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Region (LiZ)
Zürich
Drei Kantonsräte kritisieren, dass die Gemeinden im Kanton Zürich unterschiedlich mit den Werbebannern entlang der Strassen umgehen. Sie verlangen nun, dass der Regierungsrat einheitliche Regeln erlässt.
Im Vorfeld von Abstimmungen und noch mehr vor Wahlen werden die Parteien aktiv. Sie organisieren Podiumsdiskussionen, verteilen Flyer – und stellen am Strassenrand ihre farbigen Plakate auf. Oft sind diese Wahlplakate für die Ortsparteien das einzige Mittel, um für sich zu werben, glaubt Markus Späth, SP-Kantonsrat aus Feuerthalen. «Vor allem im ländlichen Raum stehen nur in sehr begrenztem Rahmen kommerzielle Werbeflächen zur Verfügung, die zudem die begrenzten finanziellen Mittel der kleineren Parteien oft übersteigen.» Die Parteien seien deshalb gezwungen, auf den öffentlichen Raum entlang der Strassen auszuweichen.
Die Regeln vereinheitlichen
Mit einer parlamentarischen Initiative will er deshalb den Regierungsrat beauftragen, dass er «Vorschriften für das Anbringen von Wahl- und Abstimmungswerbung im Strassenbereich vor kantonalen und eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen» erlässt.
Denn die rechtliche Situation ist verwirrend. Da der Kanton für Wahlen und Abstimmungen keine Ausnahmeregelungen erlassen hat, gilt grundsätzlich, dass die Plakate nicht einfach so aufgestellt werden dürfen. Reklameanlagen an Strassen, zu denen auch Wahlplakate gehören, sind bewilligungspflichtig.
Diese Bewilligung erteilen in der Regel die Gemeindebehörden. Die Kantonspolizei ist einzig entlang von Autobahnen und Autostrassen zuständig. Im Weiteren ist natürlich auch noch die Einwilligung des Grundstückbesitzers notwendig. Auf kantonalem Boden gibt es ausserhalb der bewilligten permanenten Plakatständer keine Bewilligung: «Entsprechende Gesuche müssten in aller Regel abgelehnt werden», hielt der Regierungsrat kürzlich in seiner Antwort auf eine Anfrage aus dem Kantonsrat fest.
Dies insbesondere aus Sicherheitsgründen. Wahlplakate würden «meist nicht fachmännisch platziert, wodurch bei starken Windböen oder durch Dritteinwirkung die Gefahr besteht, dass sie auf die Fahrbahn geraten», schrieb der Regierungsrat. Zudem würden auch regelmässig die gültigen Sicherheitsvorschriften nicht beachtet, und die Verkehrsteilnehmer könnten durch die Plakate abgelenkt werden. «Und erfahrungsgemäss werden die Plakate nach den Wahlen oft stehen gelassen, weshalb der Aufwand für das Entfernen und Entsorgen bei der öffentlichen Hand verbleibt.»
Deshalb räumen die Mitarbeiter des kantonalen Tiefbauamtes alle unbewilligten, also wilden Wahlplakate ab, die entlang des 1450 Kilometer langen Staatsstrassennetzes auf kantonalem Grund aufgestellt werden.
Diese Praxis des Kantons hält Markus Späth für «viel zu restriktiv»: Der Kanton Zürich verfolge «eine äusserst rigorose Praxis gegen das Anbringen und Aufstellen von Wahl- und Abstimmungswerbung», sagt Späth. Dabei lasse er sich nicht von Sicherheitsüberlegungen leiten, sondern fühle sich der «Ästhetik des öffentlichen Raumes» verpflichtet.
Und die Gemeinden würden mit den Parteiplakaten auf ihren Grundstücken unterschiedlich umgehen, kritisiert Späth. «In einer Region werden sie toleriert, in der anderen nicht. Zudem wechselt oft in derselben Region das Regime von einem zum anderen Wahlgang.» Dies sei vergleichsweise willkürlich, sagt Markus Späth.
Ein Plakat für das Milizsystem
Unterstützt wird Späths Vorstoss von Marcel Lenggenhager (BDP, Gossau) und Jean-Philippe Pinto (CVP, Volketswil). Letzter hatte sich bereits mit einer Anfrage an den Regierungsrat gewandt. Durch das Plakatabräumen des Tiefbauamts seien Meinungsäusserungsfreiheit, Milizsystem und Vielfalt der Informationsmöglichkeiten tangiert, brachte er vor. Der Regierungsrat entgegnete, dass ja auf privatem oder kommunalem Grund die Möglichkeit bestehe, Wahlplakate zu platzieren. «Damit ist die Meinungs- und Informationsfreiheit gewährleistet.» Weil aber die Gemeinden die Plakate unterschiedlich handhaben, bezweifeln dies die drei Kantonsräte. Sie verlangen «einfach gleiche, verbindliche Regeln, die für alle gelten».
Die drei verweisen darin etwa auf das aargauische Modell: Dort erlaubt die kantonale Bauverordnung das Anbringen von Plakaten am Strassenrand bewilligungsfrei während acht Wochen vor einem Urnengang (spätestens eine Woche danach müssen sie wieder abgebaut sein). Dabei gelten Vorgaben, die verschiedene Gemeinden in verständlichen, illustrierten Leitfäden dokumentiert haben.
So dürfen die Parteien etwa Plakate auch ausserorts aufstellen, aber nur bis 100 Meter über die Ortstafel hinaus. Und freistehende Plakate müssen mindestens drei Meter vom Strassenrand entfernt stehen.
Für Markus Späth wäre dies ein denkbares Modell. Er glaubt allerdings nicht, dass eine derart liberale Regelung im Kantonsrat mehrheitsfähig wäre. «Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass Gemeinden den Ortsparteien eine gewisse Werbefläche zur Verfügung stellen, etwa den Dorfplatz oder eine bestimmte Strasse dafür freigeben.» Das Ziel sei nicht, dass einfach überall Plakate aufgestellt werden dürfen, sagt Späth. «Die zu erlassenden Vorschriften sollen auch einem Wildwuchs vorbeugen».