Stadionbau- Experte Peter Jauch lässt kein gutes Haar am neuen Projekt im Hardturm. «Den Stadienbefürwortern fehlt einfach die Kompetenz», sagt er.
Peter Jauch, warum ist es in Zürich so schwierig, ein Stadion zu bauen?
Peter Jauch: So schwierig, wie man es immer darstellt, ist es nicht. Den Stadienbefürwortern fehlt einfach die Kompetenz. Auf der Liste der städtischen Stadion-Task-Force findet sich niemand, der in diesem Umfeld jemals etwas gebaut hat. Es ist, wie wenn ich einen Bademeister anstelle, der nicht schwimmen kann. In allen Bereichen zieht man kompetente Leute bei. Nur beim Sport meint jeder Politiker, er könne ein bisschen mitreden.
Warum fehlen Zürich diese Leute?
Neben mir haben in Basel und Bern viele andere mitgearbeitet. Vielleicht könnte man diese ja mit einbeziehen. In Bern und Basel haben sich während der Bauphase immer wieder Leute aus Thun, Aarau, Neuenburg oder Lausanne erkundigt: Wie läuft es? Was gäbe es noch zu verbessern? Von Zürich habe ich nie jemanden gesehen. Das ist dann doch ein wenig arrogant.
Was kann Zürich denn lernen von Basel oder Bern?
Man muss vielleicht einmal vom Glauben wegkommen, dass eine Stadt immer reinreden muss. Basel und Bern stellten lediglich das Land zur Verfügung. Private haben dann etwas gebaut, das nachhaltig und betriebswirtschaftlich funktioniert. Es ist doch ein Skandal, wenn man – wie jetzt beim Hardturm – schon im Voraus sagt, der Steuerzahler müsse pro Jahr ein Defizit von vier bis sechs Millionen Franken decken. So etwas kann nur jemand verlangen, der selber nicht aufs Geld schauen muss.
In St.Gallen oder Genf blieb die öffentliche Hand draussen. Jetzt muss eventuell die Politik dafür geradestehen.
Das Problem ist dort dasselbe, nämlich mangelnde Kompetenz. Man kann nicht zuschauen, bis man merkt, dass es nicht läuft. Die Basler waren seinerzeit aktiv geworden, hatten sich in ganz Europa 25 funktionierende Stadien angeschaut und daraus das Beste gemacht.
Sie haben das neue Projekt für das Hardturmareal auch schon als «Grümpi-Stadion» bezeichnet. Weshalb?
Was da geplant wird, ist eine Bankrotterklärung an den Zürcher Fussball. In Bern werden mit dem VIPBereich jährlich zehn Millionen Franken generiert. Mit dem grösseren wirtschaftlichen Potenzial und zwei Mannschaften sollten in Zürich 40Millionen drinliegen. Aber ein Restaurant für 480Personen und ein paar Logen, das ist einfach lächerlich. So können auch die Klubs nicht überleben, und dann sind wir gleich weit wie in St.Gallen. Ohne die Champions-League-Millionen wäre der FCZ jetzt schon in den roten Zahlen.
Sind 16000 Plätze genug?
Das ist viel zu wenig, geradezu mickrig. 25000 Sitzplätze braucht Zürich mindestens. In Basel und Bern haben sich die Zuschauerzahlen mit den Neubauten verdreifacht, und das sind ja keine Millionenagglomerationen. Wenn man hier ein Schmuckkästchen hinstellt, wo alle wichtigen Leute hingehen wollen, dann kommt auch das Volk.
Viele Leute fragen sich: Braucht es überhaupt Neubauten? Das Letzigrund hat die Stadt 110Millionen Franken gekostet und ist immerhin ein EM-Stadion. Das würde ja dann nur noch dahinrosten.
Zürich braucht doch einmal etwas Spezielles. Basel hat ein Stadion von Herzog&deMeuron. In Zürich bauen No-Name-Architekten einen Schrotthaufen wie den Letzigrund. Das ist zwar Kunst am Bau, aber niemand will darin spielen. Die Italiener haben bei der EM gesagt: Das ist eine Schande für die Schweiz. Und sie haben Recht. Ins Fifa-Zentrum Zürich fliessen Millionen pro Jahr. Es kann doch nicht sein, dass hier kein Fussballstadion steht. Das ist der helle Wahnsinn.