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Region (LiZ)
Limmattal
Viel Gejammer und doch gibts Gegenwind: Im Interview verrät Standortförderer Adrian Ebenberger, wie er das Feuer unter dem Dach der Dietiker Detaillisten löschen will.
Dietikon hat es nicht leicht. Den Detaillisten im Zentrum geht es schlecht, der Bau der Limmattalbahn bringt viel Lärm und Ärger. Da ist Feuer unter dem Dach und der Standortförderer ist gefragter denn je. Er muss sich der schwierigen Herausforderung stellen, diese Brandherde zu löschen. Und das heisst: die Wirtschaft fördern, das Zentrum beleben und den Detailhandel retten. Seit Mitte August 2018 nimmt sich Adrian Ebenberger dieser Herkulesaufgabe an.
Adrian Ebenberger, welche Stärken der Stadt haben Sie in Ihrem Amt kennengelernt?
Adrian Ebenberger: Dietikon zeichnet sich durch seine kulturelle Vielfalt aus. Das drückt sich sowohl auf der Strasse als auch im abwechslungsreichen Restaurantangebot aus. Die Stadt ist eine kulturelle Hochburg, das beweist etwa das Gleis 21 mit diversen Veranstaltungen. Zudem haben wir hier eine junge Wahlbevölkerung, was von einem gesunden Wachstum zeugt. Die Stadt ist ein verkehrstechnischer Knotenpunkt und liegt doch in einem grünen Gürtel.
Wie wollen Sie diese Stärken weiter ausbauen?
Indem wir beispielsweise Dietikon als Wirtschaftsstandort stärken. Wir möchten Unternehmen im Bereich Umwelt und Energie ansiedeln, die neue Arbeitsstellen schaffen. Dazu bin ich beispielsweise in Verhandlungen mit den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ). Zudem soll sich die Stadt dieser Stärken bewusst werden. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung diese Vorteile auch kennt und sich mit Dietikon identifizieren kann. Aktuell beschäftigen mich aber andere Themen. Ich muss mich mit den Problemen dieser Stadt befassen. Der Handlungsdruck hat sich erhöht.
Wo sehen Sie denn diese Probleme?
In Dietikon konzentriere ich mich auf drei Themenfelder: Wirtschaftsförderung, Stärkung des Detailhandels und Entwicklung des Stadtzentrums.
Welcher dieser Bereiche hat das grösste Verbesserungspotenzial?
Im Detailhandel brennt es. Unter anderem weil sich das Kaufverhalten der Bevölkerung stark verändert hat – Kunden kaufen eher online ein oder betreiben Einkaufstourismus. Das schadet dem Umsatz. Auch der Bau der Limmattalbahn geht an niemandem spurlos vorbei. Im Zentrum sehe ich ein grosses Verbesserungspotenzial.
Weshalb?
Unser Zentrum ist kein Vorzeigemodell. Wir haben keine Altstadt und keinen historischen Kern, der zum Flanieren einlädt. Im öffentlichen Raum fehlt es an einladenden Aufenthaltszonen. Da sehe ich Handlungsbedarf.
Wo setzen Sie da an?
Meine Vorstellung ist es, das Angebot im Zentrum zu bündeln. Das heisst, etwa Ärztehäuser, Kulturhäuser oder Gastrozonen zu schaffen. Wenn wir die Bevölkerung wieder ins Zentrum holen wollen, müssen wir es beleben und attraktiver gestalten. Die Leute müssen ihre Einkäufe wieder in der Stadt tätigen wollen.
Adrian Ebenberger bringt die nötige Erfahrung aus seinen sechs Jahren als Standortförderer für die Stadt Wetzikon mit. Durch die kantonale Standortförderung kam er mit seinem Vorgänger in Kontakt. Dieser bat ihn um eine externe Beurteilung der Standortförderung in Dietikon. Ein Ziel davon war es, eine Wirtschaftsstrategie zu erarbeiten und diese so vorzubereiten, dass sie von jemandem übernommen werden könnte. Von Stadtpräsident Roger Bachmann kam dann die Anfrage für ein längerfristiges Engagement, weil sich Ebenberger mit der Materie bereits vertraut gemacht und Beziehungen geknüpft habe. Ein Bewerbungsverfahren gab es deshalb nie. Von Montag bis Mittwoch arbeitet Ebenberger für die Stadt, die restliche Zeit widmet er sich seiner eigenen Kommunikationsfirma und seiner Familie in Wädenswil. (sku)
Was heisst das konkret?
