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Am Samstag ist das Schweizer Team «Swiss Mocean» nach knapp 5000 Kilometern rudern über den Atlantik in Antigua angekommen. Im Interview erzählen sie uns, weshalb Ketchup eine Geschmacksexplosion auslöst, warum sie froh sind, dass sie Schmerzen hatten und welche Frau Luca bei der Ankunft als erstes küsste.
30 Tage haben sie zusammengepfercht auf einem Ruderboot verbracht. Am Samstag haben die vier Schweizer Luca Baltensperger, Laurenz Elsässer, Yves Schultheiss und Marlin Strub, alle zwischen 26 und 28 Jahre alt, nun ihr Ziel Antigua erreicht. Das Quartett schaffte es als erstes Schweizer Ruderteam, den Atlantik zu überqueren.
Wir haben nach der Ankunft mit Marlin telefoniert. Als er das Telefon abnimmt, sitzt er gerade mit Ruderkumpel Laurenz im Zimmer.
Marlin Strub: Das war wirklich, wirklich gut organisiert. Wir konnten schon auf dem Boot bestellen und als wir ankamen standen dann innert kürzester Zeit Burger und Pommes auf dem Tisch. Die Organisatoren haben sogar extra dicke Kissen auf unsere Stühle platziert, da uns allen das Gesäss doch ziemlich schmerzte vom Rudern.
Die reine Geschmacksexplosion. Unsere Erinnerung an frisches Essen ist schon etwas verblasst, wir haben auf dem Boot dann jeweils versucht, uns auszumalen, wie richtiges Essen schmeckt. Nach dem Burger gingen wir gleich nochmals in ein Restaurant und dann am Abend noch zum Italiener.
Die Leute um uns herum haben gelacht, weil wir das Essen so offensichtlich genossen haben. Wir waren richtig ungläubig und haben es regelrecht zelebriert. Alleine sowas wie Ketchup war ein Mega-Highlight.
(lacht) Ich glaube, das war tatsächlich seine Mutter. Aber es gab bloss einen Kuss auf die Stirn. Ich war ja mit mir selbst beschäftigt und habe nicht so genau hingesehen.
Ja, wir verstehen uns sogar noch besser als vorher. Wir wussten, dass schwierige Zeiten kommen werden, darüber haben wir uns schon im vornherein Gedanken gemacht und uns ausgetauscht, was uns bei den anderen stört.
Wir haben uns einfach fest vorgenommen, dass das Projekt unsere Freundschaft nicht gefährden darf. Es wollte ja niemand einen seiner dicksten Buddys verlieren. Wir hatten Glück, sind wir nie gleichzeitig in eine Krise gekommen.
Alles über das Projekt finden Sie hier.
Wir haben Musik gehört oder wenn wir nicht zu müde waren, haben wir viel gesprochen. Und zwar über alles, da ging's wirklich um Gott und die Welt. Das waren tiefgründige Gespräche, vom Vaterwerden bis hin zum Sinn der Welt.
Oftmals ja. Aber um ehrlich zu sein, gegen Ende sprachen wir nur noch übers Essen. (lacht)
Natürlich war es das. Es gibt immer die Möglichkeit, dass etwas nicht funktioniert. Aber wenn du Ferien ohne Risiko willst, kannst du eine Abenteuer-Reise buchen mit einem Guide und allem drum und dran. Dann hast du auch immer einen Backup-Plan. Aber genau das wollten wir ja nicht.
(lacht) Der wird eingerahmt und aufgehängt. Nein, Spass. Solche Gedanken habe ich mir noch nicht gemacht.
Wenn ich wählen könnte zwischen Weltrekord haben oder nicht, würde ich den natürlich schon nehmen. Eine Zeit lang hat uns das schon genervt, aber es war toll, dass wir noch aufgeholt haben.
Ich muss mich nicht gerade wieder in ein Boot zwängen. Aber wer weiss, was wir in Zukunft noch machen.
Nein, gar nicht. Ich finde mein Leben sonst schon cool genug. Das Rudern war für mich ja keine Flucht aus dem Alltag. Und irgendwann, wenn ich wieder Lust habe, kommt bestimmt wieder solch eine Idee. Aber noch ist nichts geplant.
Klar! Ich habe Schmerz und Angst erwartet, ich wäre enttäuscht gewesen, wenn es nicht so gewesen wäre. Dann hätte ich nicht daran wachsen können.
Im Moment haben wir keinen Stress. So lange es das Portemonnaie zulässt, bleiben wir hier. Es ist ja ganz schön in der Karibik. Zudem kommen derzeit noch die anderen Teams an, mit diesen haben wir uns auch vor dem Wettkampf schon ausgetauscht. Der Holländer Mark Slats zum Beispiel, der alleine gerudert ist, hat uns viele Tipps auf den Weg gegeben. Es war cool, ihn hier in Antigua zu empfangen.
Fantastisch, wir waren alle überwältigt von dem grossen und herzlichen Empfang. Das haben wir nicht erwartet.
Nicht in diesem Ausmass. Es gab auch sehr viele Leute die uns Nachrichten geschrieben haben, auch solche, die wir nicht so gut kennen. Wir haben das ja für uns gemacht, sind aber überrascht über die vielen positiven Reaktionen.
Der Niederländer Mark Slats ist in 30 Tagen knapp 5000 Kilometer über den Atlantik gerudert und hat damit den bisherigen Weltrekord von 49 Tagen deutlich verbessert. Er traf laut der niederländischen Nachrichtenagentur ANP am Sonntag auf der Karibik-Insel Antigua ein.
Der 40-jährige Slats war am 14. Dezember 2017 von La Gomera (Kanarische Inseln) aufgebrochen. Der Zimmermann aus Wassenaar bei Schevening wollte mit seiner Reise Geld für eine Krebsstiftung sammeln. Nach der Ankunft sagte er, er habe dies für seine erkrankte Mutter getan.
Slats hatte erst im vergangenen Jahr mit dem Rudern angefangen und pro Woche 30 Stunden trainiert. Während der Reise über den Atlantik ruderte er täglich etwa 17 Stunden und schlief rund vier Stunden. (sda/dpa)