Dübendorf: In der Dübendorfer Givaudan sollen bis zu 60 Stellen gestrichen werden. Das Unternehmen spricht von mehr Effizienz. Die Unia von einer Gewinnmaximierung auf dem Buckel der Arbeitnehmer.
Die Givaudan kündigte letzte Woche, am Donnerstag, die Streichung von 45 bis 60 Stellen am Standort Dübendorf an. Diese Nachricht kommt für Aussenstehende etwas überraschend. Sprachen Experten bei ihrer Einschätzung der Aktie des Aromen- und Riechstoffherstellers mit Sitz in Vernier zum gleichen Zeitpunkt doch von einem «organischen Wachstum von 4 bis 5 Prozent bis ins Jahr 2020» und von guten Bedingungen für eine «weitere positive Kursentwicklung» der Unternehmensaktie.
Auch die Expansionsstrategie des Unternehmens spricht gegen einen Stellenabbau: Der Konzern mit Niederlassungen in Asien, Nord- und Südamerika und weltweit über 11 000 Mitarbeitern ist auf Expansionskurs. Im August kündigte er die strategische Partnerschaft mit der indischen Herstellerin von pflanzlichen Ingredienzien, Synthite, an; im Juli die Übernahme des niederländischen Anbieters von Nahrungsmittelingredienzien Vika. Im März teilte Givaudan mit, sich an der französischen Pflanzenverarbeiterin Naturex zu beteiligen. Im Oktober 2017 erfolgte der Baubeginn eines neuen Produktionszentrums im chinesischen Changzhou. Und spätestens im Frühjahr 2019 will Givaudan das neue Innovations- und Businesszentrum in Kemptthal in Betrieb nehmen. Insgesamt sollen am Standort Kemptthal dann 490 statt, wie bis anhin, rund 200 Personen angestellt sein.
Givaudan-Mediensprecher Hugo Felix sieht zwischen Expansion auf der einen Seite und Entlassungen auf der anderen Seite keinen Widerspruch. «Givaudan geht es grundsätzlich gut», sagt er. Der Stellenabbau sei Teil einer allgemeinen Effizienzstrategie, die das Unternehmen immer schon verfolgt habe. Im Rahmen einer Optimierungsanalyse habe man festgestellt, dass die Produktion von Flüssigaromen für Europa ganz in Deutschland und Holland vollzogen werden kann. Und dass man deshalb einen Teil der Produktion, die bis anhin in Dübendorf stattfand, in den bereits existierenden ausländischen Produktionsstandorten integrieren kann.
Solche Prozessoptimierungsmassnahmen beträfen nicht nur die Schweiz, Givaudan überprüfe grundsätzlich alle ihre Standorte, so Felix. «Es geht um eine bessere Ausnutzung der Produktionskapazitäten. Die Höhe der Schweizer Löhne waren bei der Massnahme nicht ausschlaggebend.»
Der Standort Dübendorf habe keinen grundsätzlichen Nachteil. Er bleibe weiterhin Givaudans Kompetenzzentrum für Sprühtrockungstechnologie. Pläne zu einem weiteren Abbau von Arbeitsstellen und Produktion gebe es deshalb aktuell nicht. Auch werde die Fabrik künftig nicht leer stehen. Man nutze die frei werdenden Räume derweil für andere Bereiche.
Wie viele Mitarbeiter Givaudan aktuell in Dübendorf beschäftigt, kann Felix nicht sagen. Grund: Solange der parallel zum Stellenabbau stattfindende Stellentransfer von Dübendorf nach Kemptthal im Bereich Forschung und Entwicklung nicht abgeschlossen ist, sei auch die genaue Arbeitnehmerzahl an den einzelnen Standorten schwierig zu bestimmen, so Felix. Insgesamt beschäftigt Givaudan aktuell in Dübendorf, Kemptthal und Volketswil 840 Mitarbeiter. Die vom Abbau betroffenen Mitarbeiter, von denen der grösste Teil im Bereich Produktion von Flüssigaroma arbeitet, seien über die geplante Restrukturierung informiert, sagt Felix. Für sie bestehe ein Sozialplan. Wie dieser im Detail aussieht, sei noch nicht abschliessend bestimmt. Die entsprechenden Mitarbeiter könnten aber mit einer finanziellen Abgangsregelung, etwa in Form eines Bonus, rechnen, sagt Felix. «Weiter können sie auf interne und externe Hilfe wie Jobcoachings zurückgreifen, um ihre berufliche Zukunft zu planen.» Der Stellenabbau verläuft in Etappen über die nächsten zwei Jahre. Die ersten Produktionstransfers nach Deutschland und Holland sollen im Frühjahr 2019 starten.
Die Gewerkschaft Unia kritisiert den Entscheid: «Wir nehmen mit Befremden zur Kenntnis, dass sich ein Unternehmen, dem es auch nach eigenem Bekunden gut geht, von rund 60 Mitarbeitern trennt», sagt Unia-Mediensprecher Lorenz Keller. Einmal mehr werde «auf dem Buckel der Angestellten der Gewinn maximiert». Die Unia nimmt Givaudan nun in die Pflicht. Das Unternehmen müsse genau darlegen, weshalb diese Entlassungen nötig seien, und, wo möglich, auf Kündigungen verzichten.