Nach einem Jahr Stillstand geht es auf dem Kasernenareal in Zürich weiter: Der Kanton saniert die Militärkaserne und gibt die Zeughäuser voraussichtlich der Stadt ab. Noch bestehen aber ein paar Hürden.
Es ist ein riesiges Areal, und seit Jahren wird es schlecht genutzt. Doch bisher waren sämtliche Bemühungen, das Kasernenareal in der Nähe des Hauptbahnhofs zu entwickeln, erfolglos. Nun geht es wieder vorwärts. Das machten gestern Vertreter von Stadt und Kanton, dem die Liegenschaft gehört, deutlich. «Es ist ein Schlüsselareal für die Stadt Zürich», sagte André Odermatt (SP), Vorsteher des städtischen Hochbaudepartements, an einer Medienkonferenz.
Die Entwicklung knüpft dort an, wo sie im vergangenen Jahr ins Stocken geraten ist. Damals versenkte der bürgerlich dominierte Kantonsrat den Plan zur gemeinsamen Weiterentwicklung des Kasernenareals durch Stadt und Kanton. SVP, FDP und EDU hatten befürchtet, das Gebiet, auf dem soziale und kulturelle Angebote vorgesehen waren, würde zu einer zweiten Roten Fabrik werden. Und sie monierten, der Kanton mache der Stadt ein Geschenk, wenn er einen Teil des Areals im Baurecht der Stadt abgebe und sich an der Sanierung in Millionenhöhe beteilige.
Dann kamen im vergangenen Frühling die Wahlen. Die Mehrheiten im Parlament änderten sich, linke und grüne Parteien legten zu. SP, Grüne und GLP reichten daraufhin erfolgreich einen Vorstoss ein und forderten, der Regierungsrat solle die ursprünglich vorgesehene Lösung für das Filetstück im Herzen von Zürich doch noch umsetzen. Stadt und Kanton haben nun ihren Marschplan vorgestellt. Nachfolgend die wichtigsten Eckpunkte für die Teilgebiete des Areals im Überblick.
Zeughäuser: Der Kanton unterbreitet der Stadt erneut den ursprünglich vorgesehenen Baurechtsvertrag für die Zeughäuser. Sie sollen für die nächsten 50 Jahre in den Besitz der Stadt übergehen, wofür diese einen jährlichen Baurechtszins von 410000 Franken entrichtet. Die Zeughäuser sollen für 55 Millionen saniert und ausgebaut werden. Der Kanton würde sich gemäss Vereinbarung mit bis zu 30 Millionen Franken daran beteiligen. Denn er muss eine Unterlassungssünde wieder gut machen: «Der Unterhalt wurde vernachlässigt», sagt Baudirektor Martin Neukom (Grüne). Der Kantonsrat muss das Geld für die Sanierung erst noch sprechen.
«Die Stadt kommt nicht zu einer Gratisleistung», sagt der Zürcher Finanzvorsteher Daniel Leupi (Grüne) mit Blick auf die letztjährige Kritik aus dem Kantonsrat. Den Kredit für den städtischen Anteil an der Sanierung will der Stadtrat dem Gemeinderat 2024 vorlegen. 2025 stimmt dann das Volk ab.
Wie die Zeughausgebäude genutzt werden, ist noch nicht im Detail bestimmt. Es ist ein Mix aus kulturellen und sozialen Angeboten – etwa Cafés, Restaurants, Markthalle und Theater – sowie aus Kleingewerbe und Geschäften vorgesehen. Ebenso hat es Platz für Jungunternehmen. Mit diesem Punkt hatten die linken Parteien versucht, den Bürgerlichen den Deal schmackhaft zu machen.
Polizeikaserne: Die Polizeikaserne wird ab 2022 frei, wenn die Kantonspolizei ins neue Polizei- und Justizzentrum beim Güterbahnhof umzieht. Der Verkauf einer Immobilie an einer solchen Lage komme für den Kanton nicht in Frage, sagt Baudirektor Neukom. Vielmehr steht auch hier die Abgabe des Gebäudes an die Stadt zur Diskussion. Entsprechende Verhandlungen laufen. Stadtrat Leupi rechnet damit, dass es «am Schluss wohl auf einen Baurechtsvertrag hinausläuft».
Militärkaserne: Die augenfälligste Veränderung erfährt die Militärkaserne. Sie erhält auf dem Dach einen Glaskubus. Damit würde ihr gewissermassen eine Krone aufgesetzt. Hinzu kommen Terrassen auf der Frontseite zur Kasernenstrasse hin sowie im Mitteltrakt ein Atrium, das sich als zentraler Raum über alle Obergeschosse zieht. So sieht es das Projekt der Spillmann Echsle Architekten vor, die als Sieger aus einem Wettbewerb hervorgegangen sind. Die Krux: Die Wettbewerbsjury hält in ihrem Bericht fest, die Architekten würden mit ihren Plänen einen «wesentlichen Verstoss» gegen das Baurecht begehen. Gleichzeitig ist die Jury der Ansicht, dass dieser Baurechtsverstoss noch «heilbar» sei. Darauf angesprochen, gab Baudirektor Neukom zu, dass es sich gerade bei dem gläsernen Aufbau um eine knifflige Angelegenheit handle. Er gab sich aber zuversichtlich, dass eine gute Lösung für den Umbau der denkmalgeschützten Militärkaserne möglich ist.
Nicht nur was die Architektur, sondern auch was die Nutzung angeht, sind die Pläne für die Militärkaserne am weitesten fortgeschritten. Das Gebäude wird in den Obergeschossen als Bildungszentrum genutzt, in dem die Erwachsenenbildung Zürich und die Kantonale Maturitätsschule für Erwachsene unterkommen. «Wir haben somit in der Militärkaserne kantonale Einrichtungen», sagt Neukom. Das Erdgeschoss ist für öffentliche Nutzungen vorgesehen. Im Atrium entstehen Lernräume, sogenannte Working-Spaces. Im Glaskubus könnten Musikzimmer untergebracht werden.
Noch unklar sind die Kosten. Das Hochbauamt will dem Regierungsrat und dem Kantonsrat bis 2022 ein bewilligungsfähiges Projekt vorlegen. Bis 2025/26 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein.
Kasernenwiese: Die Aussenräume, insbesondere die Kasernenwiese, werden für die Öffentlichkeit im grösseren Ausmass zugänglich. Zudem sollen sie für Fussgänger und Velofahrer durchlässiger werden. Die Kasernenwiese bleibt weiterhin im Eigentum des Kantons. Die Stadt Zürich betreibt sie aber wie bis anhin in sogenannter Gebrauchsleihe.