Coronakrise
Kanton Zürich überholt Bund mit weiterem Härtefallprogramm

Noch bevor das nächste Härtefallprogramm vom Bund beschlossen ist, macht der Zürcher Kantonsrat Geld dafür locker ‒ und dafür, dass beim bereits beschlossenen Programm das Geld nicht ausgeht.

Matthias Scharrer
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Härtefallgelder sollen Arbeitsplätze retten, etwa in Restaurants.

Härtefallgelder sollen Arbeitsplätze retten, etwa in Restaurants.

Keystone

Ein Corona-Härtefallprogramm jagt das nächste: Erst Ende Januar hatte der Zürcher Kantonsrat das zweite Härtefallprogramm abgesegnet. Da nun das Geld dafür auszugehen drohte und der Bund bereits ein drittes Härtefallprogramm plant, über das Bundesbern Ende dieser Woche entscheiden wird, macht der Kantonsrat nun vorsorglich neue Mittel locker: Mit 169:1 Stimmen bei zwei Enthaltungen bewilligte er am Montag 663 Millionen Franken, um von Corona wirtschaftlich besonders betroffenen Betrieben zu helfen.

Damit stehen für Zürcher Firmen unter dem Titel Härtefälle insgesamt rund 2,1 Milliarden Franken zur Verfügung, wie Finanzdirektor Ernst Stocker (SVP) sagte. Die vom Bund angepeilte Erhöhung des nationalen Härtefallprogramms von 2,5 auf zehn Milliarden Franken ist dabei bereits eingerechnet. Hinzukommen noch die Beiträge für Kurzarbeit und Erwerbsersatzgelder.

«Die Lage, in der wir uns befinden, erfordert solche Lösungen», sagte Stocker. Die bisher vom Kantonsrat bewilligten Kreditlimiten seien ausgeschöpft.

Warnung vor Inflation ‒ und vor Arbeitslosigkeit

Der Zürcher Finanzdirektor wusste die überwältigende Mehrheit des Parlaments auf seiner Seite. Doch vereinzelte skeptische Stimmen gab es: Valentin Landmann (SVP, Zürich) warnte davor, sich an das Ausgeben von Riesenbeträgen zu gewöhnen. Ansonsten drohe Inflation.

Cyrill von Planta (GLP, Zürich) nannte es «unschön, dass wir schon zum dritten Mal im Schnellverfahren Gelder bewilligen». Aber er fügte hinzu: «Wir sind froh, dass wir die Möglichkeit haben, notleidende Unternehmen zu unterstützen.»

Diese Hilfe sei gerechtfertigt, sagte Christian Schucan (FDP, Uetikon am See). Zumal der Kanton Zürich das Krisenjahr 2020 mit einem Plus von 500 Millionen Franken abgeschlossen habe. Das Härtefallprogramm werde viele Unternehmen vor dem Aus bewahren, gab Hannah Pfalzgraf (SP, Mettmenstetten) zu bedenken. Und es sei sinnvoller, Arbeitsplätze zu erhalten als Sozialhilfe zu bezahlen, doppelte Selma L’Orange Seigo (Grüne, Zürich) nach.

Das Härtefallprogramm kommt Betrieben zu Gute, die wegen Coronamassnahmen mindestens 40 Prozent Umsatz einbüssten oder 40 Tage schliessen mussten. Sie können sowohl Darlehen als auch nicht rückzahlungspflichtige Beiträge beantragen.

FDP-Vorschlag für Mietreduktionen obsiegt

Doch was ist mit Betrieben, die weiterhin Geschäftsmieten bezahlen müssen, obwohl ihre Geschäfte wegen Corona geschlossen wurden? Dieser Frage widmete sich je ein Postulat der FDP und eines der Ratslinken.

Keine Mehrheit fand der Vorstoss von SP, Grünen und EVP. Sie forderten das sogenannte «Basler Modell», bei dem jeweils Mieter, Vermieter und der Staat einen Drittel der Geschäftsmiete in Coronazeiten übernehmen. Auch die Stadt Zürich wendet dieses Modell an. Doch weil SVP, FDP, GLP und CVP dagegen stimmten, hatte es im Kantonsrat keine Chance.

Anders erging es dem von André Müller (FDP, Uitikon) eingereichten Postulat. Es soll ebenfalls Miet- sowie Hypothekarkostenreduktionen für wegen Corona geschlossene Geschäfte ermöglichen. Allerdings nicht durch direkte Staatsbeiträge, sondern durch zinslose Kredite vom Kanton, die über zehn oder maximal 25 Jahre rückzahlbar wären.

Weil neben der FDP auch SP, Grüne, AL und EVP dafür stimmten, muss der Regierungsrat nun innert einem Jahr einen Bericht dazu vorlegen. Finanzdirektor Stocker zeigte sich von diesem Ansatz wenig begeistert: Er wäre kompliziert umzusetzen, ausserdem seien mit den Härtefallgeldern die Fixkosten schon mit abgedeckt, meinte er.