Die Schlieremer Classtime AG hat eine öffentliche Ausschreibung des deutschen Bundeslands Niedersachsen gewonnen. Rund 200'000 Lehrpersonen verwenden ihr Produkt bereits.
Das 2019 gegründete Schlieremer Unternehmen Classtime AG ist im Aufwind: Kürzlich gewann das Ed-Tech-Start-up eine öffentliche Ausschreibung des deutschen Bundeslands Niedersachsen. Schon bald sollen alle öffentlichen Real- und Hauptschulen sowie Gymnasien des Bundeslands eine im Limmattal entwickelte Lernplattform verwenden. «Für uns stellt dies einen Meilenstein dar und ist eine wunderbare Bestätigung», sagt Gründer und Geschäftsleiter Jan Rihak.
Das junge Unternehmen, das mittlerweile rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, entwickelt Online-Unterrichtsangebote. Weltweit nutzen etwa 200'000 Lehrpersonen aus 20 bis 25 Ländern die Plattform. «Mit Classtime können Lehrpersonen Fragen erstellen oder importieren, die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler überprüfen, Hausaufgaben kreieren und Prüfungsvorbereitungen sowie Lernzielkontrollen durchführen», erklärt Rihak. Das Ziel sei, die Schülerinnen und Schüler stärker am Unterricht partizipieren zu lassen und sie mit Aufgaben und Übungen herauszufordern. Lehrpersonen können zudem Zeit sparen, etwa durch automatische Korrekturen von Prüfungen.
Für die Ausschreibung in Niedersachsen musste die Classtime AG zahlreiche Kriterien erfüllen, darunter funktionale, unternehmerische und datenschutzrechtliche. «Unser Produkt musste beispielsweise eine Reihe kompetenzorientierter Fragetypen ermöglichen, verschiedene Prüfungsmodi anbieten und Medien einbeziehen können», sagt Rihak. «Weitere Voraussetzungen waren ein gewisser Reifegrad des Unternehmens sowie Erfahrung in der Arbeit mit grösseren behördlichen Institutionen.» Am wichtigsten aber seien die Anforderung an den Datenschutz gewesen: So erfülle Classtime die Kriterien der EU-Datenschutzgrundverordnung und gewährleiste, dass alle verarbeiteten Daten die EU beziehungsweise die Schweiz nicht verlassen.
Schon vorher hatte Classtime in Niedersachsen bilaterale Nutzungsvereinbarungen mit rund 20 Schulen. Dass sich daraus eine Zusammenarbeit mit dem ganzen Bundesland entwickelt hat, ist ein grosser Schritt für das Schlieremer Unternehmen, das auch ein Team in der Ukraine und eine Tochterfirma in den USA hat. «Wir haben zurzeit jede Woche Webinars mit Schulleitungen und ICT-Verantwortlichen, um unser Produkt möglichst schnell in Niedersachsen zu verbreiten», sagt Rihak. Rund die Hälfte der Schülerinnen und Schüler der Zielgruppe habe bereits die Möglichkeit, von Classtime zu profitieren. Bald soll das Produkt flächendeckend genutzt werden. «Inzwischen haben sich auch verschiedene interessierte Privatschulen bei uns gemeldet», sagt er.
Die Geschäftsidee, eine Unterrichtsplattform zu entwickeln, kam Rihak, als er an seine eigene Schulzeit zurückdachte. Er sagt:
«Ich erinnere mich, dass es jeweils schwierig war, alle Schülerinnen und Schüler abzuholen. Bildungsthemen sind für mich eine Herzenssache.»
Gemeinsam mit dem Mitgründer Valentin Rüst und mithilfe seines ehemaligen Mathematiklehrers sowie des Lehr- und Lernforschungszentrums der ETH Zürich habe er darauf 2015 erste Ideen ausgearbeitet.
Bisher war Classtime vor allem in osteuropäischen Ländern wie der Ukraine, in den USA, der Schweiz, Deutschland und auch Estland vertreten. Zwei Mitarbeiter kümmern sich um die Geschäftsentwicklung in Deutschland. Das Unternehmen hat grosse Ziele: «Wir wollen weitere deutsche Bundesländer und Schulen erreichen», sagt Rihak. «Wir befinden uns zurzeit in einer spannenden Phase, da unser Produkt nicht mehr nur von einzelnen Lehrpersonen verwendet wird, sondern sich flächendeckend etabliert.» Nach wie vor soll aber auch der Schweizer Markt im Fokus stehen, sagt der Geschäftsleiter: «Ich will durch Classtime die Experimentierfreude der Lehrpersonen wecken.»