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Region (LiZ)
Georges Zahner war Bauchef am ersten Schlierefäscht vor 50 Jahren. Sohn Jürg Zahner übernimmt die Aufgabe für das bevorstehende Stadtfest. Das Engagement für Schlieren ist jedoch nicht das Einzige, das die beiden Männer verbindet.
Als es Georges Zahner 1961 aufgrund der Arbeit von Kaltbrunn nach Schlieren zog, versprühte die Stadt noch wenig vom heutigen urbanen Charakter. «Der bäuerliche Einschlag war deutlich spürbar. In unserem Wohnquartier an der Sägestrasse grasten Kühe», erzählt Zahner. Der 87-Jährige sitzt im Wintergarten seines jüngsten Sohnes Jürg und nimmt einen Schluck Wasser. Der Blick aus dem Fenster gibt die Sicht frei auf die Baukräne nahe des Bahnhofs Schlieren. Verändert hat sich in den fast 60 Jahren viel. Doch die Liebe zur Stadt ist gleich geblieben – oder vielleicht sogar noch etwas gewachsen.
«Schlieren bedeutet mir viel. Und offenbar scheint es auch für meine Kinder zu stimmen. Alle wohnen nicht mehr als einen Kilometer voneinander entfernt, fünf in Schlieren, eine Tochter in Urdorf», sagt Zahner. Verbunden mit Schlieren fühlte er sich bereits 1968. So sehr, dass er sofort zusagte, als der damalige Schlieremer Gemeinderat Fritz Blocher ihn fragte, ob er die Rolle des Bauchefs für das erste Schlierefäscht 1969 übernehmen will. «Ich war als Baumeister für die Firma Jost in Schlieren tätig und man dachte wohl, dass ich der richtige Mann dafür bin», sagt Zahner. 50 Jahre später hat sein Sohn Jürg dieselbe Aufgabe inne. Bereits zum dritten Mal organisiert er als Bauchef die Infrastruktur am Stadtfest.
Der besondere Umstand, dass Vater und Sohn für dasselbe Fest in gleicher Funktion tätig waren und sind, blieb von den beiden lange Zeit unbemerkt. «Jemand im OK hat mich darauf aufmerksam gemacht. Ich wusste, dass mein Vater sich für das erste und das vierte Schlierefäscht engagiert hatte, aber mir war nicht bewusst, dass er auch Bauchef war», sagt Jürg Zahner und nimmt neben seinem Vater im Wintergarten Platz.
Die Bezeichnung ist dieselbe wie vor 50 Jahren, doch die Dimensionen und die Aufgaben haben sich stark verändert. «1969 dauerte das Stadtfest drei Tage. Heute ist der Anlass zehntägig, bietet drei Bühnen mit 70 Konzerten und ein riesiges neues Festgelände», sagt Jürg Zahner. Vor 50 Jahren umfasste das Festgelände das Areal des Schulhauses Hofacker, den grossen Salmensaal sowie diverse anliegende Strassen. «Ich war für die Beschaffung des Festzelts, die Bestuhlung, aber auch für das Sicherstellen von Wasser- und Stromanschlüssen zuständig», erinnert sich Georges Zahner. Zudem habe er versucht, die Anwohner der Hofackerstrasse als Beizlibetreiber zu verpflichten. «Es war ein Bombenfest. Zu meinen Höhepunkten gehörten der Auftritt des Cabarets Rotstift, die Spanischbrötlibahn, die vom Schulhaus Moos ins Zentrum fuhr, und der Umzug verschiedener Schlieremer Vereine.»
Nur einen kleinen Zwischenfall gab es. «Der Strom fiel während 30 Minuten aus, zu einer Zeit, als alle Stände und Küchen natürlich froh darum gewesen wären», erinnert sich Georges Zahner. Weniger schön sei zudem die Niederlage im Fussball gewesen. «Das OK spielte gegen das Cabaret Rotstift und seine Lehrerkollegen. Wir haben mit 7:2 bös verloren.»
