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Limmattal
Die Urdorfer Freestylerin Tanja Schärer erklärt, warum sie vom Spitzensport zurückgetreten ist. Und das wenige Wochen vor Saisonbeginn.
Letzte Woche hat Aerials-Spezialistin Tanja Schärer überraschend ihre Karriere beendet. Im Gespräch mit der az Limmattaler Zeitung zeigt sie sich jedoch alles andere als bedrückt.
Wir sind vor wenigen Wochen nach Saas-Fee gefahren, um uns auf die neue Saison im Schnee vorzubereiten. Ich habe bei dieser Vorbereitung gemerkt, dass es zu viele Faktoren gibt, die einen seriösen Trainingsbetrieb unmöglich machen.
Für Aussenstehende mag der Rücktritt überraschend sein, für mich jedoch nicht, denn er ist das logische Ende eines längeren Prozesses. Ich habe mir eine kleine Auszeit genommen, um Abstand zu gewinnen. Dabei bin ich dem Entscheid, den mein Herz schon länger gefällt hat, auch mit dem Kopf gefolgt.
Es waren mehrere Faktoren. Den Ausschlag gegeben hat die Tatsache, dass ich mich nicht mehr 100 Prozent auf die Sprünge konzentrieren konnte. Im Sommer trainieren wir jeweils auf der Wasserschanze in Mettmenstetten, dann folgt der Übergang in den Schnee.
Dieser Übergang fiel mir in diesem Winter besonders schwer. Ich konnte mich nicht mehr nur auf den Sprung fokussieren, sondern musste gedanklich auch noch andere Themen, zum Beispiel äusserliche Faktoren wie den Wind, abarbeiten. Das machte ein seriöses Training im Schnee praktisch unmöglich.
Das stimmt. In der Vergangenheit habe ich diesen jeweils mehr oder weniger problemlos gemeistert. Leider hat es in diesem Winter, trotz anderem Ansatz im Mentaltraining, nicht wie gewünscht geklappt. Ich konnte mich nicht mehr voll und ganz dem Sprung widmen. Das ist bei meiner Sportart nicht gerade ungefährlich. Ich fühlte mich auf der Schanze nicht mehr wohl, weshalb ich diesen Schritt gewagt habe.
Das war in der zweiten Trainingshälfte in Saas-Fee, in der es nicht mehr ganz so rund lief. Wenn es nicht läuft, beginnt man automatisch, sich Gedanken zu machen und zu hinterfragen, ob dies noch das Richtige ist. Ich habe in dieser Zeit viele Gespräche geführt und schliesslich diesen Entscheid gefällt.
Um an der Weltspitze mitspringen zu können, muss man ein gewisses Repertoire beherrschen. Ich habe im letzten Winter meine ersten dreifachen Sprünge, als eine von nur wenigen aktiven Damen, im Schnee gesprungen. Um noch weiter zu kommen, haben wir im Sommer intensiv auf der Wasserschanze an neuen Dreifachsprüngen gearbeitet. Das hat super geklappt und wir waren zuversichtlich, dass ich diese auch auf den Schnee bringe.
Leider klappte der Übergang nicht wie gewünscht, und ich war blockiert. Ich konnte das im Sommer Erlernte nicht abrufen, die Blockade war zu gross.
Sehr positiv, wobei mich viele auch gefragt haben, ob sie mir helfen können. Aber es geht mir sehr gut, ich fühle mich erleichtert. Ich bin glücklich und freue mich sehr auf meine Zukunft.
Man weiss im Voraus nie, ob man einen Entscheid bereut oder nicht. Leider kann auch ich nicht in die Zukunft blicken und habe einen Entscheid getroffen, der jetzt für mich stimmt.
Es wird sicher der eine oder andere Moment kommen, in dem ich gewisse Dinge vermissen werde. Wie zum Beispiel den Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen oder das Reisen und die vielen spannenden Orte. Momentan fühle ich mich aber einfach befreit und bin froh, diesen schwierigen Schritt gewagt zu haben.
Meine erste Qualifikation für Olympia werde ich nie vergessen. Das bleibt sicher einer der spezielleren Momente. Highlights waren aber sicherlich auch die Teilnahmen an den Olympischen Spielen in Vancouver und Sotschi.
«Ich konnte das im Sommer Erlernte nicht abrufen, die Blockade war zu gross.»
Für einen Sportler ist das einer der grössten Anlässe überhaupt, und dort für dein Land an den Start zu gehen, ist eine Ehre.
In negativer Erinnerung bleibt sicherlich die Diagnose im Jahr 2014, dass meine Schulter operiert werden musste und ich deshalb die komplette Saison 2014/2015 verpasst habe. Das war ein Schock.
Ich freue mich auf einen neuen Lebensabschnitt. Ich werde wieder auf meinem erlernten Beruf als Medizinische Praxisassistentin arbeiten und dann die Eintrittsprüfung für mein Physiostudium machen. Wie Sie sehen: An Plänen und Zielen für meine Zukunft fehlt es mir nicht.