Startseite
Region (LiZ)
Zürich
Das Übernachten in privaten Wohnungen setzt die Hotels unter Druck – und hilft dabei, Ferienwohnungen besser zu vermarkten.
Airbnb boomt. Innerhalb von zwei Jahren haben sich die Angebote auf der Buchungsplattform in der Stadt Zürich verdreifacht. Seit Juli 2015 ist die Zahl der total angebotenen Übernachtungen in Zürcher Appartements oder 1-Zimmer-Studios von knapp 5000 bis diesen Juni auf knapp 18 000 angestiegen. Diese Zahlen liefert eine Analyse von Airdna, einem amerikanischen Unternehmen, welches mittels Algorithmen die Angebote sowie Buchungen auf Airbnb, die Vermietungsdauer sowie die Zimmergrösse weltweit für Städte erhebt.
- Amsterdam: Im Juni konnte über Airbnb in der niederländischen Stadt aus über 100 000 Übernachtungsangeboten ausgewählt werden. Tatsächlich haben Besucher mehr als 80 000 Nächte über die Plattform gebucht. Dies zu einem durchschnittlichen Preis von 161 Franken pro Wohnung.
- Mailand: Die Stadt in Norditalien weist im Juni bei ebenfalls über 100 000 Angeboten etwas mehr als 62 000 gebuchte Übernachtungen auf. Der Durchschnittspreis liegt bei rund 92 Franken pro Nacht.
- Wien: In der österreichischen Hauptstadt ist eine Airbnb-Miete verglichen mit den hier erwähnten Städten mit rund 87 Franken pro Nacht am günstigsten. Von den über 72 000 Angeboten buchten Besucher knapp 50 000 Übernachtungen über Airbnb.
- München: Die süddeutsche Stadt verbuchte im Monat Juni bei mehr als 38 000 Angeboten knapp 25 000 Übernachtungen. Während des Oktoberfestes im vergangenen Herbst wurden fast doppelt so viele Übernachtungen auf Airbnb angeboten. Jedoch nur knapp 32 000 davon wurden auch tatsächlich gebucht. Der Durchschnittspreis beträgt 97 Franken pro Nacht. (Giu)
Noch stärker zugelegt haben im selben Zeitraum die tatsächlich gebuchten Unterkünfte in Zürich – sei dies in Appartements oder auch 1-Zimmer-Studio. Sie haben sich vervierfacht. Während vor zwei Jahren von den angebotenen Unterkünften tatsächlich knapp 3000 Nächte monatlich gebucht wurden, verzeichnete Airbnb im Juni 2017 in Zürich bereits 12 377 Übernachtungen. Airdna bezeichnet die Form des Aufenthalts in Appartements oder 1-Zimmer-Studios als «mit einer Hotelübernachtung vergleichbar».
Dafür bezahlen die Besucher momentan in Zürich im Schnitt knapp 125 Franken pro Übernachtung. Airdna geht noch einen Schritt weiter und multipliziert die angebotenen Übernachtungsmöglichkeiten mit der Anzahl der verfügbaren Schlafplätze pro Wohneinheit. So konnten im Juni in Zürich über 25 000 Airbnb-Übernachtungen gezählt werden. Zum Vergleich: Im Juli 2015 wurden in Zürich gerade etwas mehr als 6800 Nächte gezählt.
Nicht nur Airdna hat die Verdreifachung des Angebots in Zürich bemerkt. Auch die Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich kommt in ihrer Halbjahresprognose zu einem ähnlichen Ergebnis. Airbnb ist in Zürich laut der KOF-Analyse mit einem Anteil von 16 Prozent vertreten. Und die Analysten erwarten, dass das Angebot weiter steigen wird, wie sie in ihrer Prognose schreiben.
Damit wird klar: Die Zürcher Hotelbranche hat mit den derzeit entstehenden Budgethotels wie Motel One, 25 Hours oder Green City und Airbnb starke neue Konkurrenz erhalten. Florian Hälg von der KOF sagt dazu: «Tatsache ist, dass das Angebot in Zürich gegenwärtig stark ausgebaut wird. Allerdings auch vor dem Hintergrund, dass der Städtetourismus in der Schweiz weiterhin stark zulegt. Weltweit ist der Tourismus eine Wachstumsbranche und wird es auch in absehbarer Zukunft bleiben.» Besonders Städte seien mit dem kulturellen Angebot und den guten Verkehrsanbindungen sehr beliebt – davon profitiere auch Zürich.
Nach wie vor aber ist die Hotellerie im städtischen Gebiet stärker vertreten als alternative Übernachtungsformen. Neben Airbnb zählen dazu Übernachtungen in Ferienwohnungen, Berghütten und Campingplätzen. Letztere drei Formen werden unter dem Begriff der Parahotellerie zusammengefasst und werden vom Bundesamt für Statistik seit 2016 erstmals ausgewiesen.
