Dicht drängen sich die Musikerinnen und Musiker im Schatten, den die Mauern des Lindenhofs auf das heisse Pflaster werfen. Für den Zunftspiel Musikverein Harmonie Schlieren ist es das 45. Sechseläuten.
Es ist kurz nach 16 Uhr, eigentlich müsste die Marschgruppe Nummer 16, die Zunft zum Widder mitsamt Kindergruppe, Ehrengästen, Zunftwagen und Zunftspiel, bereits losgelaufen sein.
«Irgendwo klemmts», meint Marco Lucchinetti, Präsident der Musikverein Harmonie Schlieren (MHS), und zuckt mit den Schultern. Man kennt das, wartet geduldig. Die Kinder der Zünfter stecken sich die Zältli in den Mund, die sie in ihren Körbchen tragen, die Musikerinnen und Musiker ihre Mundstücke. Oder die letzte Zigarette, bevor es im Gleichschritt auf die Route geht, vorbei an den dicht gedrängten Zuschauern, hin zum Sechseläutenplatz, hin zum Böögg.
Gleich mehrere Jubiläen
Seit 45 Jahren begleitet der MHS die Zunft zum Widder am Sechseläuten und an der St.-Peters-Fahrt. Es ist aber nicht das einzige Jubiläum, das der MHS dieses Jahr feiert: 90 Jahre ist es her, seit der Verein gegründet worden war. Und dazu ist es noch das erste Jahr des neuen musikalischen Direktors Tobias Zwyer. Wie es damals dazu gekommen ist, dass der MHS von der Zunft zum Widder als Zunftspiel engagiert wurde, lässt sich nicht mehr genau rekonstruieren. Ohne gute Beziehungen werde das aber kaum zustande gekommen sein, meint Lucchinetti und lacht. Was aber sicher ist: Frauen waren immer dabei. «Schlieren hat es damals zur Bedingung gemacht, dass auch Frauen mitspielen durften.»
Das Sechseläuten sei zweifellos eines der Highlights im Vereinsjahr. «Uns verbindet mit der Zunft zum Widder nicht nur das Engagement, sondern auch eine tiefe Freundschaft», sagt Lucchinetti. Doch bei aller Freundschaft; es bleibt doch auch ein Auftrag. «Disziplin gehört dazu. Auch wenn das Sechseläuten ein Fest ist, müssen Qualität und Auftreten stimmen.» Dazu gehört auch, dass die Sonnenbrille im Sack bleibt, wenn die Zunft es wünscht.
«Geht an die Substanz»
Es ist ein langer Tag, das Sechseläuten. Seit 10 Uhr tragen die 65 Musikerinnen und Musiker ihre Kostüme; schwarze Hose, weisses Hemd, Metzger-Schoss und Zipfelkappe, dazu in Rot ein Gilet, eine Fliege und die Nelke hinter dem linken Ohr. Am Morgen haben sie auf dem Münzplatz gespielt, dann im Zunftssaal, wo es so eng war, dass die Posaunisten ihre Instrumente schon fast in der Suppe der Zünfter tunkten, und nach dem Mittagessen haben sie die den Zunft-Nachwuchs auf dem kleinen Umzug begleitet. «Der Tag geht schon an die Substanz, gerade wenn es so warm ist, wie heute», sagt Lucchinetti. Mit dem Verchlöpfen des Bööggs ist auch noch lange nicht Feierabend: Nach dem Abendessen geht es los mit dem Auszug, dem gegenseitigen Besuchen der Zünfte, bei dem der MHS jeweils aufspielt.
Der Abmarsch für den Umzug naht. Rasch stecken sich die Schlieremer noch einmal die Nelken zurecht, streichen die Schürzen glatt und ziehen das Gilet straff. Major Felix Hubmann lässt die Trillerpfeife gellen, Einstellen. Vorab der Bär, dann die Kinder und der Isengrind, der Halblöwe auf der Stange, das Zunftspiel, gefolgt von den Zünftern und ihren Ehrengästen. Dann setzt sich der Trupp in Bewegung. Es schöns Sächsilüüte.