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Region (LiZ)
Limmattal
Toiletten von Restaurants sollen öffentlich zugänglich werden, fordert der Schlieremer Gemeinderat Walter Jucker (SP). Gleichzeitig könne man so die Stadtfinanzen entlasten.
Toiletten können sauber, komfortabel, unhygienisch oder schmutzig sein. Das Adjektiv «nett» kommt vielen Menschen aber wohl nicht in den Sinn, wenn sie an das stille Örtchen denken. Doch genau so, nämlich «Nette Toilette», nennt sich ein Projekt, das die öffentliche Hand entlasten und der Bevölkerung jederzeit die Möglichkeit geben soll, eine öffentliche Toilette zu besuchen – eine klassische Win-win-Situation. SP-Gemeinderat Walter Jucker möchte, dass auch Schlieren nette Toiletten erhält.
Denn das Erstellen von öffentlichen WC-Anlagen ist teuer. Ein Züri-WC beispielsweise kostet je nach Komplexität der Anschlussarbeiten zwischen 300 000 und 350 000 Franken. Nach wenigen Jahren werden diese Kosten jedoch sogar noch von den Ausgaben für den Unterhalt übertroffen. Gibt es «nette Toiletten», sind solche Ausgaben nicht mehr notwendig. Denn im Rahmen des Projekts geben partizipierende Restaurantbetreiber ihre WC-Anlagen zur öffentlichen Nutzung frei – und erhalten dafür von der Stadt eine Aufwandsentschädigung.
Damit Passanten wissen, wo sie ohne Konsumationszwang die sanitären Anlagen benutzen dürfen, werden diese Lokale mit einem Aufkleber markiert. Für die Initianten eine bestechende Idee: «Die Stadt spart Kosten, indem sie keine neuen WCs bauen und unterhalten muss, die Gastronomen erhalten den einen oder anderen neuen Gast und die Bevölkerung bekommt ein flächendeckendes Netz an frei zugänglichen WCs», schreiben sie auf ihrer Website.
Walter Jucker, Gemeinderat SP
In Schlieren könnten öffentliche WC-Anlagen in der Nähe von Restaurants gar geschlossen werden, schreibt Jucker in seinem Vorstoss. «Gegebenenfalls könnte man gar auf den Neubau von öffentlichen Toiletten verzichten.» Die Einsparungen würden wohl höher ausfallen als die Entschädigung an die Gastronomen, mutmasst er. Zudem gäbe es weniger Vandalismus und, im Vergleich zu herkömmlichen öffentlichen WCs, mehr Sauberkeit. Juckers Vorstoss fand im 36-köpfigen Stadtparlament 16 Mitunterzeichner.
Ihren Ursprung hat die Idee der netten Toilette im deutschen Aachen, wo das Konzept erstmals um die Jahrtausendwende zur Anwendung kam. Inzwischen haben rund 230 Städte in Deutschland die Idee übernommen und auch einige Schweizer Städte sind auf den Zug aufgesprungen. Zuerst Thun im Jahr 2014, gefolgt von Solothurn, wo man die Idee von der Partnerstadt Heilbronn abgeschaut hatte.
Wie viele Städte heute dank den netten Toiletten Minderausgaben im Bereich öffentlicher Sanitäranlagen verbuchen, darüber fehlen detaillierte Zahlen. Fest steht: Bern, Biel, Luzern und Aarau haben ähnliche Projekte realisiert. Mancherorts gar mit grossem Erfolg: In Thun etwa stellen aktuell 18 Betriebe ihre Toiletten zur Verfügung, in Bern, wo die Pilotphase im vergangenen Sommer startete, waren 15 Betriebe dabei.
Auch der Verein Tourismus Region Brugg prüfte das Konzept und wollte es vor etwa einem Jahr einführen. Nur einen Monat später entschied man aber, das Projekt abzublasen. «Die Anfrage des Tourismusvereins stiess bei den Wirten und Gewerbetreibenden nicht auf die erhoffte Resonanz», sagte der Präsident des Vereins, Jürg Hässig, damals gegenüber der «Aargauer Zeitung». Zudem würden beim Projekt konkrete Erfahrungswerte aus anderen Schweizer Städten fehlen. Das Vorhaben könnte aber wieder aufgegriffen werden, wenn Erfolgsmeldungen eintreffen.