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Region (LiZ)
Limmattal
Weil die Sozialkosten stetig steigen, beantragt die Gemeinde Geroldswil an der Versammlung Anfang Dezember 5 Prozent mehr Steuern.
Der neue Finanzvorstand von Geroldswil, Paul Albrecht (parteilos), sagt es deutsch und deutlich: «Beim öffentlichen Haushalt ist es nicht anders als im Privaten: Es ist wichtig, dass man immer etwas im Portemonnaie hat und nicht nur Schulden macht.» Genau auf Letzteres läuft es bei der politischen Gemeinde seit längerem aber hinaus: Steigende Sozialkosten haben dazu geführt, dass im nächsten Jahr ein Minus unvermeidlich wird. Konkret: Das Budget 2019 rechnet in der laufenden Rechnung mit Aufwendungen von 23'801'965 Franken und Einnahmen von 16'627'960 Franken – gerechnet noch ohne Steuern. Doch der Aufwandüberschuss kann auch mit Steuern nicht gedeckt werden, wenn der Steuerfuss bei 44 Prozent verbleibt. Auch die Rechnungsprüfungskommission (RPK) ist dieser Meinung.
«Eine Steuererhöhung ist unvermeidlich», sagt Albrecht weiter. Für Geroldswil ist das etwas Neues, denn über die letzten Jahre hatte sich der Steuerfuss konstant gehalten. Gestiegen sind aber die Sozialkosten, gleichzeitig ist die Steuerkraft gesunken. Im Jahr 2019 wird sie bei 3800 Franken pro Einwohner liegen und damit unter dem kantonalen Mittel von 3900 Franken.
Verkommt Geroldswil immer mehr zu einer Gemeinde von Sozialhilfebezügern? «Nein», sagt Gemeindepräsident Michael Deplazes (parteilos), «aber Geroldswil ist keine Ausnahme: Die Verlagerung von den grossen Zentren schwappt immer mehr auf die Agglomerationsgemeinden über.» Viele Zürcher Gemeinden beobachteten diese Entwicklung und die damit einhergehende Entwicklung der gesetzlichen wirtschaftliche Hilfe mit Sorge.
Eine Lösung habe der Gemeinderat derzeit nicht parat. «Wir sind ständig darum bemüht, die Sozialkosten zu senken», sagt Deplazes. Allerdings habe sich durch das Zusammenspiel diverser Faktoren eine sich öffnende Schere gebildet, welche den Finanzhaushalt in Schieflage gebracht habe. «Leider reichen Sparbemühungen alleine nicht mehr aus, um eine Steuerfusserhöhung abzuwenden.»
Ein Hoffnungsschimmer am Horizont ist die Zentrumsüberbauung, der die Geroldswiler im Mai 2017 deutlich zugestimmt haben. Dazu Gemeindepräsident Michael Deplazes: «Das neue Zentrum mit einem grossen Coop und 27 darüberliegenden Wohnungen wird eine neue gute Adresse in Geroldswil sein und unsere Standortattraktivität heben.» Ab 2021 würden dann auch die Mietzinseinnahmen den Finanzhaushalt jährlich entlasten.
Vorläufig bleibt den Geroldswilern nichts anderes übrig, als über eine Steuererhöhung der politischen Gemeinde von 5 Prozent abzustimmen. Die Rechnung 2019 würde dann mit einem Plus von 28 040 Franken schliessen. Zudem hat auch die Oberstufenschulgemeinde eine Erhöhung um 2 Prozent angekündigt. Damit würde der Gesamtsteuerfuss von heute 104 auf 111 Prozent ansteigen. Erstmals läge er dann knapp über dem kantonalen Mittel von 110 Prozent. Finanzvorstand Albrecht: «Natürlich wäre es schöner, der Gesamtsteuerfuss läge unter dem Mittel.» Aber mittelfristig würde er dafür für eine ausgeglichene Rechnung sorgen.
Auch Gemeindepräsident Deplazes stimmt dem zu: «Geroldswil steht wie viele Gemeinden und Städte vor der grossen Herausforderung, ihren Finanzhaushalt im Gleichgewicht zu halten, ohne laufend unpopuläre Steuerfusserhöhungen zu beantragen.» Mit der gewählten Strategie, die rückläufige Steuerkraft zu stoppen, sei Geroldswil jetzt aber auf dem richtigen Weg. «Gelingt es, die Soziallasten wieder auf ein akzeptables Niveau zu senken, verschwinden viele Sorgenfalten von den Ratsstirnen.»