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Region (LiZ)
Limmattal
Ein Betrüger hatte zwei Frauen 150 000 Franken abgeknöpft. Das Urteil fällt milde aus.
Die beiden Frauen glaubten, sie hätten die grosse Liebe gefunden, doch er wollte nur ihr Geld. Als «gemein und hinterhältig» bezeichnete der Dietiker Bezirksgerichtspräsident Stephan Aeschbacher das Vorgehen des heute 41-Jährigen – ins Gefängnis muss er aber nicht.
Die Taten des Italieners gehen auf die Jahre 2012 und 2013 zurück. Der Oberengstringer fand seine beiden Opfer auf der Dating-Plattform «Badoo.ch». Nach ersten Treffen gaukelte er der damals 25-jährigen Pfäffikerin und der 29-jährigen Zugerin bald vor, sich in sie verliebt zu haben und mit ihnen eine gemeinsame Zukunft zu planen. Zudem machte der verheiratete, arbeitslose IV-Bezüger sie glauben, dass er Single und finanziell bestens versorgt sei.
Der Pfäffikerin erzählte er, dass er bald die Sicherheitsfirma seines Vaters übernehmen werde. Als Vorbereitung für seine Geldforderungen erfand er zwei Wochen nach dem Kennenlernen im November 2012 die Geschichte eines Geldkoffers, den er für die Firma ausliefern sollte und in dem plötzlich 300 000 Franken fehlten. Wegen des darauf eingeleiteten Verfahrens seien nun alle seine Konten gesperrt – sein Vater dürfe zudem nichts erfahren, da er ihn sonst aus der Firma werfen würde.
Darauf gaukelte er der Geschädigten vor, in eine bereits reservierte Wohnung ziehen zu wollen, doch nun fehle ihm das Geld für die Kaution. Die Geschädigte, die sich mittlerweile verliebt hatte, sei zuerst zwar «skeptisch» gewesen, doch ein mehrtägiger Liebesentzug zeigte Wirkung: Am 10. Dezember überreichte sie ihm die ersten 3800 Franken in bar, innert weniger Wochen folgten weitere 4000, 5000 und 3000 Franken für die Kaution der Wohnung, in der er angeblich künftig mit ihr leben wolle.
Dann stiegen die Beträge dramatisch in die Höhe: Im April bat der Betrüger unter Versprechen einer baldigen Rückzahlung die damals 25-Jährige um 50 000 für verschiedene Rechnungen, die er wegen der gesperrten Konti nicht begleichen könne – sie zahlte. Nur einen Tag später gab sie ihm weitere 30 000 Franken, vermeintlich für Möbel für die gemeinsame Wohnung.
Wenige Tage danach erhielt sie einen Anruf der vermeintlichen Cousine des Betrügers – in Tat und Wahrheit dessen Ehefrau, von der er mittlerweile getrennt ist und gegen die ein separates Verfahren eröffnet wurde. Diese hatte ihrerseits begonnen, eine Beziehung zu der Geschädigten aufzubauen, um als Befürworterin der Liebesbeziehung aufzutreten.
Der Inhalt des Gesprächs: Ihr Geliebter sitze nach einer Schlägerei, in die er als Türsteher verwickelt worden sei, in Untersuchungshaft und werde erst nach Zahlung einer Kaution freigelassen. So zahlte die Pfäffikerin weitere 25 000 Franken. Mittlerweile hatte sie es selbst mit der Angst zu tun bekommen: Sie wollte nicht, dass ihr Vater etwas von den vielen Zahlungen mitbekommt und dachte sich, der Beschuldigte könne ihr das Geld früher zurückzahlen, wenn er auf freiem Fuss sei. Mittlerweile wurde sie bereits um über 122 800 Franken geprellt – und damit um ihr ganzes Erspartes gebracht.
Doch das war dem Italiener nicht genug: Im Mai 2013 suchte er sich, erneut über «Badoo.ch», ein neues Opfer, weil vom ersten kein Geld mehr zu holen war. Er fand es in der Zugerin, der er weismachte, er sei ein vor kurzem geschiedener Inhaber einer Sicherheitsfirma mit 130 Angestellten. Dass er sich ein Leben auf grossem Fuss leisten könne, belegte er mit der Vorfahrt im BMW, Fotos im Ferrari-Sitz und Aussagen wie jener, dass sein Tagesbudget 1500 Franken betrage. Auch ihr tischte er eine Geschichte eines Geldtransports auf, bei dem plötzlich 400 000 Franken fehlten – dieses Mal habe ihm «der UBS-Chef» persönlich mitgeteilt, dass nicht alles Geld vom italienischen Konsulat angekommen sei.
Opfer Nummer zwei war allerdings weniger grosszügig, wenn er auch ihr vormachte, bis zu einem gewissen Termin alles zurückzahlen zu können. Von ihm konnte der Betrüger am Schluss «nur» knapp 33 000 Franken erbeuten. Dies vor allem auch, weil die 29-Jährige bald selbst Schwierigkeiten bekundete, das Geld aufzuwerfen. Sie musste dafür jeweils auf ihren Lohn warten, ihren Arbeitgeber um einen Vorschuss bitten oder bei ihrer Mutter und Kollegen Geld ausleihen. Zudem liess sie sich einen Kredit über 20 000 Franken auszahlen. Auch ihr schwindelte er diverse Notsituationen vor, die er nur mit ihrem Geld überwinden könne – und auch sie hat ihm geglaubt.
Gerichtspräsident Aeschbacher hielt bei der Urteilsbegründung denn auch fest, dass sich die Damen «doch sehr leichtgläubig verhalten hatten». An der Schuld des Betrügers, die er zuvor auch in allen Punkten eingestanden hatte, änderte dies nichts. Das Gericht folgte dem Urteilsvorschlag der Staatsanwaltschaft und verhängte 18 Monate Freiheitsstrafe; zum mehrfachen Betrug kam auch noch ein Verstoss gegen das Waffengesetz. Die Strafe wird aber bei einer zweijährigen Probezeit aufgeschoben; 90 Tage hat er zudem bereits in Haft verbracht. Dem ersten Opfer muss er die vollen 122 800 Franken plus Zinsen als Schadenersatz zahlen; wie viel das zweite genau zurückbekommt, muss ein Zivilprozess entscheiden.
Aeschbacher bezeichnete das Verdikt als «wohlwollend, mild, aber noch vertretbar». Als strafmindernd galt auch der Umstand, dass der Betrüger «eine gewisse Reue» zeige und seit den Delikten schon vier Jahre vergangen seien, in denen er nicht straffällig wurde. Die erste Priorität des zweifachen Vaters, der seit der Streichung seiner IV-Rente in Oberengstringen Sozialhilfe bezieht, sei es nun, eine Arbeit zu finden. Die schweren Fehler, die er begangen hatte, würde er heute nicht begehen, sagte er in seinem Schlusswort.