Zürich
«Das Töten kann doch keine Kultur sein»: Initiative fordert Abschaffung der Jagd im Kanton

Der Kanton Zürich soll die private Jägerei verbieten und stattdessen professionelle Wildhüter anstellen wie der Kanton Genf. Die Unterschriften für eine entsprechende Initiative sind gestern eingereicht worden.

Thomas Schraner
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Im Kanton Zürich gibt es rund 1500 aktive Jäger. Sie sollen durch Wildhüter ersetzt werden.

Im Kanton Zürich gibt es rund 1500 aktive Jäger. Sie sollen durch Wildhüter ersetzt werden.

Hansruedi Aeschbacher

Den Jägern bläst seit längerem ein eisiger Wind entgegen. Ein Teil ihrer Tätigkeit – das Töten von Tieren – wird zunehmend hinterfragt und als verwerflich gebrandmarkt. Sehr ernst wird es für die Jäger im Kanton Zürich. Dampf macht ihnen die Volksinitiative «Wildhüter statt Jäger», die gestern eingereicht worden ist. Die Initianten haben über 7300 Unterschriften gesammelt (6000 sind nötig) und dem Kanton übergeben. Dieser prüft sie nun. Sind genügend davon gültig, dürfte in rund zwei Jahren abgestimmt werden.

Das Volksbegehren entzieht den rund 1500 aktiven Jägern im Kanton Zürich die Existenzberechtigung. Käme sie durch, dürften sie ihr aufwendiges Hobby nicht mehr ausüben. Die Initiative verlangt nämlich, dass die Jäger durch professionelle Wildhüter ersetzt werden. Das Milizsystem würde abgeschafft. Der Kanton Genf machte diesen Schritt bereits 1974. Mit bestem Erfolg, wie die Initianten sagen. Auch in der Stadt Zürich gibt es keine Jäger mehr. Ihre Arbeit erledigen vier Wildhüter.

«Blutiges Hobby»

Die Tierpartei Schweiz (TPS) reichte die Initiative ein. Die Partei hat laut eigenen Angaben rund 300 zahlende Mitglieder im Kanton. Unterstützt worden ist sie von diversen Tierschutz-Organisationen. Präsidentin Monika Heierli sagt: «Was die Jäger als hegen und pflegen darstellen ist eine alte Mär. Sie wird als Rechtfertigung für ein blutiges Hobby verbreitet.» Gestützt auf Fachliteratur, bringen die Initianten diverse Argumenten vor. Die Jäger heizten einen unnatürlich Kreislauf an, sagen sie etwa. Unter Jagddruck vermehrten sich die Wildtiere schneller als normal, was als Legitimation für den Abschuss missbraucht werde.

Dabei reguliere sich der Wildbestand ohne Jagd selbst, was sich am Beispiel der Nationalpärke zeigen lasse. «Das Töten von Tieren aus Hobbygründen kann doch keine Kultur sein», sagt Heierli.

Ohne Jagd gehe die Zahl der nächtlichen Unfälle mit Tieren zurück, heisst es im Argumentarium weiter. Erst die Verfolgung habe die ursprünglich tagaktiven Wildschweine, Füchse und Rehe nachtaktiv gemacht. Ohne Jagd verschwinde die unnatürliche Scheu.
Dass die Initiative den Jägern gegen den Strich geht, versteht sich von selbst. Zu ihnen zählt auch Urs Josef Philipp, Leiter Fischerei und Jagdverwaltung des Kantons Zürich. Die bestens ausgebildeten Zürcher Jäger leisteten sehr gute Arbeit. «Die Ausbildung ist ähnlich professionell wie bei Wildhütern», sagt Philipp. Das Töten sei ein notwendiges Übel, um etwa Wildschweinbestände zu regulieren, die grössere Schäden anrichteten. «Auch in Genf müssen Wildsauen geschossen werden», hält er den Initianten entgegen.

Wildhüter kosten

Ein gewichtiges Argument sind für Philipp die Kosten, verursacht durch die Wildhüter, die der Staat anstellen müsste. «Wenn der Staat die Aufgaben der Jäger übernehmen müsste, kostete dies jährlich wiederkehrend einen zweistelligen Millionenbetrag.» Die Initianten entgegnen, dass sich im Gegenzug der Bau und Unterhalt von Jagdschiessanlagen erübrige. Geplant ist ein Neubau in Bülach anstelle der drei bestehenden Anlagen.

Im Detail will sich Philipp noch nicht äussern, bevor die Regierung Stellung genommen hat. Für das Dossier Jagd ist Baudirektor Markus Kägi zuständig. Der SVP-Regierungsrat ist selber passionierter Jäger.

Argumente gegen die Initiative fallen auch Jagdaufseher Stefan Schleich, Mitglied der Jagdgesellschaft Stäfa, reihenweise ein: «Wir töten nicht gern – das ist eine falsche Vorstellung». Töten, also den Bestand regulieren, bilde den kleinsten Teil der Jägerarbeit. «Der grösste Teil besteht aus dem Dienst an der Bevölkerung und dem Hegen und Pflegen.» In der Praxis gehe es zum Beispiel darum, einen Fuchs zu vergrämen, der es sich auf einem Balkon eines Hauses im Siedlungsgebiet allzu gemütlich gemacht habe. Für diese Dienste seien die Leute dankbar.

Dem Abstimmungskampf sieht Schleich mit Respekt entgegen: «Es wird wahrscheinlich sehr knapp», sagt er. Das «Bambi-Töten» sei halt etwas «hoch Emotionales», auch wenn es darum gar nicht gehe.