Kampf der Chöre
«Wie ein Traum, aus dem ich nicht aufwachen will»

Die Schlieremerin Antonella Lombardi und Roman Ballat aus Dietikon nahmen an der neuen Show des Schweizer Fernsehens teil.

Matthias Kessler
Drucken

Limmattaler Zeitung

Er wirkt nicht wie einer, der aussehen soll, als sei er am Boden zerstört. «Das bin ich auch nicht – auch wenn im ‹Blick› etwas anderes steht», sagt Roman Ballat und lacht herzhaft.

Die Boulevardzeitung hatte dem 34-Jährigen aus Dietikon nach dem Ausscheiden seines Chors mit dem Namen Express aus der Sendung «Kampf der Chöre», der neuen Sonntagabend-Show des Schweizer Fernsehens (siehe Kasten), nachgesagt, stundenlang «bitterlich» geweint zu haben. «Natürlich bin ich enttäuscht», sagt Ballat, der als Pöstler von Oerlikon aus Express- und Kurierzustellungen macht. «Aber», so Ballat, «das Ganze ist ja nur ein Spiel, da gehört es dazu, dass man ausscheiden kann.»

Bühnenerfahrung als Drag-Queen

Ebenfalls gehört es für eine Person, die sich, wenn auch nur kurzzeitig, in der Öffentlichkeit präsentiert hat, dazu, dass sie kritisiert werden kann und dass allenfalls auch Falschmeldungen verbreitet werden. Für ihn sei das aber kein Problem, sagt Ballat, «darüber kann ich lachen».

Kein Wunder, denn Ballat hat schon einiges an Bühnenerfahrung vorzuweisen. Als Romy Travis tritt er regelmässig als Drag-Queen auf, gewann 2007 gar den Titel als Miss Drag-Queen Schweiz und lancierte auf diesem Weg auch seine Gesangskarriere. Zunächst, schmunzelt er, habe er für seine Bühnenshows nur Playback gesungen. Vor drei Jahren habe er es dann «richtig» versucht – und es habe ganz passabel getönt.

Dafür, dass er sich für eine Teilnahme am «Kampf der Chöre» beworben habe, sei Maja Brunner der Hauptgrund gewesen, sagt Ballat. «Meine erste Kassette, die ich mir von meinem Sackgeld am Jahrmarkt kaufte, war Maja Brunners ‹Das chunnt eus spanisch vor›», blickt er zurück. Brunner habe eine tolle Ausstrahlung und unglaublich viel Charisma: «Wenn ich nicht schwul wäre», so Ballat, «wäre sie meine absolute Traumfrau. Sie ist perfekt.»

Von Brunners Tipps profitiert

Auch Antonella Lombardi schwärmt von Maja Brunner. Die Italo-Schlieremerin ist die zweite Vertreterin aus dem Limmattal in Brunners Chor: «Sie hat uns in den Wochen vor der Sendung viel beigebracht, viel gezeigt, und blieb dabei stets sehr natürlich», sagt Lombardi.

Die 36-Jährige, die als Kundenberaterin im Finanzbereich arbeitet, singt seit rund 20 Jahren, anfänglich an Festen von italienischen Vereinen und an diversen Hochzeiten.

Im September 2001 konnte sie dann ihre erste eigene CD «Elementi» mit selbst geschriebenen Liedern aufnehmen, von der bislang rund 1000Exemplare verkauft wurden. In der Folge hatte sie verschiedene Auftritte und schaffte es 2003 schliesslich in die Vorausscheidung zum Schlagerfestival in San Remo.

In der Folge habe sie das Singen nicht weiter vorangetrieben, habe, allerdings ohne grossen Erfolg, an zwei Castings von «Music Star» mitgemacht, und sei 2007 ein erstes Mal Mutter geworden. «Als ich dann, von meiner Schwester Manuela darauf aufmerksam gemacht, den Aufruf im Fernsehen für ‹Kampf der Chöre› gesehen habe, wollte ich es unbedingt probieren», erzählt sie. Sie bewege sich gerne in einem Team, das Format der Sendung habe deshalb gut zu ihr gepasst.

So kam es, dass an einem Sommertag in diesem Jahr sowohl Ballat als auch Lombardi zum Casting für Maja Brunners Chor in Küsnacht erschienen. Es sei ein langer und anstrengender, aber sehr angenehmer Tag gewesen, sagen die beiden unisono. Durch ihre herzliche Art sei es Brunner gelungen, den Teilnehmenden die Anspannung zu nehmen.

Trickreich gegen die Nervosität

Nach einem Vorsingen, einem Gespräch, einem Auftritt in der Gruppe und einer vierten Runde am Abend wurden aus den 70 Kandidaten jene 20 bestimmt, die den Chor bilden sollten. Man habe sich in der so zusammengewürfelten Gruppe zunächst über Facebook ausgetauscht, erzählt Lombardi. In der Folge sei der Kontakt intensiver geworden, unter anderem habe man – sinnigerweise zu den Klängen der «Biene Maja»-Trickfilme – einen Werbesong aufgenommen, um übers Internet für den Chor zu werben.

Der Countdown für den TV-Auftritt begann am 11.Oktober mit der ersten Probe. Drei weitere Proben folgten – und schon stand das grosse Wochenende vor der Tür. Als sie die Bodensee-Arena am letzten Samstag betreten habe, sei sie überwältigt gewesen, sagt Lombardi, und bei ihr sei Nervosität aufgekommen. Diese habe sich am Sonntag, als der Live-Auftritt näherrückte, erstaunlicherweise gelegt.

Als sie mit ihrem Chor auf die Bühne gekommen sei, habe es sie, so Lombardi, voll erwischt: «Wie ein Traum, aus dem ich nicht aufwachen will – super, genial!»

Mit der Bekanntgabe, wer vom Publikum weitergewählt wurde, endete die Hochstimmung abrupt – insbesondere jene der zwei Limmattaler. «Als es um den letzten Platz ging, der zum Weiterkommen berechtigt, glaubte ich daran, dass wir das sein werden», sagt Lombardi. Er habe grosse Zweifel gehabt, meint Ballat seinerseits.

Nach dem Aus habe man am Sonntagabend noch lange diskutiert, woran das Scheitern gelegen haben könnte, und auch am Montagabend sei dies das grosse Thema gewesen, erklärt Lombardi. Sie hätten sich viele Fragen gestellt: War die Musik beim eigenen Auftritt zu leise? Wurde das falsche Outfit gewählt? Hatte man von Anfang an schlechtere Chancen, weil man den Kanton Zürich und nicht einen kleineren Kanton vertrat, wo der Zusammenhalt grösser ist?

Am Ende überwiegt bei beiden jedoch der Stolz und die Freude, mitgemacht zu haben: «Ich habe die Zeit genossen», sagt Ballat. «Ich würde sofort wieder mitmachen», hält Lombardi fest, «es war eine tolle Erfahrung». Nun sehnen beide den 14.November herbei – dann dürfen sie mit Maja Brunner und dem ganzen Chor noch einmal auftreten.