Bei der bevorstehenden zehnten Ausgabe steht nicht nur die Infrastruktur im Vordergrund: «Das Thema Sicherheit nimmt einen wichtigen Teil ein. Rettungsgassen müssen für Ambulanz und Feuerwehr offen sein. Sicherheitspersonal ist nötig», sagt Jürg Zahner. Damals seien aber auch die Feuerwehr und der Samariterverein Schlieren bereitgestanden, bemerkt sein Vater. «Wir arbeiten jedoch mit dem Spital Limmattal und der Kantonspolizei zusammen. Das ist schon eine Nummer grösser», entgegnet Jürg Zahner, und sein Vater nickt.
Nicht nur das Engagement fürs Schlierefäscht vereint Vater und Sohn, sondern auch der Beruf. «Wir sind beide auf dem Bau gross geworden und daher ähnlich gestrickt», sagt Georges Zahner, der Zimmermann gelernt hat. Nach seiner Baumeistertätigkeit gründete er ein Bauleitungsbüro. «Das war eine gute Entscheidung», sagt Georges Zahner. «Mein Sohn hat das Geschäft übernommen und führt es schon seit 20 Jahren erfolgreich mit seiner Frau.»
Wie viele Festbesucher man erwartet, kann Jürg Zahner nicht abschätzen. «Es ist schwierig, eine Zahl zu nennen. Am ersten Wochenende feiern wir mit der Bevölkerung die Fertigstellung der ersten Etappe der Limmattalbahn. Zusätzlich nehmen die Verkehrsbetriebe Zürich den Betrieb der verlängerten 2er-Tram-Linie auf. Je nachdem, welches Medienecho wir haben, könnten wir sogar überrannt werden», sagt der 49-Jährige. Dafür sei man aber vorbereitet. «Falls das eintreten würde, werden wir Routen absperren, damit sich das Festgelände nicht überfüllt. Der Vorteil ist, dass das Areal offen ist und es keine Engpässe gibt.» Herausfordernd an seiner Aufgabe sei, es allen Involvierten recht zu machen. «Das Festgelände umfasst Kantons- und Gemeindestrassen. Es ist wichtig, dass man auf einen gemeinsamen Nenner kommt», sagt Jürg Zahner. Zudem hat sich der Bauchef bemüht, dass die Festbetreiber den von ihnen gewünschten Platz erhalten – ebenso keine leichte Aufgabe.
Seit drei Jahren arbeitet Jürg Zahner einen Tag pro Woche an der Organisation des Schlierefäschts. In diese Zeit fielen überdies 45 OK-Sitzungen. Der Enthusiasmus und die Tatkraft der anderen OK-Mitglieder motivieren ihn. «Wir sind ein perfektes Team und es macht Freude, gemeinsam ein gutes Fest auf die Beine zu stellen.» Auch für Georges Zahner blieb die Teamarbeit vor 50 Jahren in positiver Erinnerung. «Die Kameradschaft war grossartig. Man ist aufeinander zugegangen und hat so etwas bewirkt. Den Reingewinn von 175 000 Franken haben wir damals in Form eines Fonds dem geplanten Altersheim Sandbühl überlassen.»
Einen Monat vor Festbeginn macht sich bei Jürg Zahner etwas Anspannung breit. «Ich hoffe, dass der ganze Aufbau so klappt, wie wir uns das vorstellen.» Er könne erst durchatmen, wenn am 30. August um 17 Uhr alles laufe und die Beizen samt Putzlumpen und Zahnstocher stehen würden. Im Einsatz ist aber nicht nur der Sohn, sondern auch der Vater. «Ich bin Mitglied im Männerchor und in der Männerriege. Beide führen eine Festwirtschaft und ich unterstütze das Team in der Küche», sagt Georges Zahner. Zeit, um gemeinsam auf das Schlierefäscht anzustossen, wird es aber geben, sind sich die beiden sicher. Jürg Zahner findet sogar: «Dafür müssen wir uns nicht einmal verabreden.»