Das Musical «Come una farfalla nel vento» des Schlieremers Bruno Sonetto erhält am Sonntag eine Wiederaufnahme im Theatersaal Spirgarten in Zürich Altstetten und bietet eine Plattform für die Bewegung #célinesvoice.
Céline liebte Musik, sagt Nadya Pfister. Sie spricht über ihre Tochter, jene 13-Jährige aus Spreitenbach, die sich vor zwei Jahren wegen Cybermobbing das Leben nahm. «Nie ging sie ohne ihre Kopfhörer aus dem Haus.» Und es ist nun auch die Musik, die den Eltern von Céline eine Plattform bietet. Denn Nadya und Candid Pfister starteten im Frühling die Bewegung #célinesvoice und wollen so über Cybermobbing informieren. Ein grosses Publikum bietet ihnen der Schlieremer Musiker und Produzent Bruno Sonetto an diesem Sonntag.
Ende Juno feierte sein fünftes Musical in der katholischen Kirche in Schlieren die Premiere: «Come una farfalla nel vento» (übersetzt: «Wie ein Schmetterling im Wind») war ein Erfolg, beide Vorstellungen waren bis auf den letzten Platz besetzt. «Der Ansturm war so gross, dass wir schnell daran dachten, das Musical nochmals aufzuführen», sagt Sonetto. Statt in Schlieren wird die Produktion nun aber im Theatersaal Spirgarten in Zürich Altstetten aufgeführt. «Der Saal ist gross, aber ich bin zuversichtlich, dass wir ihn voll bekommen», sagt Sonetto.
Da bei den ersten Auftritten viel junges Publikum anwesend war, haben Freunde von Sonetto ihn darauf aufmerksam gemacht, dass man diese Möglichkeit nutzen sollte, um über Cybermobbing zu informieren. «Ich habe keine Minute gezögert», sagt Sonetto.
«Das Angebot von Bruno Sonetto, bei der Aufführung des Musicals auch mit unserer Bewegung anwesend zu sein, nahmen wir dankbar an», sagt Nadya Pfister. Ihre Bewegung #célinesvoice entstand auf Instagram und wurde jüngst auch Teil der deutschen Bewegung «Mobbing vereint». «Wir erhalten sehr viele und ausnahmslos positive Zuschriften und Feedback von verschiedenen Menschen.» So würden sich nicht nur Jugendliche, sondern auch Eltern, Lehrer, Polizisten und Politiker melden. «Dank dieser grossen Resonanz können wir den Menschen die Augen öffnen, sie wachrütteln und ihnen klarmachen, was Cybermobbing bedeutet», sagt Pfister.
Langfristig ist es ihr Ziel, dass Cybermobbing zu einem Straftatbestand wird. Denn im Fall von Céline, deren Suizid landesweit Bestürzung auslöste, konnte aus Sicht der Eltern kein gerechtes Urteil erzielt werden. Die beiden Jugendlichen, die für diese Tat wegen Nötigung beziehungsweise versuchter Drohung und Beschimpfung verurteilt wurden, kamen mit einem gemeinnützigen Arbeitseinsatz davon. Die Jugendstaatsanwaltschaft sah keinen Kausalzusammenhang zwischen dem Selbstmord und den Handlungen der Jugendlichen. «Es wurden zwei getrennte Strafverfahren angewendet, wäre das aber nicht der Fall gewesen und man hätte gezielt wegen Cybermobbing vorgehen können, hätte die Jugendanwaltschaft anders handeln können», sagt Pfister.
Mittlerweile haben Célines Eltern wichtige Kontakte in die Politik, und sie sind zuversichtlich, mit ihrer Bewegung einen Stein ins Rollen gebracht zu haben. Podiumsdiskussionen und Vorträge, auch in Deutschland, stehen auf dem Programm. Und die Arbeit hilft den Eltern, mit der Trauer um die Tochter umzugehen. «Die Bewegung ist ein Teil der Trauer. Man wird dadurch aber auch getragen», sagt Pfister.
Bruno Sonetto selbst wurde bei seiner Arbeit mit Jugendlichen schon mit Cybermobbing konfrontiert. «Es waren die Eltern, die auf mich zukamen und Rat suchten, da ihre Kinder möglicherweise Opfer wurden, und wir haben dann die Polizei eingeschaltet», sagt er. Nicht zuletzt deshalb war es ihm wichtig, auf das Thema aufmerksam zu machen. «Praktisch jedes Kind hat heute ein Handy, und das Thema wird unterschätzt, auch von vielen Eltern», sagt er.
Obwohl sein Musical keine Geschichte über Cybermobbing erzählt, kann sie ein emotionales Fenster öffnen und der Bewegung eine Plattform bieten. Die Geschichte handelt von vier Menschen, die ihre Heimat aus verschiedenen Gründen für die «Neue Welt» verlassen. Singend beschreiben sie ihr Leben in der Fremde und fühlen sich dabei wie Schmetterlinge im Wind, daher auch der Titel des Musicals.
Für die Wiederaufnahme hat Sonetto nicht viel verändert. «Da und dort habe ich Szenen etwas angepasst, und die Videos, die auf der Leinwand projiziert werden, habe ich stellenweise etwas verändert», sagt Sonetto. Aber noch immer sind es dieselben 20 eingängigen Songs, alle in italienischer Sprache, die von einem neunköpfigen Ensemble, drei Chören und einer Live-Band dargeboten werden.
Auch wieder dabei sind die Sängerin Francesca Alotta und der Mundharmoniker Giuseppe Milici, die als populäre Mitstreiter aus Italien den Musical-Cast ergänzen.
Am Ende der Aufführung wird Sonetto seine Gäste Nadya und Candid Pfister auf die Bühne bitten, damit sie einige Worte an das Publikum richten können. Danach sind die Eltern von Céline auch bereit, Fragen zu beantworten. Der gesamte Cast des Musicals wird sich schliesslich auf der Bühne einfinden und das Lied «Fragile» von Sting singen.