Vampire lauern zurzeit überall: in Büchern, TV-Serien und Filmen. Dort heisst es jeweils zurücklehnen und geniessen. Anders beim Krimidinner im Raum «One»: Hier werden die Gäste selbst zu Vampiren und spielen mit. Ein Happy End ist nicht garantiert.
Wie im Kino kommt der Höhepunkt beim Krimidinner ganz zum Schluss. Und wie es bei guten Filmen sein soll, weiss niemand so genau, wie das Stück enden wird. Der Inspektor Charles Fisher, ein kampferprobter Werwolf, tritt vor die sechzehn geladenen Gäste des Theaters Dietikon, die meisten von ihnen Vampire. Noch weiss niemand, wer Minni Harkort, die Vampirfürstin Londons, ermordet hatte. Klar ist: Der Täter ist einer der Gäste.
Wie im Film wurde auch beim Krimidinner das Finale langsam aufgebaut. Über drei Stunden lang haben die Besucher gestritten, über mögliche Intrigen debattiert und sich gegenseitig verdächtigt. Die Informationen zu ihrer Rolle erhielten sie jeweils aus kleinen Broschüren; in jeder Runde kamen neuen Hinweise dazu. So werden aus den Zuschauern gleichzeitig auch Drehbuchautoren und Schauspieler.
Während man sich im Kino aber mit Popcorn und Nachos begnügen muss, bekommt man im Raum «One» des Theaters Dietikon ein 3-Gang-Menü serviert. In der kleinen Küche sechzehn Gäste zu bekochen, sei eine Herausforderung, sagt Irene Brioschi, die Vereinspräsidentin: «Wir haben aber langsam Erfahrung und machen auch alles selber. Die Betriebsgruppenmitglieder können ihre Kreativität an solchen Veranstaltungen so richtig ausleben.» So präsentiert sich denn auch das selbst gebastelte Bühnenbild so passend wie die Landschaften in den grossen Kinofilmen: Totenköpfe, Vampire und Raben schmücken den Raum und sorgen für das passende Ambiente.
An diesem Abend im Raum «One» zeigt mancher Gast, dass er zum Filmsternchen geboren wäre. Das heimliche Starlet ist aber die 85-jährige Elsy Kistler, die an diesem Abend die Rolle einer vermeintlichen Hexe innehat. «Ich bin das erste Mal dabei und geniesse es sehr», sagt die Urdorferin, die an diesem Abend mit ihren geheimnisvollen Statements die Aufmerksamkeit der Vampire auf sich zieht. So wird sie am Ende auch von manch einem Gast des Mordes verdächtigt. Angeklagt wird aber eine andere.
Im Kino gibt es meist ein Happy End. Nicht so in der Realität — zumindest nicht so häufig. Beim Krimidinner genauso: Die Hauptverdächtige und bereits festgenommene Schwester Mary entpuppt sich als unschuldig. Die wahre Täterin ist die Gewinnerin des Abends: Sie blieb unerkannt. Nicht gerade gerecht. Absolut gerechtfertigt ist aber der Applaus, den das Küchen- und Serviceteam am Ende des Abends erhält. Genauso der Applaus, den sich die Akteure selbst geben. Und so kam das kinoreife Happy End nicht mit der Geschichte, sondern mit den Menschen, die sie schrieben.