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Region (LiZ)
Limmattal
Küchenchef Carsten Voigt und Betreiber Nicolai Squarra eröffnen im Juni mit dem «Eve's Kitchen» das kulinarische Herz auf dem JED-Areal der ehemaligen NZZ-Druckerei in Schlieren.
«Grossbritannien im Kriegszustand mit Deutschland», «Europa beschwört die Griechen», «Der Innovationspark erhält Konturen»: Die Wand der künftigen Wartelounge im Restaurant Eve's Kitchen an der Zürcherstrasse in Schlieren ist tapeziert mit Schlagzeilen und Artikeln alter Ausgaben der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ). «Das war das letzte Blatt, das in Schlieren gedruckt wurde», sagt Carsten Voigt und zeigt auf den Titel «Abschied von der eigenen Druckerei». Die Druckerpresse der NZZ lief Ende Juni 2015 das letzte Mal in Schlieren. Fast sechs Jahre später erinnern nicht nur die Ecke im neuen Lokal, sondern auch die mit Laser ausgelassenen Buchstaben der zwölf Meter langen Bar in Rost-Optik an die geschichtsträchtige Vergangenheit.
Im ehemaligen NZZ-Verwaltungssitz entsteht Carsten Voigts neues Reich: das «Eve's Kitchen». Der 40-Jährige wird sich als Chefkoch jedoch nicht nur um die Kulinarik in der Gaststätte, sondern auch um das Catering und die Verpflegung aller Events des neuen Zentrums für Wissenstransfer, Innovation und Unternehmertum in Schlieren kümmern.
Das Gelände befindet sich seit dem Wegzug der NZZ im Besitz der Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site und wird JED-Areal genannt - JED ist das Akronym der englischen Wörter Join, Explore, Dare. Betrieben werden die insgesamt 3500 Quadratmeter grossen Event- und Gastronomieflächen von Unternehmer Nicolai Squarra, der früher als Geschäftsführer der Eventcatering-Firma «Dine & Shine» in Urdorf tätig war.
Wo künftig Gäste verköstigt werden, wuseln Handwerker mit Pinseln, Leitern und Bohrmaschinen hin und her. Orange und schwarze Farbe wird an Wänden und Beleuchtungsschienen an der Decke aufgetragen. «Die Event- und Gewerbeflächen haben wir bereits im November 2020 eröffnet. Ab Juni werden auch das Restaurant und der dazugehörige Bankettsaal im oberen Stockwerk fertig sein», verrät Squarra.
Von da an bis nach den Sommerferien Mitte August kann man von Montag bis Freitag zwischen 7 und 18 Uhr im Restaurant einkehren. Danach bewirten Küchenchef Voigt und sein 14-köpfige Team die Gäste von Mittwoch bis Freitag auch abends und am Samstag von 17 Uhr bis nach Mitternacht.
Die Pandemie stellt Squarra und seine Angestellten vor Herausforderungen. «Den Mietvertrag haben wir noch vor der Krise 2019 unterschrieben. Dass so etwas auf uns zukommen würde, haben wir nicht erwartet. Aber wir sind zuversichtlich, dass bessere Zeiten vor uns liegen. Bis es so weit ist, müssen wir stets agil und flexibel bleiben», sagt der Betreiber. Die Frage sei nun, wie sich die Ansteckungszahlen entwickeln würden und ob nochmals ein Lockdown drohe. Doch die Vorfreude lassen er und Koch Voigt sich nicht nehmen. «Wir freuen uns sehr auf die Eröffnung und hoffen, dass die Schlieremer und Limmattaler uns eine Chance geben und bei uns vorbeischauen», sagt Squarra.
Kulinarisch verspricht das «Eve's Kitchen» eine Bereicherung für das Schlieremer Gastronomieangebot. «Ich orientiere mich an der französischen Küche und möchte diese modern interpretieren», sagt Voigt. Ein Restaurant im hippen Brasserie-Stil schwebe ihm vor. Klassiker wie Boeuf bourguignon oder Entenbrust mit Orangensauce will er ins Jahr 2021 überführen und mit Elementen aus der asiatischen oder orientalischen Küche aufwerten. «Ein Schmorgericht könnte ich mir statt mit einer französischen Beilage wie Ratatouille zum Beispiel mit mediterranem marokkanischem Gemüse vorstellen», sagt Voigt.
