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Region (LiZ)
Limmattal
Ferien auf der eigenen Terrasse statt im Ausland: Das Geschäft im Gartencenter Hoffmann in Unterengstringen floriert dank Corona. Bei einem Rundgang durch das Limmattaler Pflanzenparadies zeigt Ralph Hoffmann die Must-haves der Gartensaison 2021.
Die pinkfarbene Hortensie landet nach strenger Begutachtung im Einkaufswagen. Gleich ergeht es einem Rosmarinstöckchen, das neben vielen anderen Küchenkräutern den Weg zu Bonsais und Terrakotta-Töpfen säumte. Die Frühlingssonne scheint durchs gut besuchte Gartencenter Hoffmann in Unterengstringen. «Die Leute kaufen diese Saison viel früher als sonst bei uns ein. Normalerweise warten viele die Eisheiligen im Mai ab, doch dieses Jahr ging es schon im Februar los», sagt Ralph Hoffmann. Er und sein Bruder Michael führen das 115 Jahre alte Familienunternehmen in vierter Generation.
«Unser Vater ist immer noch Miteigentümer und schaut von seiner Terrasse aus nach dem Rechten», sagt Hoffmann mit einem Grinsen und blickt zum Gebäude oberhalb des Gartencenters hoch. Wer Qualitätspflanzen oder hochwertige Töpfe sucht, wird im Unterengstringer Geschäft garantiert fündig. Die 12'000 Quadratmeter grosse grüne Oase ist über das Limmattal hinaus bekannt und gilt in der ganzen Schweiz als Topadresse für Gartenliebhaber.
Seit Anfang Jahr werden die Hoffmanns regelrecht überrannt. Nicht nur für Pflanzen und Blumen interessiert sich die Kundschaft. Viele erkundigen sich nach Gartenkonzepten. «Wir kommen kaum nach mit den Anfragen für Gartenplanungen», sagt Hoffmann. Der 52-Jährige gestaltet Gärten mit Hilfe von Partnern wie etwa Gartenmöbel-Firmen oder Poolbauern. «Seit Ausbruch der Coronapandemie sind die Leute wild auf das Gartenthema. Auch solche, die sich davor gar nicht damit beschäftigt haben.»
Den Grund dafür sieht Hoffmann im Homeoffice. «Man musste monatelang auf die kahlen Stellen im Garten und auf dem Balkon schauen. Die will man nun füllen.» Und auch die Reiseeinschränkungen treiben die Menschen in die Gartencenter und Baumärkte. «Die Kompensation der Ferien findet im Eigenheim statt», sagt Hoffmann. Mit einem verschönerten Aussenraum hole man sich Urlaubsstimmung nach Hause. Weil Reisen nur schlecht möglich sei, investiere man mehr in die Begrünung des Eigenheims. Es sei wertvoller geworden. Deshalb stellt Hoffmann fest, dass vermehrt auf Qualität gesetzt wird. «Sehr trendy sind zum Beispiel hochwertige Töpfe und Gefässe. Wo früher nur die Pflanze im Mittelpunkt und vielleicht nur in einem Plastikbehälter stand, zählt heute das Aussehen des Gefässes ebenso.»
Generell hat der Verkauf von Topfpflanzen zugenommen. Für Hoffmann nicht verwunderlich: «Heutzutage gibt es viele Terrassenwohnungen und immer mehr kommen hinzu. Eine Topfpflanze eignet sich am besten dafür.» Im Gartencenter ist die Auswahl an Töpfen gross. Neben altbewährten Terrakotta-Gefässen finden sich diverse Keramikgefässe in Naturtönen. «Diese hier stammen aus Indonesien. Weil sie mit dem Schiffscontainer transportiert werden, muss ich sie jeweils ein halbes Jahr vorher bestellen», sagt Hoffmann und zeigt auf die wuchtigen Töpfe aus Lavastein. «Einer kostet je nach Grösse mehrere tausend Franken. Das sind die Mercedes unter den Pflanzenbehältern.»
Die grosse Nachfrage bringt aber auch Schwierigkeiten. «Töpfe und beliebte immergrüne Gewächse wie Heckenpflanzen sind teilweise nur noch schwer zu kriegen», sagt Hoffmann. Da die Gartenbranche in ganz Europa einen Boom erlebe, könnten Lieferanten und Pflanzenzüchter kaum Schritt halten. Hinzu kommt, dass sich die Lieferketten wegen der Reise- und Flugeinschränkungen verzögern. Engpässe zeigten sich zum Beispiel beim Duftblütenstrauch. «Die Pflanze ist seit Anfang Jahr beinahe europaweit ausverkauft. Die Popularität hat sie nicht nur ihren wunderbar duftenden Blüten, sondern auch der Eigenschaft als super Ersatzpflanze für den Buchs zu verdanken. Letzterer hat seit Jahren gegen den Buchsbaumzünsler zu kämpfen», sagt Hoffmann.
