Startseite
Region (LiZ)
Zürich
Das Kantonale Labor Zürich hat erstmals Insekten als Lebensmittel kontrolliert und dafür extra eine neue analytische Methode entwickelt.
Wegen eines Wurms im Rührei meldete sich letztes Jahr eine Frau
- Martin Brunner, Kantonschemiker
beim Lebensmittelinspektorat. Der acht Zentimeter lange Hühnerspulwurm sei ungefährlich, aber «unappetitlich», schreibt das Kantonale Labor Zürich in seinem gestern veröffentlichten Jahresbericht.
Solche Tierchen im Essen waren bisher ausschliesslich Grund für Beanstandungen. Seit dem neuen Lebensmittelrecht, das seit 1. Mai 2017 gilt, sind Mehlwürmer, Heimchen und Wanderheuschrecken aber als Lebensmittel zugelassen. Somit sind Insekten auch im Visier der Kontrolleure. Dafür hat das Kantonale Labor Zürich schon vor zwei Jahren begonnen, eine analytische Methode zu entwickeln. Diese kann die Erbsubstanz der Insekten unterscheiden.
Das sei schwieriger als die Bestimmung der Fleischart in einer Kalbsbratwurst: «Insekten sind nahe verwandt, und fast jedes Lebensmittel beinhaltet ein bisschen davon, etwa ein Käferbein im Spinat», sagt Kantonschemiker Martin Brunner auf Anfrage. Nun sind die Kontrolleure allerdings in der Lage zu bestimmen, ob im Hamburger tatsächlich Mehlwürmer und nicht etwa Schaben verarbeitet wurden.
Im vergangenen Spätherbst hat das Kantonale Labor Zürich erstmals die drei erhältlichen Insektenprodukte untersucht: Der Mehlwurm-Burger, die Mehlwurm-Fleischbällchen und der Sportriegel mit Grillenmehl waren einwandfrei, wie das Labor in seinem Jahresbericht schreibt.
Allerdings kann die Methode nicht eruieren, ob die Tierchen als Tierfutter oder nach lebensmittelrechtlichen Vorgaben produziert wurden. Hält man die Vorgaben ein, darf erst die vierte Insektengeneration für Lebensmittel verwendet werden. Um dies festzustellen, müssten die Produktionsbetriebe kontrolliert werden. Davon gibt es im Kanton Zürich aber noch keine.
Auf Schinkenwürfel, Lyoneraufschnitt und Fleischkäse gelangen leicht Verunreinigungen, da sie nicht nochmals erhitzt werden. Die Lebensmittelkontrolleure beanstandeten mehr als die Hälfte der Schinken- und 30 Prozent der Aufschnitt-Proben. Pestizide in Beeren: 27 Prozent der untersuchten Schweizer Beeren und Steinobst zeigten Pestizidrückstände, weil ein nicht zugelassener Dünger verwendet wurde. Chlorat im Schwimmbad: Neu gibt es einen Höchstwert für das Desinfektions-Nebenprodukt Chlorat. Dieser wurde in 54 von 246 Proben aus Hallen- und in 113 von 195 Proben aus Freibädern überschritten. Mehr Fett: In 10 von 225 Fällen war ein falscher – meist ein zu tiefer – Fettgehalt angegeben. Problem Tätowierfarben: Neu besteht eine Meldepflicht für Tattoo-Studios. Erst 70 von mehreren Hundert haben dies getan. Inspektionen zeigten, dass den Tätowierern Hygiene wichtig ist. Problematischer sind Farben, die ohne Zertifikate im Ausland bestellt werden.
Das neue Lebensmittelrecht lässt den Betrieben laut Jahresbericht grundsätzlich mehr Raum für Kreativität. Neu sei nicht mehr alles verboten, was nicht explizit erlaubt sei, sondern alles erlaubt, was nicht explizit untersagt wird. So sind die Betriebe in der Pflicht neue Produkte mittels Selbstkontrolle zu prüfen. Gerade die essbaren Insekten seien gut unter Kontrolle, sagt der Kantonschemiker.
Dies ist nicht überall der Fall. Letztes Jahr hat das Kantonale Labor Zürich
18 500 Proben beurteilt, davon wichen 8,5 Prozent von den gesetzlichen Vorgaben ab. Wie schon in Vorjahren stellte sich etwa Gemüse aus Asien als giftig heraus. Aber auch Schinken und Aufschnitt können mit Listerien verunreinigt sein (siehe Box).
Brunner betont, dass die Beanstandungsquote kein Abbild der Lebensmittel auf dem Markt sei. Vielmehr nehmen die Lebensmittelkontrolleure dort Proben, wo sie Risiken sehen, oder wie Brunner sagt: «Die Quote zeigt vor allem, wie gut unsere Nase ist.»