Geboren und aufgewachsen in Ostberlin startete er seine Kochkarriere mit einer Ausbildung in der Küche des Hotels Hilton am Berliner Gendarmenmarkt. In der Sterne-Gastronomie verschiedener Hotelketten lehrte er sein Handwerk, so etwa in München, Köln oder Garmisch-Partenkirchen.
Gleichzeitig engagierte er sich von 2010 bis 2014 in der deutschen Kochnationalmannschaft und heimste mit seinen Kollegen Gold- und Silbermedaillen an Wettbewerben, Olympiaden und Weltmeisterschaften ein. Auch in der Schweiz sah er bereits in einige Betriebe, so kochte er etwa im Renaissance Hotel in Zürich oder im Radisson Blu Hotel in St. Gallen. Zuletzt war er in der Cateringküche von «Dine & Shine»in Urdorf tätig, wo er auch mit Squarra zusammenarbeitete.
«Ich finde den Vierer-Tisch à la carte genau so spannend wie einen Anlass für 5000 Personen. Meine Aufgabe hier vereint beides», sagt Voigt. Er denke nicht in starren Konzepten und wolle sich wenig Vorgaben machen. Die Speisen auf der Karte sollen jeden Tag wechseln. Das sei Herausforderung und Spass zugleich. «Ich bin offen, den Gästen auch Spezialitäten aus meiner Heimat Berlin aufzutischen und zum Beispiel Eisbein oder Currywurst zuzubereiten.»
Seine Herkunft kann er im Gespräch nicht verleugnen. Der sympathische und direkte Berliner-Dialekt ist unüberhörbar. «Ich versuche erst gar nicht, normal Hochdeutsch zu sprechen. Es wäre einfach nicht authentisch.» Und auch an die Mundart wagt er sich nicht. «Wichtig ist, dass ich alles verstehe. Das klappt dank der Hilfe meiner Schweizer Frau nach mehr als sieben Jahren im Land schon sehr gut», sagt er und lacht.
Voigts Vision für das «Eve's Kitchen» ist klar: «Bei uns soll jeder sein Bier trinken und einen Flammkuchen essen können, während am Tisch daneben ein Fünf-Gänge-Menü verspeist wird. Wir sind für alle da.» Platz hat das Restaurant draussen und drinnen für je 120 Plätze. Squarra blickt auf die Fensterfront. «Die Fenster lassen sich komplett öffnen, sodass es einen fliessenden Übergang vom Innen- zum Aussenbereich gibt. Hier soll im Sommer Biergartenstimmung herrschen», sagt er. Zusätzlich zum normalen Restaurantbetrieb plant der Betreiber auch spezielle Anlässe im Lokal durchzuführen wie Oktoberfeste oder Halloween-Partys. «Im Park, der vor unserem Restaurant entstehen wird, ist zudem vorgesehen, dass wir ab und zu Events wie Mini-Food-Festivals oder Weihnachtsmärkte veranstalten», sagt Squarra.
Bevor «Eve's Kitchen» im Juni öffnet, wird auf dem JED-Areal ein anderes Verpflegungs-Angebot aufgehen. Die Geschwister Joshua und Sarah Haas ziehen mit ihrer Kaffee-Rösterei Caffetino von der Bahnhofstrasse in Schlieren in das Gebäude neben dem Restaurant und werden dort im öffentlichen Bereich ab Mitte Mai von Montag bis Freitag zwischen 7 und 18 Uhr in der Jake's Bar ihren Kaffee servieren.
«Die Bar wird mit einer auffälligen Pflanzeninstallation an der Wand begrünt», verrät Squarra. Am Morgen hält das «Caffetino» ein Frühstücksangebot bereit und am Mittag können Passanten, Eventbesucher, aber auch Mitarbeitende der Firmen, die sich in den Gewerberäumen einquartiert haben, Take-away-Menüs kaufen. Zubereitet wird alles in Voigts Zentralküche. Er findet: «So kann ich mich langsam an den Restaurantbetrieb herantasten und schauen, welche Gerichte gut ankommen.»