Steuerfuss
Wachstum setzt den Limmattaler Gemeinden weiter zu

Obschon vielerorts die Steuern nicht erhöht werden, ist die Situation angespannt.

Sandro Zimmerli
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Blick vom Rebbgerg durch das Limmattal: Zuletzt haben im Jahr 2014 einzelne Gemeinden ihren Steuerfuss gesenkt.

Blick vom Rebbgerg durch das Limmattal: Zuletzt haben im Jahr 2014 einzelne Gemeinden ihren Steuerfuss gesenkt.

Urs Blickensdorfer

Auf 2014 hin reduzierte die Stadt Schlieren ihren Steuerfuss um 5 Punkte auf 114 Prozent. Dies war das letzte Mal, dass im Bezirk Dietikon eine Gemeinde ihre Steuern senkte. An diesem Umstand wird sich auch für kommendes Jahr nichts ändern. Immerhin bleibt der Steuerfuss für 2017 aber in sieben der elf Bezirksgemeinden unverändert. In vieren – Unterengstringen, Weiningen, Geroldswil und Oetwil – wird er je um ein Prozent steigen. Grund dafür ist eine Steuerfusserhöhung bei der Oberstufenschulgemeinde.

Vor einem Jahr sah dies noch deutlich anders aus. In Oberengstringen wurde der Steuerfuss um 7, in Uitikon um 6 und in Dietikon und Unterengstringen je um 5 Prozent angehoben. Auch Weiningen war von einer Erhöhung um 3 Prozent betroffen. Dass sich die Steuerfüsse im Vergleich dazu kommendes Jahr weniger stark verändern werden, heisst jedoch nicht, dass sich die finanzielle Lage überall verbessert hätte. Vielerorts bleibt sie nämlich weiterhin angespannt. Etwa in Dietikon.

Die Stadt hat zwar auf eine Steuerfusserhöhung verzichtet, damit aber auch ein Defizit von gut 4 Millionen Franken in kauf genommen. Dieses Vorgehen ist als finanzpolitische Kehrtwende zu verstehen. Denn es bedeutet, dass Dietikon im nächsten Jahr auf den individuellen Sonderlastenausgleich und damit auf Millionen vom Kanton verzichtet. Dieses Jahr etwa brachte er der Stadt zusätzlich knapp 9 Millionen Franken ein. Damit einher geht jedoch die Verpflichtung, den Steuerfuss auf einen Mindestwert anzuheben. Für 2017 wären das 130 Prozent gewesen. Der Stadtrat wollte jedoch nicht schon wieder die Steuern erhöhen. Damit wolle er ein Zeichen setzen und wieder unabhängig werden, sagte Finanzvorstand Rolf Schaeren in der Budgetdebatte.

Auch im immer noch wachsenden Schlieren verzichtet man auf eine Steuerfusserhöhung, dies bei anhaltend hohen Investitionen. Für nächstes Jahr sind 33,5 Millionen veranschlagt. Wobei 13,5 Millionen Franken für den Bau des Schulhauses Reitmen benötigt werden. Die hohe Investitionstätigkeit hat zur Folge, dass sich die Stadt weiter verschulden wird. Für 2017 rechnet der Stadtrat mit einer Nettoschuld von 4200 Franken pro Einwohner. Im Budget 2016 lag dieser Wert noch bei 3245 Franken pro Kopf.

Schulgemeinden unter Druck

Gänzlich anders präsentiert sich die Situation in Oetwil. Seit dem 1. Dezember ist die Gemeinde schuldenfrei – zum ersten Mal, seit sie ihre Finanzbewegungen festhält. Das tut sie immerhin schon seit 1900. Nach wie vor angespannt ist hingegen die Lage bei der Primarschule Oetwil-Geroldswil. Auf 2015 hin wurde dort der Steuerfuss um 5 Prozent angehoben, weil es die Schulpflege nicht verantworten wollte, erneut ein Defizit in der Höhe von einer Million Franken oder mehr zu schreiben.

Steigende Schülerzahlen und hohe Investitionen belasten den Haushalt, das Sparpotenzial ist praktisch ausgeschöpft, da ein Grossteil der Kosten durch den Kanton vorgegeben ist. Doch auch für 2017 wird mit einem Verlust von 550 000 Franken gerechnet. Geht es so weiter, ist das Eigenkapital bald aufgebraucht. Das schwindende Eigenkapital war auch der Grund dafür, dass die Oberstufe Weiningen – die Unterengstringen, Weiningen, Geroldswil und Oetwil umfasst – ihren Steuerfuss um 1 Prozent anheben musste. Denn nach der Senkung des Steuerfusses um 2 auf 15 Prozent ab Rechnungsjahr 2013 wurde das Eigenkapital zwar wie geplant reduziert, allerdings in grösserem Umfang als erwartet.

Schwierig sieht die Situation in Urdorf aus. Dort wollte die Schulpflege den Steuerfuss um 3 Prozent erhöhen. «Der Schulbetrieb ist mit dem aktuellen Steuerfuss nicht längerfristig zu finanzieren», sagte Finanzvorsteherin Irmgard Struchen an der Gemeindeversammlung. Die Rechnungsprüfungskommission befürwortete diesen Schritt, schlug jedoch vor, im Gegenzug den Steuerfuss der politischen Gemeinde um 3 Prozent zu senken.

Der Steuerfussabtausch wurde von der Gemeindeversammlung jedoch verworfen. Dies nicht zuletzt weil sich auch sämtliche Parteien gegen eine Steuererhöhung bei der Schule aussprachen. Der Schritt sei «verfrüht» und kontraproduktiv, fand etwa die SP. Die CVP bezeichnet die Steuererhöhung als «kurzfristige Symptombekämpfung», die die strukturellen Finanzprobleme nicht lösen würde. SVP und FDP verweisen zudem darauf, dass die politische Gemeinde sehr diszipliniert budgetiert und das Sparpotenzial ausgeschöpft habe. Darum sei auch ein Steuerfussabtausch abzulehnen.

Optimismus in Unterengstringen

Optimistischer als bei der Schule Urdorf blickt man etwa bei der politischen Gemeinde Unterengstringen in die Zukunft. Mittelfristig sieht die Finanzplanung eine Steuerfusssenkung, da die Steuererträge laufend zunehmen und damit auch das Eigenkapital in den nächsten Jahren wieder ansteigen wird. Anders sieht es bei der Schule aus. Aufgrund steigender Schülerzahlen muss der Steuerfuss eher erhöht werden. Zuerst gilt es jedoch abzuwarten, ob die Stimmbürger am 12. Februar der Bildung einer Einheitsgemeinde zustimmen und dadurch für neue Voraussetzungen sorgen.

Auch in Geroldswil scheint eine Steuerfusssenkung nicht ausgeschlossen. Sagt die Stimmbevölkerung am 21. Mai Ja zum 30-Millionen-Franken-Baukredit für die Überbauung auf dem heutigen Kiesplatz, winken der Gemeinde ab 2020 jährliche Einnahmen von einer Million Franken.