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Brutvögel finden laut Studie in den Geroldswiler Auen und dem Dietiker Schachen ein ideales Zuhause - doch es gibt Verbesserungspotenzial.
Nur 70 Kilometer der Fliessgewässerstrecke des Kantons Zürich haben einen hohen Wert für Brutvögel. Das sind gerade einmal 3,9 Prozent, wie eine Studie von BirdLife Zürich zeigt. Sie analysiert die Situation der Brutvögel an Fliessgewässern und beschreibt Förderungsmassnahmen.
Dass die Situation für die Tiere vielerorts unzureichend ist, lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen. Starke Niederschläge und grosse Schneeschmelzen führen immer wieder zu Hochwassern, die das Fassungsvermögen der Flüsse übersteigen. Deshalb hat der Mensch die Gewässer künstlich gezähmt. Das Kanalisieren und Einengen von Flüssen führt im Gegenzug dazu, dass Vögel ihre natürliche Umgebung verlieren. Die Tiere brauchen aber ihre geschützten Plätze, um ungestört nisten zu können.
Als Reaktion darauf verpflichtet das Gewässerschutzgesetz die Kantone, die Fliessgewässer zu revitalisieren. In 80 Jahren sollen schweizweit etwa 25 Prozent der insgesamt 10 000 km wieder in einen natürlichen bis naturnahen Zustand zurück geführt werden. Der Kanton Zürich muss bis Ende Jahr seine Prioritäten für die nächsten 20 Jahre zur Genehmigung beim Bund einreichen.
Die BirdLife-Studie, die die Situation von Brutvögeln im Kanton Zürich analysiert, ist in der Schweiz einzigartig. Aus keinem anderen Kanton gibt es eine vergleichbare Erhebung. Aufgrund des Zürcher Brutvogelatlas, der 2008 zum zweiten Mal herausgegeben wurde, hatte BirdLife Zürich die Möglichkeit, die Zahl der Brutvögel auf die Fliessgewässerabschnitte zu beziehen und daraus Rückschlüsse zu ziehen. Dank diesen genauen Zahlen war es erst möglich, die Studie so detailliert durchzuführen. Solche Zahlen liegen im Rest der Schweiz nicht vor, was aber nicht heissen soll, dass in anderen Kantonen die Situation für Brutvögel besser aussieht. «Man kann davon ausgehen, dass es in anderen Kantonen ähnlich aussehen würde», so Thomas Kuske, Geschäftsführer von BirdLife Zürich. Der Kanton Zürich habe einen Vorteil durch die grosse Datenmenge. Jedoch brauche es Spezialisten, die sich mit den entsprechenden Gewässern auskennen. Und da gebe es in der Schweiz nur wenige. (gep)
Von nationaler Bedeutung
An der Limmat konnte im Rahmen des Landschafts-und Entwicklungskonzepts Limmatraum schon an einigen Stellen mit Verbesserungen begonnen werden. Die Geroldswiler Auen wurden bereits 2005 geschaffen. Sie liegen neben den letzten natürlich gewachsenen Auenresten im Limmattal. Die Flachmoorbiotope in den Dietiker Auen sind sogar von nationaler Bedeutung. In der Studie von BirdLife schneidet das Gebiet relativ gut ab. Doch auch dort gebe es noch Verbesserungspotenzial, sagt Thomas Kuske, Geschäftsführer von BirdLife Zürich. Streckenweise verlaufe die Limmat durch dicht besiedeltes Gebiet, das den Flussraum stark einenge. «Hier müssen die verbleibenden Lebensraumelemente besonders gut gepflegt werden und zusätzliche geschaffen werden, damit sich die Situation noch etwas verbessern lässt.»
Allgemein könne gesagt werden, dass möglichst breite Gewässerräume die Gebiete für Vögel attraktiv machten. Der Gewässerraum der Limmat müsse daher genügend gross festgelegt sein. Ausserdem müssten Bäume, Sträucher und auch die Uferböschungen gut gepflegt werden. Zu Beginn der Brutzeit sollten diese den Vögeln zur Verfügung stehen, störungsfrei sein und nicht gemäht werden.
Der Abschnitt Werdhölzli in Oberengstringen und Zürich schneidet in der Studie schlecht ab. Das liegt aber vor allem daran, dass nur Zahlen bis ins Jahr 2006 verwendet werden konnten, da seither keine neuen Datenerhebungen mehr stattgefunden haben. Man könne aber davon ausgehen, dass die Region Werdhölzli heute nach seiner Renaturierung im Jahre 2013 besser abschneiden würde, so Kuske.
Es liessen sich aber auch positiv bewertete Regionen aufwerten. Denn die Studie stütze sich auf den relativen Vergleich zwischen den vorhandenen Abschnittswerten der Fliessgewässer ab. Das heisst: Je schlechter der Zustand ist, desto weniger braucht es, damit ein Gewässer als durchschnittlich qualifiziert wird. Weil man wisse, dass die Situation für die Brutvögel nicht gut sei, könne gesagt werden, dass es noch Aufwertungspotenzial gebe, so Kuske.
Seit ein paar Jahren schlagen Ornithologen Alarm: Aufgrund der Klimaerwärmung würden immer mehr Vogelarten, die ursprünglich als Zugvögel gelten, im Winter nicht mehr in südliche Gefilde ziehen. Auch im Limmattal gibt es heimische Vogelarten, die entweder hier bleiben oder später abziehen. «Ich habe beobachtet, dass der Hausrotschwanz gute zwei Wochen später abfliegt, als noch vor ein paar Jahren», sagt die Feldornithologin und Vizepräsidentin des Vogel- und Naturschutzvereins «Schwalbe» Schlieren, Monica Laim. Typisch sei für diesen Vogel, dass er im Herbst durch lautes Zwitschern sein Revier markieren würde, um bei seiner Rückkehr im Frühling keine ungewollten Nachbaren zu haben.
Laim hat das Zwitschern des Hausrotschwanzes bis vor kurzem noch gehört. Auch die Bachstelze galt noch vor rund acht bis zehn Jahren hier in der Region als typischer Zugvogel, welcher den Winter meist in Südwesteuropa oder Nordafrika verbrachte. «Aber eigentlich bleibt diese Vogelart jetzt schon seit längerem hier bei uns in der Region», so die Feldornithologin. Auch jene nordsichen Vögel, die ihren Winter früher in der Schweiz verbrachten, bleiben zunehmends in Skandinavien und im restlichen Norden Europas. «Dazu zählen etwa Seidenschwänze oder auch Bergfinken», sagt Laim. Meist handle es sich dabei um Wasservögel, die ursprünglich immer dann in den Süden zogen, wenn ihre Seen zufrohren. «Aber wieso sollten sie jetzt in unsere Region kommen? Schliesslich finden sie im Norden immer noch genügend Nahrung, weil die Gewässer nicht von einer Eisschicht bedeckt werden.» Die Feldornithologin macht sich jedoch nicht so grosse Sorgen, wie einige andere Vogelexperten. «Es gab in der Vergangenheit immer wieder Temperaturschwankungen. Man sollte kein grundsätzliches Urteil fällen, sondern lieber das Wetter von Jahr zu Jahr anschauen.» Ideal sei es für die heimischen Vögel, wenn es trocken bleibe und die Temperaturen sich im milden Bereich bewegen, damit immer genug Nahrung vorhanden ist. Denn die «Zugunruhe» wird bei den Tieren erst ausgelöst, wenn sie instinktiv spüren, dass das Futter knapp wird. (sen)