Bundesgericht
Affäre Mörgeli: Beweise gegen Zürcher Professorin unzulässig

Der erstinstanzliche Freispruch für die ehemalige Zürcher Titularprofessorin Iris Ritzmann könnte rechtskräftig werden: Die Zürcher Staatsanwaltschaft prüft, ob sie ihre Berufung zurückziehen wird. Dies nachdem das Bundesgericht die erhobenen Beweismittel für nicht verwertbar eingestuft hat.

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Iris Ritzmann. (Archiv)

Iris Ritzmann. (Archiv)

Keystone

Das Zürcher Bezirksgericht hatte Iris Ritzmann im Dezember 2014 vom Vorwurf der mehrfachen Amtsgeheimnisverletzung freigesprochen. Die Beweismittel, auf welche sich die Anklage stützt, seien nicht zulässig, hielt es fest.

Das Obergericht erklärte ein Jahr darauf die Beweise in einem Zwischenentscheid ebenfalls für nicht verwertbar. Ein Urteil fällte es noch nicht, da die Staatsanwaltschaft gegen diesen Zwischenentscheid einen Beschwerde beim Bundesgericht einlegte.

Ritzmann hofft auf Abschluss

Dieses bestätigte nun die beiden Vorinstanzen klar, wie aus einem am Mittwoch veröffentlichten Urteil hervorgeht. Nun müsste theoretisch das Obergericht die Verhandlung fortführen - und ein Urteil sprechen.

Der Verteidiger von Ritzmann hält dies aber für unnötig: Nun sei der Fall völlig klar, es lägen ja keinerlei Beweismittel mehr vor. Auch Ritzmann hofft, dass "die absurde Strafverfolgung nach vier langen Jahren endlich abgeschlossen wird", wie sie in einer Stellungnahme schreibt.

Die Staatsanwaltschaft hat über das weitere Vorgehen noch nicht entschieden. Sie habe den Entscheid des Bundesgerichts gerade eben erhalten, teilte sie auf Anfrage mit. Sie prüfe nun, ob sie ihre Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zurückziehen werde. Tut sie dies, wird der Freispruch des Bezirksgerichts rechtskräftig. Andernfalls käme das Obergericht zum Zug.

Mörgelis Leistung mangelhaft

Die Staatsanwaltschaft Zürich hatte Ritzmann im Sommer 2014 wegen mehrfacher Verletzung des Amtsgeheimnisses angeklagt. Sie soll mit einem Journalisten des "Tages-Anzeigers" Kontakt gehabt haben und ihm Informationen zugespielt haben.

Der "Tages-Anzeiger" hatte am 11. September 2012 einen kritischen Artikel über die Tätigkeit von Christoph Mörgeli, dem damaligen Kurator des medizinhistorischen Museums der Universität Zürich, publiziert. Darin wurden zwei Berichte erwähnt, in denen die Leistung von Mörgeli als mangelhaft bezeichnet worden sein soll.

Nachdem die Universität im September 2012 Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht hatte, nahm die Staatsanwaltschaft ihre Arbeit in dieser Sache auf.

Daten breit durchforstet

Die Staatsanwaltschaft ersuchte die Universität und das Hochschulamt des Kantons darum, sämtliche Festnetz- und Mobiltelefonanschlüsse und die Mail-Adressen der Mitarbeiter für bestimmte Zeiträume auf Kontakte mit Telefonnummern und Mail-Adressen von Zeitungsredaktionen beziehungsweise Journalisten abzugleichen.

Wie das Bundesgericht festhält, bestand zu diesem Zeitpunkt weder ein hinreichender Tatverdacht gegen eine bestimmt Person, noch war die Aktion verhältnismässig.

Mit der Auswertung seien die Daten einer Vielzahl von Personen durchsucht worden, ohne dass Universität und Hochschulamt dazu berechtigt gewesen wären.

Eingriff in die Grundrechte

Die Informationen zu all jenen Personen, die in den untersuchten Monaten Kontakt zu Journalisten hatten, wurden an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Dies sei ein nicht unbedeutender Grundrechtseingriff.

Die Staatsanwaltschaft hätte gemäss Bundesgericht davon ausgehen müssen, dass zahlreiche dieser Personen nicht beschuldigt werden könnten. Je nach Funktion eines Mitarbeiters an einer Universität oder beim Hochschulamt seien Medienkontakte nichts Aussergewöhnliches.

Die privaten Interessen der vielen von der Datenerhebung betroffenen Personen, würden gesamthaft gesehen schwerer wiegen, als das öffentliche Interesse.

Darüber hinaus hält das Bundesgericht fest, dass es sich bei der Amtsgeheimnisverletzung nicht um ein Verbrechen, sondern ein Vergehen handle.

(Urteil 1B_26/2016 vom 29.11.2016)