Seit dem Ausbruch der Pandemie wird vermehrt Wert auf Produkte aus Europa oder der Schweiz gelegt. «Früher wurden vielfach billige Granitsteine aus China beim Gartenbau verwendet. Heute werden Natursteine aus Österreich, Granit aus Portugal oder Kalksteine aus Irland und Kroatien bevorzugt», sagt Hoffmann. Es sei ein Trend weg von der Globalisierung und der Abhängigkeit von Asien zu spüren.
Hoffmann schreitet an hellgrünen Sträuchern und Ahornbäumchen vorbei. Eine Tendenz hin zu grossen Pflanzen zeichne sich ebenso ab, sagt er. «Viele Kunden wünschen sich einen fixfertigen Garten mit grossen Bäumen und Pflanzen. Sie haben keine Geduld, Jahre oder Jahrzehnte zu warten, bis der Garten heranwächst. Obwohl dies aus ökologischer Sicht für die Natur besser wäre.» Das bedeute dann aber auch, dass mehr Geld ausgegeben werden müsse. «Eine zwei Meter hohe Eibe kostet mehrere hundert Franken, ein 30 Zentimeter grosser Eiben-Strauch nur einen Bruchteil davon.»
Hochbeete werden laut Hoffmann immer beliebter. «Vor allem junge Familien schaffen solche an, um mit den Kindern zu gärtnern. Aber es gibt auch viele Erwachsene und ältere Personen, die selbst Freude daran haben, zuzusehen, wie etwas wächst und gedeiht.» Als Selbstversorger Gemüse und Früchte vom eigenen Garten essen zu können und zu sehen, dass zum Beispiel Tomaten am Strauch wachsen und nicht aus dem Einkaufssäckchen kommen, sei für viele ein tolles Gefühl.
Das Bewusstsein für die Natur und die Umwelt ist gestiegen, ist sich Hoffmann sicher. «Es gibt immer mehr Kunden, die Bienenweiden und Schmetterlingsgärten anlegen möchten und sich bei uns nach den geeigneten Pflanzen dafür erkundigen.» Empfohlen werden ihnen Pfaffenhütchen oder Brennnesseln. «Raupen dienen sie als Futter. Zudem verpuppen sich einige gerne daran. Doch ich warne die Kundschaft auch. Die durch die Insekten abgefressenen Sträucher sehen nicht schön aus.» Doch das sei der Kompromiss, den man eingehen müsse, wenn man etwas für die Natur tun wolle, sagt Hoffmann. Auch Insektenhotels und Hummelkästen werden im Gartencenter zuhauf verkauft. «Die vielen Berichte und Dokumentationen vom Bienensterben zeigen Wirkung. Manche wollen damit einen Beitrag leisten, das zu stoppen.»
Im Zusammenhang mit dem Trend zu mehr Umweltbewusstsein empfiehlt Hoffmann seinen Kundinnen und Kunden oft den Tierlibaum. «Fast 50 Lebewesen profitieren von diesem zart gelb blühenden Strauch. Schmetterlinge legen ihre Eier darauf ab, Insekten wie Bienen oder Hummeln ernähren sich vom Nektar der Blüten, Vögel nisten darin und fressen im Herbst die Beeren.» Der 52-Jährige hofft, künftig mehr Exemplare davon in den Schweizer Gärten zu sehen. Im Gegensatz zur Forsythie, die im Frühling mit ihren knallgelben Blüten hervorsticht. «Die Natur profitiert null von dieser Pflanze. Sie bildet nur selten Pollen oder Nektar und ist deshalb für Insekten wie Bienen und Hummeln als Nahrungslieferant wertlos», erklärt Hoffmann. Zudem passe sie farblich nicht ins Gefilde.
Eine ähnliche Abscheu empfindet er gegenüber der Hanfpalme, die vor allem im Tessin invasiv verbreitet ist. «Sie ist eine grobschlächtige Pflanze und gehört mit ihren plumpen Blättern nicht hierher.» Weil sie eine mediterrane Atmosphäre verbreite, sei sie leider dennoch beliebt. «Daher haben wir sie und auch die Forsythie im Angebot. Doch ganz weit hinten», sagt Hoffmann und lacht. Er mustert ein Rollgestell mit Oleandern, das in der Nähe des Eingangs steht. Es ist dem Perfektionisten ein Dorn im Auge. «Das muss alles noch schön eingeräumt werden. Schliesslich eröffnen wir morgen offiziell unseren Showgarten im Gartencenter», sagt Hoffmann. Werbung muss wohl keine dafür gemacht werden. Hobbygärtner werden den Sonntag nutzen, um die Begrünung ihrer Heime voranzutreiben.