch das Kantonale Rechenzentrum arbeitete mit einem. Vor allem die Löhne wurden über ihn administriert. Die Geräte waren Spitzentechnologie zu jener Zeit. Heute schmunzelt Schildknecht darüber: «Mein Notebook kann mehr und ist bedienungsfreundlicher.» Die aufwendigen Lochkarten hatten damals noch einen bedeutenden Teil des Rechner-Nutzens kompensiert.
Schliesslich ist der Zürcher Finanzdirektor Rudolf Meier auf ihn aufmerksam geworden. Wobei nicht unbedingt die Informatik im Vordergrund stand. Meier suchte jemandem, der ihm einen Organisationsdienst aufbaute. Bereits seit den frühen 1950ern hatte es Vorstösse aus dem Kantonsrat gegeben, einen solchen einzurichten. Und jetzt war die Zeit reif dafür. Ziel: Es sollte eine Stelle mit Blick aufs Ganze entstehen, sodass Doppelspurigkeiten vermieden und Abläufe gestrafft werden können – und somit Geld gespart wird.
Schildknecht betont, auch mit Blick auf die aktuelle Situation: «Das ist die richtige Reihenfolge – zuerst die Organisation, dann die Informatik. Letztere ist nur Hilfsmittel.» Heute werde oft der umgekehrte Weg gegangen, bemängelt er. Skeptisch macht ihn denn auch, wenn der Regierungsrat nun sagt, dass er «die strategische Steuerung der Informatik» übernehmen wolle. Nichts gegen «Strategie», sagt er, aber die finde weit oben statt. Was zähle, seien Organisation und Überblick dort, wo effektiv verwaltet werde.
Den grössten Nutzen habe der Organisationsdienst in jenen Jahren dem Kanton gebracht, als er zusätzlich jede Schaffung von neuen Stellen zu beurteilen hatte, führt Schildknecht im Übrigen aus. Die meisten Stellenwünsche seien durch gezielte Organisationsmassnahmen nämlich obsolet geworden.
Etwa 16 Mitarbeiter umfasste der Dienst, einzelne von ihnen waren jeweils auf eine Direktion spezialisiert, sodass neben dem Überblick auch die nötige «Ortskenntnis» sichergestellt war. Entsprechend mächtig war der Dienst – und daher auch nicht bei allen Direktionsvorstehern gleichermassen beliebt. Sein Ende 1994 kam denn auch nicht allen ungelegen. Und nun stehen die Zeichen also wieder auf Zentralisierung.
Mit den Abteilungsrechnern boten sich dem Organisationsdienst ab den 1970ern gute Möglichkeiten, Kosten zu sparen, erklärt Schildknecht. In den 1980ern waren es dann die PC die in Organisationsprojekten grossen Nutzen brachten. Auch die kantonsweite Ausbildung des Personals an den PC oblag dem Kantonalen Organisationsdienst. Und traten in Amtsstellen gelegentlich Führungsprobleme zu Tage, hatte er sich oft auch darum zu kümmern. Das kam nicht selten vor, fügt Schildknecht an. Aber auch das sei halt Organisation: «Organisation ist das Wichtigste.