Urdorf
Von der Idee zur Premiere: Am Trickfilmkurs ist Kreativität gefragt

Seit 1992 ist Basil Vogt mit seinem Trickfilm-Koffer unterwegs. An diesem Mittwoch kam er nach Urdorf und zeigte den Kindern, wie sie ihre ganz persönliche Fantasiegeschichte auf die Leinwand bringen können.

Christian Tschümperlin
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Staunend folgen junge Urdorferinnen und Urdorfer den Ausführungen von Trickfilmmacher Basil Vogt.

Staunend folgen junge Urdorferinnen und Urdorfer den Ausführungen von Trickfilmmacher Basil Vogt.

Christian Tschümperlin

Lorenzo kann sich gut vorstellen, eines Tages Trickfilmzeichner zu werden. Er ist einer von 13 Schülern, die an ihrem freien Mittwochnachmittag Filmluft schnuppern. Mit Graviernadeln bewaffnet, kratzen die jungen Urdorfer ihre ganz persönliche Fantasiegeschichte auf jene 35-Millimeter-Filmrollen, die Trickfilmmacher Basil Vogt mitgebracht hat. Angereist ist er mit schwerem Gepäck. «Ich arbeite mit dem, was in meinen Rollkoffer passt», sagt er. Bild für Bild entstehen an diesem Nachmittag im Bachschulhaus kleine Kunstwerke. Von der ersten Idee bis zur grossen Premiere, zu der auch Freunde und Bekannte eingeladen wurden, vergehen knapp drei Stunden.

«Eine Filmanimation kann aus nur zwei Bildern bestehen», sagt Vogt einleitend. Er demonstriert dies an einem Skitänzer, der die Hände hebt und senkt. Vogt verteilt Stift und ein gefaltetes Blatt Papier. Das genügt, damit die neugierigen Kursteilnehmer ihren eigenen Zwei-Bild-Film entwerfen können. Bereits jetzt zeigen sie sich kreativ. So zeichnet Akshath einen Apfel, der auf dem zweiten Bild angebissen wurde, und Dominik einen griesgrämigen Geist, der sich erschreckt.

 Probelauf am Projektor: Lorenzo (11) zeigt sich zufrieden.

Probelauf am Projektor: Lorenzo (11) zeigt sich zufrieden.

Christian Tschümperlin

Vogt fragt in die Runde, wo im Leben überall Bewegungen vorkommen. Die Zehn- bis Dreizehnjährigen berichten daraufhin von ihren Tätigkeiten bei ihren Hobbys: Von Eiskunstlaufen über das Zupfen und Streichen eines Cellos bis hin zu Karategriffen ist einiges dabei. «Diese Bewegungen können euch für euren Film inspirieren», sagt Vogt.

Die Uhr tickt

Nach einer Einführung in die grundlegendsten Techniken gehen die Schüler ihr eigentliches Projekt an. Die Uhr tickt, innerhalb von zwei Stunden soll jeder fünf Sekunden Film oder rund 45 Bilder zusammenbekommen. Die Knaben und Mädchen arbeiten eigenständig und zügig, sogar in der Pause wird weitergezeichnet. In einem ersten Schritt kratzen sie Formen ins blaue Filmband, dann füllen sie das transparente Blanko mit Farben. Leonie ist als Erste fertig. «Die Vorstellung macht mich schon einwenig nervös», sagt sie. Vorallem das Gesicht sei schwierig zu zeichnen.

Unterdessen gibt sich Alina alle Mühe, dass sich die einzelnen Bilder nicht allzu sehr voneinander unterscheiden. Verändern soll sich ja nur jener Teil, der sich bewegt. Durchpausen geht auf den engen Filmrollen nicht. «Es ist schwierig, dass es immer gleich aussieht», sagt sie.

Solche Probleme gehören in Vogts Trickfilmstudio der Vergangenheit an. «Im professionellen Bereich zeichnen wir heute mit Stift auf dem Grafiktablett», sagt er. Das habe den Vorteil, dass ein Teil des Bildes sich einfrieren und kopieren lasse, damit nur die gewünschte Veränderung neu gezeichnet werden muss. Vogt ist kein Unbekannter in der Schweizer Trickfilm-Szene. Sein Film «Kapitän Hu» wurde an internationalen Filmfestivals gespielt und im Schweizer Fernsehen gezeigt. Seit 1992 gibt der gelernte Grafiker sein Wissen regelmässig an Kursen an die nächste Generation weiter.

«Die Vorstellung macht mich schon ein wenig nervös.»

Leonie (11)

Dann ist es soweit: Die ersten Eltern treffen ein. Vogt schliesst die Fensterladen, das Zimmer versinkt im Halbdunkeln. Gespannte Ruhe kehrt ein. Unterbrochen wird diese einzig durch das Rattern des Projektors aus dem Jahre 1910. «Einen Computer brauche ich bei solchen Anlässen nur, um den Projektor darauf zu stellen», sagt Vogt.

Die Spannung steigt

Die Präsentationen beginnen. Akshath macht den Anfang. Er hat gleich zwei Filmchen zusammengestellt: In einem vergibt ein Fussballer ein Tor und im anderen vergisst ein Autofahrer, dass die Bremse kaputt ist— worauf er Autoverbot erhält. Leonie muss lange warten, bis sie an der Reihe ist. Ihre Vorführung von einem wachsenden Kaktus und einem Mädchen, dass sich in eine Katze verwandelt, quittiert das Publikum mit einem Lacher und mit Applaus. Die Erleichterung ist ihr ins Gesicht geschrieben.

«Die Fähigkeit, eine Geschichte zu erfinden und kurz und präzise erzählen zu können, lässt sich auch auf den Alltag übertragen», sagt Andrea Köbeli von der Jugendarbeit Urdorf, die den Anlass organisiert hat. Bei der Veranstaltung gehe es darum, in den Kindern die kreative Seite zu wecken. Und: Sie hätten es auf den Punkt gebracht. Vogt fügt an, dass die Kinder voneinander profitieren, wenn sie sehen, wie ihre Kameraden arbeiten.