Zürcher Ombudsmann
Jürg Trachsel (SVP) gewinnt die Wahl auch dank Stimmen von Mitte-Parteien und Grünen

Jürg Trachsel holte bei der Wahl zehn Stimmen mehr als die FDP-Kandidatin.

Thomas Schraner
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Der SVP-Kantonsrat Jürg Trachsel wurde im zweiten Wahlgang mit 90 Stimmen zum Ombudsmann gewählt. KEY

Der SVP-Kantonsrat Jürg Trachsel wurde im zweiten Wahlgang mit 90 Stimmen zum Ombudsmann gewählt. KEY

STEFFEN SCHMIDT

Aufgrund der Ausgangslage war ein noch wesentlich knapperes Wahlresultat zu erwarten. In verschiedenen Parteien empfand man im Vorfeld zwei Dinge also störend: zum einen, dass ein gut bezahltes Spitzenamt nun zum dritten Mal hintereinander an einen SVP-Mann gehen könnte. Zum andern, dass damit erneut keine Frau zum Zuge käme. Trotz diesen Einwänden hat sich gestern in der Wahlbehörde, dem Kantonsrat, der SVP-Kandidat durchgesetzt. Der 56-jährige Fraktionschef Jürg Trachsel aus Richterswil machte im zweiten Wahlgang 90 von 171 Stimmen. Judith Vogel, die 56-jährige Kandidatin der FDP, kam auf 80. Der parteilose Aussenseiter aus Luzern, Urs Baumeler, holte nur eine einzige Stimme.

Im zweiten Wahlgang zählte nur noch das relative Mehr. Im ersten hingegen galt die Barriere des absoluten Mehrs. An dieser scheiterten alle, aber Trachsel hatte die Nase vorn. Er holte 85 Stimmen, verpasste aber haarscharf die Hürde von 86 Stimmen. Vogel vereinigte 69 auf sich, Baumeler 16.

Lobbying im Kantonsrat

Welche Partei für wen stimmte, lässt sich nur ungefähr rekonstruieren, weil die Wahlen geheim waren. Nebst den Stimmen der eigenen Fraktion und der befreundeten EDU sammelte Trachsel dem Vernehmen nach genügend Stimmen bei den Mitteparteien GLP, CVP, EVP und BDP – und vereinzelt auch bei den Grünen. Staatsanwältin Vogel aus Turbenthal hingegen, früher Präsidentin der FDP-Frauen, hatte nebst ihrer Hausmacht zahlreiche Anhänger bei der SP.

Doch das reichte nicht gegen Trachsel, der im Kantonsparlament gut vernetzt ist. Der Anwalt mit Mediatorenausbildung gilt als umgänglich und hat im Parlament Freunde. Über diesen Trumpf verfügte die Konkurrenz nicht. Weder Vogel noch Baumeler gehören dem Kantonsrat an. Laut dem Präsidenten der Findungskommission, AL-Kantonsrat Markus Bischoff, wurde im Vorfeld kräftig lobbyiert. Bei einigen Kantonsräten seien die Telefondrähte heiss gelaufen.

SP-Fraktionschef Markus Späth (Feuerthalen) sagte nach der Wahl, er gehe davon aus, dass seine Fraktion geschlossen für die FDP-Kandidatin gestimmt habe. Weil damit nach Jahrzehnten erstmals eine Frau eine Chance bekommen hätte und das Amt endlich in die Hände einer anderen Partei gekommen wäre. Der erste Ombudsmann hiess Adolf Wirth und gehörte der CVP an. Seine Nachfolger waren SVP-Mitglieder: Markus Kägi (heutiger Regierungsrat) und Thomas Faesi. Er amtiert seit 2007 und hört nun auf. Vogel hätte die nötigen Kompetenzen und Erfahrungen mitgebracht, sagt Späth. «Zudem trauen wir ihr mehr Biss zu als ihrem Vorgänger.» Faesi sei im Amt zu passiv gewesen. «Ich erwarte mehr Dynamik von Trachsel.»

Enttäuscht gibt sich FDP-Parteichef und Kantonsrat Hans-Jakob Boesch (Zürich). Er zweifelt an der geschlossenen linken Unterstützung für seine Kandidatin. Aber er glaube nicht, dass SVP und FDP deswegen auf Kriegsfuss miteinander stünden, sagt er im Hinblick auf die Regierungsratswahlen 2019. Dort dürfte die FDP mit ihrem noch nicht nominierten Kronfavoriten Thomas Vogel auf die Hilfe der SVP angewiesen sein.

Definitiv aus dem Regierungsratsrennen ist nun Trachsel, der sein Amt als Ombudsmann Anfang September antritt. Im Vorfeld der Wahl hatte er zu Protokoll gegeben, dass er – falls er die Wahl zum Ombudsmann verpasse – gerne in die Fussstapfen von Baudirektor Markus Kägi (SVP) treten würde – sofern dieser aufhöre und die Partei ihn aufstelle.

Wie stimmten die Mitteparteien bei der Ombudsmann-Wahl? Sie beschlossen Stimmfreigabe. Trachsel habe bei der Vorstellungsrunde die bessere Figur gemacht als Vogel, sagt Rico Brazerol (BDP, Horgen). Walter Meier (EVP, Uster) vermutet, dass die EVP-Fraktion mehrheitlich für Trachsel stimmte. Weil man ihm zutraue, nahe am Puls seiner Klienten zu sein. Zudem kenne er sein Arbeitsfeld, die Kantonsverwaltung, vermutlich am besten von allen.