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Limmattal
Seit 2006 ist Josef Bruhin Präsident des Familiengartenvereins «In den Weinreben» in Dietikon. «Konsequent und korrekt», ein Vermittler. So bezeichnet er sich selbst. Bruhin.über sein Präsidentenamt im Familiengartenverein.
Dunkel gebeiztes Täfer, eine Eckbank aus Massivholz, Gartenschirme hinter dem Möbel mit der Vitrine, der Jassteppich an der Wand. Das ist das Reich von Josef Bruhin, Präsident des 1963 gegründeten Familiengartenvereins «In den Weinreben» in Dietikon. Das Gartenhäuschen auf Parzelle 85, drei auf sechs Meter gross, mit einer Pergola. Es heisst «Camajo».
Bruhin ist seit 2006 Präsident des Familiengartenvereins. «Konsequent und korrekt», ein Vermittler. So bezeichnet er sich selbst. Er sei sich bewusst, dass sein Ruf unterschiedlich gut sei. «Aber recht machen kann man es schliesslich ohnehin nicht allen, oder?» Er sei aber sicher offen und alles andere als stur. Manchmal rede und vermittle er fast ein bisschen zu viel. Ist er einer der Präsidenten, die mit dem Klappmeter durch die Gärten schleichen und Verstösse notieren? Bruhin lacht und schüttelt heftig den Kopf. Solche Zeiten habe er erlebt; «aber ich lasse den gesunden Menschenverstand walten».
Trotz all der Idylle muss auch Bruhin manchmal auf den Tisch klopfen. Kein Pardon kennt er bei den Themen Fernseher oder Bett: «Fernseher sind hier nicht angebracht, und Schlafen ist auch verboten.» Für Letzteres fehle schlichtweg die Infrastruktur. «Wenn man nicht von Anfang an ein Minimum an Ordnung und Regeln durchsetzt, endet es im Chaos», ist Bruhin überzeugt.
«Eine sehr gute Durchmischung»
98 Parzellen umfasst der Familiengarten gleich unterhalb des Bruno- Weber-Skulpturenparks, 97 davon sind bewirtschaftet. Rund ein Drittel der Pächter sind Fremdsprachige; beispielsweise Italiener, Portugiesen, Ex-Jugoslawen, Deutsche. «Wir haben eine sehr gute Durchmischung.»
Doch auch in dieser idyllischen Umgebung geht es nicht gänzlich ohne Meinungsverschiedenheiten – auf kleinstem Raum prallen die unterschiedlichsten Kulturen aufeinander. Auch gebe es Pächter, die nicht am Vereinsleben interessiert seien und sich nicht daran beteiligen. «Bei uns werden die zwischenmenschlichen Beziehungen gepflegt. Aber je mehr Fremdsprachige bei uns pachten, desto weniger lebt der Verein.» Sie kämen nicht an die Generalversammlungen und blieben auch den Festlichkeiten fern. Sprachhürden seien dabei nicht das Problem, sagt Bruhin und zuckt mit den Schultern. «Sie möchten einfach ihren Garten bewirtschaften und nicht mehr.»
Bruhin schlendert über die sauber gejäteten Kieswege. Meisliweg heisst einer, Sumpfweg, Rosenweg, Stolperweg und Sunneweg die anderen. In den Gärten karren die Pächter Erde herum, schleppen Giesskannen, rupfen Unkraut. Einer holt die Fahne ein, die am Mast zerrt. Ein Gewitter zieht auf. Und jeder grüsst jeden herzlich, hält für einen Schwatz inne. Drei Männer schauen in den dunklen Himmel, die Arme in die Seiten gestützt, unter den verbleichten Dächlikappen lugen weisse Strähnen hervor. «Das gibt nur einen kurzen Sprutz», sind sie sich einig.
Was nebst all der Höflichkeit und Atmosphäre auffällt, ist das Alter der Pächter. Viele sind bereits pensioniert. «Die Überalterung ist im Verein spürbar und offensichtlich», bestätigt Bruhin. Viele Pächter würden die Parzellen bis ins hohe Alter hegen und pflegen und hätten Mühe, sich davon zu trennen. Bruhin kann das verstehen: «Man investiert viel Herzblut und Geld in einen solchen Garten. Für viele ist ein Tag im Garten wie ein Ferientag.» Trotzdem versuche der Verein, frei werdende Parzellen nach Möglichkeit mit jungen Familien zu besetzen.
Wildwuchs bei Häuschenpreisen
Doch die Parzellen der Familiengärten sind sehr beliebt. Auf der Warteliste gedulden sich derzeit 14 Anwärter. Auf Ende Jahr werden fünf Parzellen frei. «Früher gingen die Parzellen unter der Hand weg», erinnert sich Bruhin. Heute hat alles seine Ordnung, alles geht der Reihe nach. «Wir halten uns strikte an die Gartenordnung und die Statuten. Wer sich zuerst beworben hat, bekommt auch zuerst eine Parzelle.»
Wer eine Parzelle pachten will, muss für das 2,5 Aren grosse Grundstück 150 Franken pro Jahr bezahlen. Ein einmaliger Betrag wird für das Häuschen fällig, das der Vorgänger in der Regel dem Nachfolger überlässt. Auch hier wurde dem Wildwuchs von früher Einhalt geboten: Wurden vor ein paar Jahren – je nach Gebot – noch horrende Preise für die Häuschen bezahlt, legt heute eine Schatzungskommission den Übernahmepreis fest. Dieser belaufe sich jeweils auf rund 2000 bis 3500 Franken.
Bruhin steht vor seinem Pflanzblätz. Zwiebeln, Kohl, Lauch, Rhabarber, Fenchel, Kartoffeln; alles wächst in geordneten Bahnen in die Höhe. Viel Arbeit? Bruhin winkt ab. «Wenn man ein, zwei Stunden pro Woche in den Garten investiert, dann reicht das.» Rund zwei Drittel des Gemüses muss er verschenken, weil er es alleine nicht essen kann. «Aber das macht mir auch Freude.» Sowieso ist ihm der Familiengarten seine grösste Freude. «Für mich ist der Garten eine Oase. Eine Oase der Erholung, der Entspannung, ein Platz zum Auftanken.»