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Limmattal
Die Weiningerin Yvonne Apiyo Braendle-Amolo ist erfolgreiche Regisseurin und auch in der Politik auf dem Vormarsch. Ihre Wahl als 1.-August-Rednerin stösst jetzt – mitunter auch in ihrer Hauspartei SP – auf harsche Kritik.
Yvonne Apiyo Braendle-Amolo hat vieles erreicht: Ihre Arbeit als Regisseurin brachte ihr im vergangenen Jahr den venezianischen «Art Laguna»-Preis ein, an der diesjährigen Biennale durfte sie im kenianischen Pavillon ausstellen.
Auch in der Politik ist sie auf dem Vormarsch: Auf dem 26. Listenplatz steigt sie ins Rennen um einen Nationalratssitz für die SP, deren Sektion Kreisgemeinde Weiningen sie präsidiert. Zudem ziert sie in der gestern erschienenen Ausgabe des Migros-Magazins, einer der auflagenstärksten Publikationen der Schweiz, die Titelseite. Grund genug für die SP Oberengstringen, die Schweizerin mit kenianischen Wurzeln als Rednerin für die Bundesfeier anzufragen.
Am vergangenen Sonntag dann, drei Wochen vor dem Nationalfeiertag, richtete sich Braendle-Amolo an ihre Facebook-Fangemeinde. In einer Statusmeldung liess sie verlauten, dass sie viel negatives Feedback auf ihre bevorstehende Rede erhalten habe. «Trotz all der Negativität bin ich voller Demut und fühle mich geehrt, die erste weibliche, schwarze 1.-August-Rednerin zu sein», sagt sie. Rund 130 Facebook-Freunde quittierten dies mit einem «Like».
Die anstehende Bundesfeier in Oberengstringen ist nicht die erste, die für eine Kontroverse sorgt. Zuletzt war Urdorf Ort des Geschehens. Wenige Tage vor der 1.- August-Feier 2005 lud der damalige Gemeindepräsident Werner Gutknecht SVP-Hardliner Ulrich Schlüer als Redner aus. Grund: «Mit den Festreden sollten alle Bevölkerungskreise angesprochen werden», sagte Gutknecht damals. Die Exekutive wolle keine Plattform für eine «ideologisch gefärbte Veranstaltung» geben. Diese Entscheidung sorgte damals schweizweit für Aufsehen. Die Exekutive und die Ortsparteien, turnusgemäss dürfen diese Redner einladen, einigten sich darauf, dass klar signalisiert wird, auf wessen Einladung die Redner nach Urdorf kommen. Ein Jahr später kam der SVP erneut die Ehre zu, einen Redner einzuladen. Es war Ulrich Schlüer. (aru)
Auf Anfrage erläutert die Weiningerin, dass die Kritik nicht direkt bei ihr eingegangen sei, sondern beim Vorstand der Oberengstringer SP-Sektion. Unter anderem hätten die Kritiker moniert, dass man es nicht gut finde, eine schwarze Rednerin zu haben und dass sich die SP in einer «komischen Phase» befinde, sagt sie. Pikant daran: Eine der schärfsten Kritikerinnen sei, so Braendle-Amolo, ein älteres SP-Mitglied aus Oberengstringen.
Josef Egger vom Vorstand der SP Oberengstringen bestätigt die negativen Stimmen. «Seit bekannt ist, dass Braendle-Amolo bei uns die 1.-August-Rede hält, sind mir ein paar abschätzige Kommentare zu Ohren gekommen», so Egger. Ob es denn ausgerechnet eine Schwarze sein müsse, die am Nationalfeiertag spricht, fügt er beispielhaft an. Darauf dürfe man jedoch nicht allzu viel geben, sagt er, denn überwiegen würden noch immer die erfreuten Stimmen über den Auftritt.
Walter Kunz, Vorstandsmitglied der SP Oberengstringen, hat Verständnis für die Kritik: «Fremdenfeindlichkeit ist in der Schweiz weit verbreitet. Dass es einer Seniorin unwohl ist mit einer schwarzen 1.-August-Rednerin, ist auch in der SP eine Realität», sagt er auf Anfrage. Die SP Oberengstringen sei stolz, Braendle-Amolo als Rednerin gewonnen zu haben: «Sie hat viele gute Ideen.» Zudem sei es sicherlich positiv, dass am Nationalfeiertag Redner zu Wort kommen, die nicht hier geboren sind und somit eine gewisse Aussensicht auf die Schweiz ermöglichen.
Braendle-Amolo habe als Reaktion darauf sämtliche Gefühlslagen durchgemacht, wie sie sagt: von Trauer über Enttäuschung bis hin zur Motivation. «Ich sehe meine Rede an dieser Feier als wunderbare Gelegenheit, ein anderes Bild von Menschen mit ausländischen Wurzeln zu zeigen», sagt sie. Es wäre schön, wenn man offener gegenüber Schwarzen wäre.» Vom Vorstand der SP Oberengstringen habe sie sich stets gut unterstützt gefühlt.
Dass es hin und wieder negative Stimmen gebe, sei allen bewusst, sagt die Filmemacherin. «Ich weiss, dass ich meine Ecken und Kanten habe und nicht überall beliebt bin. Beliebt sein ist auch nicht mein Ziel.» Diese Episode habe sie dazu motiviert, sich für ihre Rede vom 1. August noch mehr Mühe zu geben. «Ich freue mich auf den Nationalfeiertag und nehme diese Gelegenheit sehr ernst.»
Zur 1.-August-Rede von Yvonne Apiyo Braendle-Amolo lesen Sie ebenfalls den Kommentar von Jürg Krebs, Chefredaktor der Limmattaler Zeitung.