Zunächst müssen wir dafür sorgen, dass die Vorzeigeläden in Dietikon überleben. Ein gutes Beispiel dafür ist das Libergy, das eine grosse Bedeutung für die Angebotsqualität des Zentrums hat. Wir konnten für das Reformhaus eine Mietzinsreduktion erwirken und einen Partner finden, der mit dem Ladenbesitzer ein Shop-in-Shop-Konzept realisiert. Auf Wunsch des Jugendparlaments führe ich zudem Verhandlungen, um einen Burger King im Zentrum anzusiedeln. Seit dem vergangenen Herbst zielt auch das «Mitenand für Dietike» darauf ab, das Zentrum zu beleben. Unter diesem Projekt laufen derzeit diverse Aktionen wie etwa das Rabattsystem mit den Dietiker Wäppli, Kunst und Kulinarik in leer stehenden Gewerberäumen oder Bänke, die wir mit witzigen Sprüchen versehen.
Das sind viele Aufgaben für eine einzelne Person.
In der Tat. Deshalb suche ich derzeit eine neue Assistentin. Meine Ressourcen sind zeitlich und finanziell beschränkt. Aber in meinem Beruf ist es viel relevanter, die richtigen Hebel zu tätigen, als eine gewisse Anzahl Stunden zu erreichen. Ich muss dort aktiv sein, wo es mich am ehesten braucht. Deshalb muss ich selektieren und die verfügbare Zeit da einsetzen, wo sie für die Stadt am sinnvollsten ist.
Und was ist mit der Limmattalbahnbaustelle?
Wir sind uns bewusst, dass der Detailhandel entlang der Baustelle leidet. Wir wollen die Zeit während des Baus mit Projekten überbrücken, von denen das Zentrum profitieren kann. Aber man muss auch sehen, dass die Bahn eine grosse Chance für die Stadt ist.
Inwiefern?
Die Peripherie wird besser ans Zentrum angeschlossen und die Zirkulation wird durch den öffentlichen Verkehr einfacher. Viele werden künftig auf ihr Auto verzichten. Das wird dem Zentrum und entlang der Quartiere einen Aufschwung geben.
Das Zentrum musste kürzlich einen herben Schlag einstecken: Die Vereinigung Zentrum Dietikon löste sich auf, weil die Stadt ihre Geschäftsstelle nicht mehr länger finanzierte.
Die Stadt und die Vereinigung hatten verschiedene Vorstellungen was die Zusammenarbeit betrifft. Die Stadt wollte zudem nicht länger auf die Forderungen der Vereinigung eingehen. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Können Sie die Lücke schliessen, die die Vereinigung hinterlässt?
Wir führen ja bereits die Märkte weiter, die vorher die Vereinigung organisiert hat. Sie sind ein wichtiger Treffpunkt für die Bevölkerung. Deshalb wird es diese Märkte auch in Zukunft geben. Ausserdem stehen wir in engem Kontakt mit den Detailhändlern.
Wie sieht dieser Kontakt konkret aus?
Der Stadtpräsident und ich besuchen Detaillisten und Gewerbe regelmässig. Er setzt sich sehr dafür ein, dass sich die Stadt weiterentwickelt. Wir planen in diesem Jahr einen «ImmoDialog», zu dem wir die Grundbesitzer und die Detaillisten einladen. Denn wenn wir das Zentrum wieder beleben wollen, müssen wir alle gemeinsam an einem Strick ziehen. Aber das gestaltet sich teilweise schwierig.
Weshalb?
Weil viel gejammert wird. Wenn es aber darum geht, sich aktiv an etwas zu beteiligen, stossen wir oft auf Widerstand.
Das erleben wir aktuell mit der Rabattmarkenaktion, an der sich gerade einmal 20 Prozent der Detaillisten beteiligen. Das ist enttäuschend. Der Stadt fehlen die finanziellen Mittel, um den Läden mit Steuergeldern unter die Arme zu greifen. Deshalb braucht es Leute, die bereit sind, Dietikon voranzutreiben. So funktioniert meine Arbeit: Ich unterstütze da, wo Ideen und der Wille, diese Ideen umzusetzen, vorhanden sind. Mit solchen Menschen, die einen Funken in sich tragen, der ansteckt, möchte ich gerne ein Netzwerk aufbauen.
Aus welchem Grund haben Sie das Mandat angenommen, obwohl es anfangs nur eine Übergangslösung geplant war?
Die Aufgabe hat mich gereizt. Nicht etwa nur wegen der vielfältigen Herausforderungen, die in den nächsten Jahren anstehen. Ich bin kein Schönwettermensch, ich stelle mich diesen Herausforderungen gerne. Ich habe die Stelle auch angenommen, weil ich in Dietikon aufgewachsen bin. Mein Herz schlägt für diese Stadt.