Besitzer einer Wohnung dürfen diese oder Teile davon im Internet zur Untermiete anbieten. Gemäss Schweizerischem Obligationenrecht darf auch ein Mieter einer Wohnung diese «ganz oder teilweise untervermieten». Benötigt wird dafür aber die Zustimmung des Vermieters. Der Mieter im Gegenzug haftet dafür, dass der Untermieter die Wohnung lediglich so nutzt, wie es im Hauptmietvertrag vorgesehen ist. Der Mieter jedoch darf die Wohnung nicht über seinem Mietpreis dem Untermieter anbieten. Entstehen bei der Untermiete Schäden an der Wohnung, haftet der Mieter dafür. (GIU)
Gerade hier orten Analysten ein Problem. Sind Ferienwohnungen explizit in der Statistik der Parahotellerie erfasst, fliessen sie wohl auch in die Übernachtungszahlen bei Airbnb ein, vermieten die Besitzer ihre Liegenschaften auch über diese Online-Plattform. Insgesamt stieg das Angebot von Ferienwohnungen im Kanton Zürich im vergangenen Jahr um 2900 Stück. Hälg sagt dazu: «Natürlich erhöht das Angebot den Konkurrenzdruck. Allerdings muss man auch sehen, dass mit Airbnb in vielen Regionen nicht unbedingt das Angebot gestiegen ist, sondern die bestehenden Ferienwohnungen über diese Plattform einfach besser vermietet werden können. Wenn bestehende Ferienwohnungen dadurch besser ausgelastet werden, ist das insgesamt positiv.»
Die KOF-Forscher sehen in der Airbnb-Plattform für die Schweiz auch eine Chance, die Parahotellerie gerade für ausländische Touristen attraktiver zu machen. Derzeit entfallen die meisten Buchungen von Ferienwohnungen auf Inländer.
Jörg Arnold: Natürlich ist das Angebot in letzter Zeit unheimlich stark gestiegen. Deshalb sind die Hotels gefordert, dass sie entsprechend auch die Nachfrage steigern können. Das heisst, wir müssen mehr Touristen und Geschäftsreisende nach Zürich holen.
In allen Hotelkategorien – also vom Budgethotel bis zum Luxussegment – muss die Qualität stimmen. Das heisst die Dienstleistung und die Nähe zum Gast muss top sein. Und Zürich Tourismus unterstützt uns dabei.
Diese Budgethotels sind tatsächlich eine Herausforderung. Ihr Gesamtangebot stimmt: Sie bieten klug eingerichtete Zimmer, der Hotelservice wird auf ein Minimum reduziert und der Übernachtungspreis für durchschnittlich 150 Franken ist attraktiv. Dieses Angebot bringt vor allem die Hotels im Mittelpreissegment – also in der Drei- und Viersternkategorie unter Druck.
Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder man orientiert sich als Hotel am Budgetkonzept und minimiert die Leistung durch das Hotelpersonal. Das wenige das man dann noch anbietet, muss aber eine unschlagbare Qualität besitzen. Die andere Möglichkeit ist, dass man als Hotel in die nächste Hotelkategorie aufsteigt. Das ist übrigens der Grund, warum das Hotel Storchen nun nicht mehr vier sondern fünf Sterne hat. Ich bin überzeugt, dass die Hotellerie in Zürich im Tief- wie auch im Hochpreissegment weiterhin gut laufen wird – eine kluge Positionierung ist ausschlaggebend.
In Zürich ist seit Jahren die Rede vom Überangebot. Wir haben 2012 einen grossen Teil der deutschen Touristen verloren. Mittlerweile aber gibt es Anzeichen dafür, dass diese Besucher wieder zurückkommen. Wenn wir uns die Monate Mai, Juni und Juli anschauen, kann man sagen, dass Zürich gut besucht war. Die Schweiz und auch Zürich stehen nach wie vor für Qualität und Sicherheit. Und für den Besucher ist das grosse Angebot hier interessant. Schliesslich bestimmt er, wo und wie er übernachten will.
Airbnb ist ein starker Konkurrent für die Hotelbranche. Aber nicht jeder Gast will dieses Angebot. Es gibt Besucher die wollen Hotelpersonal und einen bestimmten Service, der Airbnb nicht bietet. Der Vorteil dieser Buchungsplattform ist, dass eventuell neue Gäste nach Zürich kommen, die sonst gar nicht in die Stadt reisen würden oder könnten. In Ferienregionen können dank Airbnb die Ferienwohnungen mittlerweile deutlich internationaler vermietet werden. Diese Form der Übernachtung ist ein Tourismustrend, den man akzeptieren aber auch beobachten muss. Dagegen ankämpfen, bringt rein gar nichts.