Limmattal
Ungenügende Betreuung: Oberengstringen bricht mit Asylorganisation

Die Gemeinde Oberengstringen wird bei der Betreuung ihrer Asylsuchenden nicht länger auf die Dienste des Asylorganisation Zürich (AOZ) zurückgreifen.

Alex Rudolf (Text und Foto)
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Das Asyldörfli Lanzenrain erfährt nebst einer sanften Sanierung auch einen Führungswechsel: Die Gemeinde schreibt 120 Stellenprozente aus.

Das Asyldörfli Lanzenrain erfährt nebst einer sanften Sanierung auch einen Führungswechsel: Die Gemeinde schreibt 120 Stellenprozente aus.

Alex Rudolf

Wie Sozialvorstand Kurt Leuch (Forum Engstringen) auf Anfrage bestätigt, wurde das Mandat auf Ende Jahr gekündigt. Der Grund: «Mit denselben finanziellen Mitteln erhoffen wir uns eine noch bessere Integrationsleistung erbringen zu können, wenn wir das Ruder selbst in die Hand nehmen», so Leuch.

Die externe Betreuung der Asylbewerber durch die AOZ bringe einige Nachteile. «In der Unterkunft waren die Asylsuchenden zu wenig vertraut im Umgang mit den vorhandenen Einrichtungen und sanitären Anlagen», sagt er. Werden die Asylsuchenden vorübergehend aufgenommen, dann ist die kommunale Sozialhilfe für die Betreuung verantwortlich. «Dieser Übergang war für den Sozialdienst aufwendig», so Leuch. So mussten alle Aufgenommenen nochmals neu im System erfasst werden. Diese seien zudem oft nicht ausreichend mit den hiesigen Gepflogenheiten vertraut gewesen. «Sind die Asylsuchenden in den zugemieteten Wohnungen zu laut oder wissen nicht, wie das Abfallwesen funktioniert, dann sind Konflikte mit der eingesessenen Bevölkerung vorprogrammiert», so Leuch.

AOZ sehr überrascht

Thomas Kunz, Direktor der AOZ, war von der Kündigung «sehr überrascht». Diese sei unvermittelt und ohne irgendeine Begründung gekommen. «Es ist das erste Mal, dass eine Gemeinde die Leistungsvereinbarung mit der AOZ auflöst», so Kunz. Im Jahr 2012 hätten mit der Revision des Sozialhilfegesetzes zwar einige Gemeinden Teilaufträge von der AOZ abgezogen, das Auflösen eines ganzen Mandates sei aber ein Novum. Zu Vorwürfen Stellung beziehen, von denen er über die Limmattaler Zeitung erst erfuhr, möchte er nicht.

«Wir erwarten, dass wir das mindestens kostenneutral umsetzen können.» Kurt Leuch Sozialvorstand Oberengstringen

«Wir erwarten, dass wir das mindestens kostenneutral umsetzen können.» Kurt Leuch Sozialvorstand Oberengstringen

Limmattaler Zeitung

Komfortabler Verteilschlüssel

Die Gemeinde hat bereits zwei Stellen ausgeschrieben. Ein Pensum von 80 Prozent ist für einen Sozialarbeiter im Asylzentrum Lanzrain und eine 40-Prozent-Stelle für die Administration vorgesehen. «Die Betreuung der Asylsuchenden durch die AOZ war zu wenig intensiv», sagt Leuch und verweist darauf, dass mit der Stelle des Sozialarbeiters das Pensum für die zwischen 25 und 35 in Oberengstringen untergebrachten Asylsuchenden rund verdoppelt wird im Vergleich zum Pensum der AOZ.«120 Stellenprozente für zwischen 25 und 35 Asylsuchende ist ein äusserst komfortabler Verteilschlüssel», sagt Thomas Kunz von der AOZ auf Anfrage.

Oberengstringen rechnet nicht mit Mehrkosten durch diese Aufstockung. Leuch: «Wir erwarten, dass wir das mindestens kostenneutral umsetzen können.» Wie dies möglich ist, kann auch er sich nicht ganz erklären. «Wir haben von der AOZ eine detaillierte Kostenauflistung verlangt. Diese haben wir zwar erhalten», so Leuch weiter, «sie war aber ziemlich intransparent und schwierig nachzuvollziehen.» Das Fazit der Exekutive lautete: «Wir können eine intensivere Betreuung der Asylsuchenden und der vorläufig Aufgenommenen mit denselben Kosten erreichen.» Zu den Vorwürfen der Intransparenz der Kostenauflistung möchte Thomas Kunz keine Stellung nehmen.

Zusammenarbeit mit AOZ galt als «zeitgemässe Lösung» im Asylwesen

Mit der Pensionierung des damaligen Oberengstringer Asylbetreuers Herbert Schweizer wurde im Jahr 2007 die AOZ (Asylorganisation Zürich) mit dieser Aufgabe betraut. Dabei handle es sich um eine zeitgemässe Lösung, da grosse Organisationen besser auf sich verändernde Aufwände im Asylwesen reagieren könnten und auch Ferienablösungen besser zu koordinieren seien, hiess es vom damaligen Oberengstringer Sozialvorstand Hanspeter Seiler. Rund zwei Monate später Anfang 2008 lagerten auch die übrigen Gemeinden rechts der Limmat diese Aufgaben an die AOZ aus. (aru)

Ist der Oberengstringer Entscheid richtungsweisend für die restlichen Gemeinden rechts der Limmat? Schliesslich folgten sie dem Oberengstringer Mandat auf den Fuss und lagerten die Asylsuchenden-Betreuung ebenfalls zu der AOZ aus (siehe Box). Thomas Kunz hat keine Bedenken: «Von den anderen Mandatsgemeinden haben wir keine entsprechenden Hinweise erhalten und die Feedbacks sind in der Regel positiv.» Dass die restlichen Gemeinden rechts der Limmat nichts zu beanstanden haben, zeigt eine Umfrage in den Sozialabteilungen. Unterengstringens Vize-Gemeindepräsident René Rey (FDP) sagt auf Anfrage, dass eine Kündigung der AOZ-Verträge derzeit kein Thema sei. Auch in Oetwil, Geroldswil und Weiningen stehe dies nicht zur Debatte.