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Limmattal
Der ehemalige Statthalter Adrian Leimgrübler (FDP), der nach seiner Entlassung vom Dezember 2015 sein Amt zurückwill, holt zum Rundumschlag aus: In einer Stellungnahme, die er der Limmattaler Zeitung geschickt hat, teilt er aus gegen seinen Mitstreiter Simon Hofmann (FDP), seine Partei, den Präsidenten der Interparteilichen Konferenz (IPK) Rolf Steiner (SP), und gegen den Verfasser des Administrativberichts, auf dem seine Entlassung beruht.
Gegen diese hatte Leimgrübler Rekurs eingelegt, den der Gesamtregierungsrat abgelehnt hat, der aber noch vor dem Verwaltungsgericht hängig ist. Am Tag nach dem ersten Wahlgang, in dem Leimgrübler die meisten Stimmen holen konnte, forderten sein Konkurrent Simon Hofmann und die Bezirks-FDP, dass dieser Bericht offengelegt wird; das öffentliche Interesse an den Gründen für Leimgrüblers Entlassung sei womöglich gewichtiger als der Persönlichkeitsschutz, aufgrund dessen der Inhalt des Administrativverfahrens bis heute weitgehend unbekannt ist.
Auf Kooperation von Leimgrübler selbst können die FDP und ihr offizieller Kandidat Hofmann dabei aber nicht zählen: «Ich bin nicht bereit, Herrn Hofmann Material zu liefern, welches ihm dann zur freien und bewusst falschen Interpretation dient», schreibt Leimgrübler. Darin enthalten seien nämlich «nur subjektive Behauptungen und Wahrnehmungen». Der Administrativbericht beruhe auf «falschen Vorwürfen von zwei Mitarbeiterinnen und der fehlenden Fachkompetenz und Unabhängigkeit des Verfassers».
Leimgrübler kritisiert zudem Hofmanns Aussagen zum Strafverfahren gegen den ehemaligen Statthalter, das die Staatsanwaltschaft einstellen will, wie sie fünf Tage vor dem ersten Wahlgang verkündete. Mit der Äusserung, ein Vorsatz sei bei den ihm vorgeworfenen Delikten – Begünstigung, ungetreue Geschäftsbesorgung, Betrug und Urkundenfälschung – ohnehin schwer nachzuweisen, wolle Hofmann «suggerieren, es sei an den Vorwürfen etwas dran».
Auch stellt er Hofmanns Sachkompetenz infrage: Dass dieser von einer «Sistierung» anstelle der definitiveren Verfahrenseinstellung spreche, zeuge von mangelnden juristischen Grundkenntnissen. Vor dem ersten Wahlgang habe er seine Gegenkandidaten nie angegriffen, schreibt Leimgrübler. «Angesichts der Aggressivität von Herrn Hofmann» sehe er sich aber zu dieser Erwiderung gezwungen.
Kritik übt Leimgrübler auch an Kantonsratspräsident Rolf Steiner (SP), der die Interparteiliche Konferenz präsidiert. Dieses Gremium der Bezirksparteien hat Hofmann als offiziellen Kandidaten gewählt; Steiner hatte sich in seiner Funktion als IPK-Präsident in dieser Zeitung zudem schon verschiedentlich für diesen ausgesprochen. Stein des Anstosses ist nun aber eine Stellungnahme im Internet: Der Dietiker Kantonsratspräsident hatte seine Genossen per Mail dazu aufgerufen, Simon Hofmann und nicht Adrian Leimgrübler zu wählen. Am 8. Februar – also am Tag, nachdem bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gegen Adrian Leimgrübler einzustellen gedenkt – wurde das Schreiben auch auf der Website der SP Limmattal aufgeschaltet. Mittlerweile wurde der Beitrag wieder entfernt, der Limmattaler Zeitung liegt er aber vor.
Darin schreibt Steiner unter anderem, der Justizdirektion sei schon vor vier Jahren «zum guten Teil bekannt» gewesen, dass Leimgrüblers Amtsführung Mängel aufweise. Denn obwohl Leimgrübler bei den Erneuerungswahlen von 2013 noch der offizielle Kandidat der IPK war, und in der Folge auch problemlos in stiller Wahl bestätigt wurde, habe es schon damals Hinweise auf solche Mängel gegeben, sagt Steiner auf Anfrage.
Er und Pierre Dalcher – damals Präsident der SVP des Bezirks, heute Schlieremer Stadt- und Kantonsrat – hätten deshalb die Justizdirektion mit einem Schreiben darauf aufmerksam gemacht. Die Direktion sollte abklären, ob an den Gerüchten etwas dran sei. «Wir wollten sichergehen können, dass er sein Amt richtig führt.» Steiner nennt etwa vergessene Sitzungen oder «lange nicht erledigte Pendenzen» als Kritikpunkte, die der IPK damals zu Ohren gekommen seien.
Die Justizdirektion habe darauf «eine enge Begleitung und ein Coaching verordnet», war in Steiners Schreiben auf der SP-Website zu lesen. Dies sei «eine weitere glatte Lüge» des «sogenannt obersten Zürchers», schreibt nun Adrian Leimgrübler in seiner Mail an die Redaktion. Steiner habe schon 2012 «mit falschen Anschuldigungen» versucht, seine Wahl zu verhindern. Nur auf Wunsch des damaligen Justizdirektors Martin Graf (Grüne) habe er 2012 auf eine Strafanzeige gegen Steiner verzichtet. Nun erwäge er dies allerdings erneut.
Steiner zeigt sich ob dieser Ankündigung überrascht. «Wenn das für ihn zurzeit das Wichtigste ist, dann ist es halt so», sagt er. Im Hinblick auf den zweiten Wahlgang vom 21. Mai fügt er hinzu: «Mir zeigt das vor allem, wie nervös er ist.» Steiner räumt zwar ein, dass es «vielleicht ungeschickt war», dass die zuerst als interne Information gedachte E-Mail nach Absprache mit ihm auch noch ins Internet gestellt wurde.
Zudem könne er nicht seine Hände dafür ins Feuer legen, dass es sich tatsächlich genau um «eine enge Begleitung und ein Coaching» gehandelt habe, die Leimgrübler damals auferlegt worden seien. Sicher sei er sich jedoch, dass das Schreiben von ihm und Dalcher zu Massnahmen der Justizdirektion geführt habe. Diese hätten offensichtlich nicht gegriffen, wie er in der E-Mail weiter ausführt: «Wenn dann noch der Gesamtregierungsrat die fristlose Entlassung stützt, ist sie sicher nicht unbegründet.»
Licht ins Dunkel kann Martin Graf bringen, der Vorgänger von Jacqueline Fehr (SP). Er bestätigt, dass damals Bitten an die Justizdirektion herangetragen wurden, abzuklären, ob Leimgrübler sein Amt gut führt. Aus Datenschutzgründen kann er zum Inhalt der vorgetragenen Indizien nichts sagen. Man habe daraufhin aber mehrere persönliche Gespräche geführt, in denen Leimgrübler Unterstützung angeboten worden sei, unter anderem auch die von Rolf Steiner erwähnte «enge Begleitung» beziehungsweise ein Coaching. Leimgrübler habe keinen Bedarf dafür gesehen und beides ausgeschlagen. Weil sich bei den Fällen von damals kein Verdacht auf strafrechtlich relevante oder nach einem Administrativverfahren verlangende Tatbestände erhärten lassen habe, habe die Justizdirektion damals keine weiteren Massnahmen ergriffen.