Coronakrise
Datenschützerin überprüft Tools für den Fernunterricht an Zürcher Schulen

Corona hat die Schule rasant digitalisiert. Jetzt sieht die kantonale Datenschutzbeauftragte nochmals genauer hin. Und verhandelt mit Zoom.

Matthias Scharrer
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Fernunterricht bleibt aktuell: In mehreren Kantonen mussten Schulklassen wegen Corona bereits wieder zu Hause bleiben.

Fernunterricht bleibt aktuell: In mehreren Kantonen mussten Schulklassen wegen Corona bereits wieder zu Hause bleiben.

Keystone

Als Mitte März der Corona-Lockdown begann, musste alles sehr schnell gehen. Von einem Tag auf den anderen stellten die Schulen auf Fernunterricht um. Sie setzten dabei vielfach auch auf Onlineprodukte wie Zoom für Videokonferenzen oder Schabi.

Jetzt sind die Schulen wieder offen, doch es droht eine zweite Coronawelle. «Es gibt bereits wieder Klassen, die daheim bleiben müssen, weil es Ansteckungen gab», sagt Urs Dietschi, Kantonsrat der Grünen. Mehrere Kantone sind davon betroffen. Im Kanton Zürich traf es letzte Woche in Kloten einen ganzen Hort; eine andere Schulklasse musste kürzlich vorsichtshalber zwei Tage lang zu Hause bleiben, wie eine Sprecherin der kantonalen Bildungsdirektion gestern auf Anfrage sagte.

Die Online-Produkte für den Fernunterricht werden also teils weiterhin gebraucht. Vor diesem Hintergrund wollte Dietschi wissen, wie es dabei um den Jugend- und Datenschutz steht. Schliesslich habe die kantonale Datenschutzstelle die Tools für den Fernunterricht in der Eile des Lockdowns nur summarisch geprüft. Zudem hatte Dietschi von einem Politiker einer anderen Partei erfahren, dass auf Zoom bei einer virtuellen Parteikonferenz plötzlich ein Porno lief. «Und niemand wusste, wie man den wieder wegbringt.»

Also reichte der grüne Kantonsrat und Informatiker eine Anfrage an den Regierungsrat ein, mitunterzeichnet von Christoph Ziegler (GLP) und Carmen Marty Fässler (SP). Nun liegen die Antworten der Regierung vor. «Am 19. Juni 2020 endete die ausserordentliche Lage im Bund und im Kanton Zürich», heisst es darin. Und: «Während der Coronakrise eingesetzte Produkte, die nicht alle Kriterien des Datenschutzes erfüllen, sind danach einer erneuten Risikoanalyse zu unterziehen und dürfen nicht mehr uneingeschränkt weiter genutzt werden.» Die kantonale Datenschutzbeauftragte werde Merkblätter als Entscheidungshilfe veröffentlichen.

Im Vordergrund stehen dabei die meistgenutzten Produkte und jene, zu denen am meisten Fragen auftauchten, wie die Datenschutzbeauftragte Dominika Blonski auf Anfrage mitteilte. Microsoft 365 Teams etwa könne unter Berücksichtigung des Datenschutz-Leitfadens problemlos als Unterrichts-Hilfsmittel weiterverwendet werden. Zoom arbeite hart daran, sein Videokonferenz-Tool zu verbessern. Mit der US-Firma fänden derzeit Verhandlungen statt über den möglichen datenschutzkonformen Einsatz von Zoom in der Zukunft. Beim in der Coronazeit vielgenutzten Programm Schabi (Schule am Bildschirm) habe aus Zeitgründen keine vertiefte Prüfung durchgeführt werden können. Die neuen Merkblätter zu den im Unterricht einsetzbaren Tools würden im Laufe der Sommerferien unter www.datenschutz.ch veröffentlicht.

Dietschi wollte auch wissen, wie es mit der Entwicklung von Video- und Meetingtools für den Unterricht an Zürcher Schulen weitergeht. In der Volksschule sei dies Sache der Gemeinden, hält der Regierungsrat fest. Für die daran anknüpfende Sekundarstufe 2 verweist er auf ein Projekt für Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). Video- und Meetingtools würden dabei Bestandteile der IKT-Grundversorgung. «Die Kriterien Daten- und Jugendschutz werden Teil der Ausschreibung sein», so der Regierungsrat weiter. Diese soll gegen Ende dieses Jahres erfolgen, wie es auf Anfrage beim kantonalen Mittelschul- und Hochschulamt heisst.

«Ich finde es bedenklich, sich so herauszuwinden»

Dietschi zeigt sich enttäuscht von der Antwort des Regierungsrats: «Die Bildungsdirektion überlässt das Thema in der Volksschule den Gemeinden. Ich finde es bedenklich, sich so herauszuwinden.» Schliesslich seien die Unterstufen genauso betroffen. New York etwa habe den Einsatz von Zoom an Schulen verboten. Das Verbot wurde inzwischen wieder aufgehoben, wie eine Vertreterin von Zoom mitteilte. SP-Kantonsrätin Marty Fässler begrüsst es, dass die Datenschutzbeauftragte die entsprechenden Tools jetzt noch einmal unter die Lupe nimmt.