Kantonsrat
Breite Allianz beschliesst Kompromisse für den Klimaschutz im Kanton Zürich

Um der Referendumsdrohung den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben alle Parteien links der SVP das Energiegesetz nochmals angepasst. Es geht ums Heizen, den wichtigsten klimapolitischen Hebel auf kantonaler Ebene.

Matthias Scharrer
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Heizöl soll im Raum Zürich durch erneuerbare Energie ersetzt werden.

Heizöl soll im Raum Zürich durch erneuerbare Energie ersetzt werden.

Keystone

Streitpunkt bleibt der Ersatz fossiler Heizungen in bestehenden Häusern. Andere Neuerungen wie die Pflicht zum Einbau nicht-fossiler Heizungen in Neubauten, zum Ersatz elektrischer Widerstandsheizungen bis 2030 oder zum Ausbau der Solarenergie-Nutzung sind unumstritten.

«Im Bereich Klimaschutz ist dies die vermutlich wichtigste Vorlage dieser Legislatur», sagte Baudirektor Martin Neukom (Grüne) am Montag im Zürcher Kantonsrat. Entsprechend hart wird um die Revision des kantonalen Energiegesetzes gerungen. Nun hat sich das Parlament noch einmal zusammengerauft, auf der Suche nach einem tragfähigen Konsens.

Es geht um den Ersatz von Öl- und Gasheizungen in bestehenden Gebäuden. Weil der Kanton Zürich dabei über die 2014 von der Konferenz Kantonaler Energiedirektoren verabschiedeten Mustervorschriften hinausgeht, will die SVP die Gesetzesrevision ablehnen. Sie droht mit dem Referendum, was Valentin Landmann (SVP, Zürich) am Montag bekräftigte.

Kompromisse in drei Punkten

Alle anderen Parteien, von der FDP über die CVP, EVP, GLP, Grünen und AL bis hin zur SP, wollen die Vorlage jedoch durchbringen. Was sie eint, ist die Absicht, den CO2-Ausstoss bis spätestens 2050 auf null zu senken. Sie haben nun beim Thema Heizungsersatz Präzisierungen und Kompromisse in folgenden Punkten eingebaut:

Die Gesetzesrevision sieht vor, dass beim Heizungsersatz ausschliesslich erneuerbare Energien zum Einsatz kommen, wenn dies technisch möglich ist und sich die Lebenszykluskosten dadurch um höchstens fünf Prozent erhöhen. Die Berechnung der Lebenszykluskosten, die ansonsten der Regierungsrat per Verordnung präzisiert hätte, soll nun bereits im Gesetz definiert werden: Sie umfasst die Investitionskosten inklusive notwendige Zusatzinvestitionen im und am Gebäude, zum Beispiel Fassaden-Isolationen sowie die Betriebskosten über die erwartete Lebensdauer.

Ein weiterer Kompromiss betrifft den Einsatz von Biogas und anderen mit erneuerbaren Energien synthetisch hergestellten Brennstoffen. Solche Lösungen werden gemäss dem Kompromiss anerkannt, wenn mindestens 80 Prozent des Energiebedarfs dadurch abgedeckt sind. Dies ist durch Zertifikate nachzuweisen.

Der dritte am Montag verabschiedete Kompromiss betrifft finanzielle Härtefälle. In solchen Fällen kann der Kanton beim Heizungsersatz Aufschub bis maximal drei Jahre nach dem nächsten Hausbesitzer-Wechsel gewähren.

«Der Handlungsbedarf ist unbestritten»

Für die SVP bleibt die Gesetzesrevision trotz dieser Anpassungen inakzeptabel: Sie beantragte, den Passus zum Heizungsersatz ganz zu streichen, scheiterte jedoch.

«Der Antrag der SVP zeigt, dass es ihr nicht ernst ist mit der Dekarbonisierung», sagte Markus Bärtschiger (SP, Schlieren). Die FDP kündigte an, dem neuen, durch Kompromisse abgefederten Gesetz zuzustimmen. «Der Handlungsbedarf im Gebäudebereich zum Erreichen der Klimaziele ist unbestritten», meinte Beatrix Frey (FDP, Meilen). Dass beim Heizungsersatz weiterhin 20 Prozent Erdgas erlaubt seien, wirke sich auf den Dekarbonisierungsprozess insgesamt kaum aus, fügte Thomas Forrer (Grüne, Erlenbach) an. Und Franziska Barmettler (GLP, Zürich) meinte: «Netto null CO2 heisst der grosse Berg, den wir erklimmen wollen. Wir möchten alle auf diesen Weg mitnehmen, insbesondere auch die FDP.»

Da die SVP ihre Referendumsdrohung erneuerte, könnte es trotz der Kompromisse zur Volksabstimmung kommen. Die Schlussabstimmung im Kantonsrat folgt in einigen Wochen.