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Region (LiZ)
Zürich
Bundesrat Alain Berset stattete den Zürcher Regierungsrätinnen Natalie Rickli und Silvia Steiner einen Besuch ab. Es wurden nicht nur Freundlichkeiten ausgetauscht.
Es ist ruhig am Flughafen Zürich. Nur selten hört man ein Flugzeug abheben. Im Besucherraum neben der Zuschauerterrasse, die wegen Corona zurzeit gesperrt ist, warten Journalisten auf Bundesrat Alain Berset (SP) und die Zürcher Regierungsrätinnen Natalie Rickli (SVP) und Silvia Steiner (CVP). Er hat ihnen einen Besuch abgestattet. Beziehungspflege.
Es war schon einiges Geschirr zerschlagen worden in dieser Beziehung während der Coronakrise. Vom Trödelkanton Zürich war aus Bundesbern die Rede. Was in Zürich nicht so gut ankam.
Dienstagnachmittag, kurz nach vier: Das Trio betritt den Raum durch den Notausgang. «Öffnung löst Alarm aus!», steht auf der Tür. Gesundheitsminister Berset trägt wie Regierungspräsidentin Steiner eine türkisfarbene Atemschutzmaske, während Gesundheitsdirektorin Rickli das Modell mit dem Zürcher Kantonswappen übergezogen hat. Der Bundesrat spricht die Zürcher Regierenden als «liebe Silvia» und «liebe Natalie» an. Steiner redet von einem wertvollen Austausch, der bei dem Besuch stattgefunden habe. Man gibt sich vertraut. Doch hinter der freundlichen Maske stecken dringende Forderungen.
«Ein dritter Lockdown muss unbedingt verhindert werden», sagt Steiner. Es gelte, das in der Pandemie Erreichte nicht aufs Spiel zu setzen: eine gesicherte medizinische Versorgung, den Schutz von Risikogruppen, offene Schulen und jetzt erste Lockerungen, etwa für Jugendliche, die wieder mehr Freiheiten geniessen dürfen.
Rickli platziert eine erste Forderung: Der Bund solle sich stärker an den Kosten von repetitiven Coronatests in Firmen beteiligen, und zwar nicht nur, wenn dort Schutzkonzepte nicht eingehalten werden können. Sie hofft, dass dadurch die Nachfrage nach solchen Tests in Firmen gesteigert werden könne. Seit Beginn des Angebots Anfang Februar hätten nur 60 Zürcher Unternehmen davon Gebrauch gemacht.
Berset nimmt diplomatisch dazu Stellung: «Es braucht mehr Tests, auch bei asymptomatischen Personen.» Allerdings sei zu bedenken, dass bis November Tests noch knapp waren.
Rickli platziert ihre zweite Forderung: «Wir haben dem Bundesrat mitgegeben, dass er den Verteilschlüssel für die Impfdosen nochmals anschauen soll.» Im Klartext: Der Kanton Zürich brauche mehr Impfstoff. Bis Ende März seien für den Kanton Zürich 370'000 Impfdosen zugesagt. Davon sind bisher knapp 200'000 eingetroffen, wie Rickli auf Nachfrage sagt.
Da pro Impfung zwei Dosen im Abstand von mehreren Wochen nötig sind, behalte der Kanton jeweils rund die Hälfte des Impfstoffs zurück. Seit dem Impfstart Anfang Januar habe der Kanton Zürich 123'000 Impfdosen verimpft. «Wir verimpfen alles, was wir kriegen», sagt Rickli. Doch die bis Ende März zugesagten 370'000 Impfdosen würden nicht einmal reichen, um die Risikogruppe der über 75-Jährigen zu impfen – geschweige denn das Gesundheitspersonal, das als Nächstes an der Reihe wäre.
Berset entgegnet, bis jetzt seien bundesweit mehr als 800'000 Impfdosen verabreicht worden. Er zeigt sich zuversichtlich, dass das Ziel, bis zum Sommerbeginn alle Impfwilligen impfen zu können, erreichbar sei. Rickli ist da skeptischer.
«Einen letzten Wunsch habe ich noch», sagt die SVP-Regierungsrätin und überreicht Berset eine Atemschutzmaske mit dem Zürcher Kantonswappen. Sie wünsche sich, dass er diese Maske an der nächsten Medienkonferenz trage. So könne er zum Ausdruck bringen, dass er dem Kanton Zürich hohe Priorität einräume. «Wir müssten noch 26 Pressekonferenzen machen, um von jedem Kanton eine Maske anziehen zu können», erwidert Berset – und zieht sich das Zürcher Wappen später dann doch über die Nase.