Startseite
Region (LiZ)
Limmattal
Kompostierbare Kaffeekapseln wären eine gute Sache, war Mike Schärer vom Dietiker Caffè Ferrari überzeugt. Nachdem er sein neues Produkt entwickelt hat, sieht er sich nun mit einem unerwarteten Problem konfrontiert: Die Biogas Zürich AG nimmt es gar nicht mit.
Eigentlich könnte sich Mike Schärer, der Geschäftsführer des traditionellen Dietiker Caffè Ferrari, über sein neues Produkt freuen. Denn nach mehreren Tests und einigem Pröbeln ist er mit dem Kaffee, wie er nun aus den kompostierbaren Kapseln tröpfelt, sehr zufrieden. Und bei seinen Kunden stösst das nachhaltige Produkt auf enormes Interesse, wie er sagt. «Die Membran und die Hülse bestehen zu 100 Prozent aus Maisstärke», sagt Schärer. Die Kapseln lassen sich kompostieren. «Die ergeben zusammen mit dem Kaffeesatz hervorragenden Dünger.»
Lesen Sie zum Thema auch den Kommentar unseres Redaktors Oliver Graf.
200 Kilogramm der neuen Kaffeekapseln hat er vorerst herstellen lassen. Und das sollte nur der Anfang sein: «Ab kommendem Jahr wollte ich keine Alu- und Plastikkapseln mehr im Sortiment haben.» Doch nun ist er etwas geknickt, etwas desillusioniert. Denn es haben sich für ihn unerwartete Probleme aufgetan: «Die Kapseln sind zwar kompostierbar, sie dürfen aber dennoch nicht der Grünabfuhr mitgegeben werden.»
Landesweit lassen die Mitarbeiter von Abfuhrdiensten die grünen Tonnen ungeleert stehen, wenn sie darin Kaffeekapseln sehen. «Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um herkömmliche Kaffeekapseln mit Aluminium- und Plastikanteilen handelt oder um Neuentwicklungen, die kompostierbar sind», sagt Helmut Vetter, Geschäftsführer der Biogas Zürich AG. Diese verwertet etwa den Bioabfall, der in den acht Limmattaler Limeco-Gemeinden und in der Stadt Zürich anfällt.
An einer neuen kompostierbaren Kapsel an sich hat Vetter dabei nichts auszusetzen. Es gebe Produkte, welche die Norm EN 13432 einhalten und verschiedene Kompostierungslabels tragen, sagt er. Diese liessen sich grundsätzlich gut verwerten und zu Biogas und Dünger umwandeln.
«Das grosse Problem liegt in der Erkennbarkeit», sagt Vetter. Es sei für das Ladepersonal auf den Bioabfallsammelfahrzeugen einfach nicht ersichtlich, ob in einem grünen Bio-Container nun wirklich kompostierbare Kapseln oder solche aus Aluminium und Plastik liegen. «Befinden sie sich eine Woche im Container, sind von den Verpackungen nur noch Bruchteile zu erkennen.» Auch eine allfällig angebrachte Beschriftung, dass es sich um kompostierbare Produkte handelt, sei da oft bereits verschwunden. Und die Schrift auf einer einzelnen Kapsel sei ohnehin zu klein, als dass sie im Gemisch der Bioabfälle zu entziffern wäre.
Zudem verweist Vetter auf die Gefahr von unwissenden Nachahmern. Liegen in einem Container kompostierbare Kaffeekapseln, könnte dies einen Nachbarn zur Annahme verleiten, dass Kapseln grundsätzlich mitgegeben werden können. «Derartige Effekte sehen wir immer wieder, nicht nur bezüglich der Kapseln», sagt Vetter.
Aus diesen Gründen sind Ende 2016 an einem Runden Tisch verschiedene Empfehlungen zum Umgang mit den sogenannten biologisch abbaubaren Werkstoffen erarbeitet worden. Teilgenommen haben daran unter anderem das Bundesamt für Umwelt, Swiss Recycling, das Kompostforum Schweiz und Grossverteiler wie Migros und Coop. Demnach nehmen die Verwertungsanlagen kompostierbare Kaffeekapseln – wie auch entsprechendes Geschirr und Besteck – nicht einzeln in normalen Biotonnen entgegen.
Schärer von Caffè Ferrari kann das Problem der mangelnden Erkennbarkeit grundsätzlich verstehen. Dass es aber nicht gelöst wird, ist für ihn unverständlich. «Wir schreiben das Jahr 2020», sagt er. «Wir müssen doch eine Lösung für diese Kapseln finden.» Denn der Trend sei klar. Angesichts von Umwelt- und Klimadiskussionen werde es immer mehr kompostierbare Produkte geben. «Wenn diese dann über den Kehricht entsorgt werden müssen, ist es doch einfach ein Marketinggag, der der Umwelt nichts bringt.»
Er will nun einen Sammelbehälter für seine Kapseln kaufen und diese dann so zur Biogasanlage zu bringen. «Haben wir die Gewähr, dass sich in einer geschlossenen Charge jeweils nur kompostierbare Kapseln befinden, können wir eine entsprechende individuelle Vereinbarung treffen», sagt Vetter.
Für Schärer stellt dies aber nur eine Behelfslösung dar, die nicht befriedigt: «Das hilft Kunden, die weiter entfernt wohnen, auch nicht weiter.» Diese müssten die Kapseln dann, wenn sie über keinen eigenen Komposthaufen verfügen, doch in den Abfall werfen. «Das kann es doch nicht sein.»
Vielleicht könnten ja die Gemeinden auf ihren Sammelstellen kompostierbare Kapseln gesondert sammeln, hofft Schärer. Vetter geht aber davon aus, dass sich dort dasselbe Problem wie bei einigen grünen Bioabfall-Containern in Wohnquartieren stellen könnte: «Ein kleiner Teil der Entsorgenden würde auch auf einer zentralen Sammelstelle aus Unkenntnis oder Bequemlichkeit falsche Stoffe deponieren.» Dies liesse sich nur mit einer konsequenten Überwachung verhindern.
«Solange sich kompostierbare und nicht kompostierbare Kapseln nicht auf einen Blick auseinanderhalten lassen, können sie nicht dem Grüngut mitgegeben werden», sagt Vetter. Denn auch wenn Fremdstoffe bis zu 99 Prozent aus dem angelieferten Material entfernt werden könnten, sei der verbleibende kleine Rest für die Umwelt doch immer noch zu gross. «Über Kompost, der auf Feldern einer sinnvollen landwirtschaftlichen Verwertung zugeführt wird, sollen keine Plastikteile in die Umwelt gelangen.»
Dass sich vorerst keine Lösung finden lässt, hinterlässt bei Mike Schärer einen schalen Nachgeschmack. Immerhin würden bei den kompostierbaren Kaffeekapseln keine Alu- und Plastikteile mehr verwendet. «Das ist ja schon ein Fortschritt», sagt er. Dass sie dann aber teilweise mit dem üblichen Abfall in einer Kehrichtverwertung verbrannt werden sollen, ärgert ihn. «Sie liessen sich doch mit einer Kompostierung besser verwerten.» Auch Vetter bedauert, dass es keine einfache Lösung gibt. «Aber die Gefahr von Fremdstoffen, die unser System beeinflussen, ist heute einfach noch zu gross.» Es müsste, wie bei den Bioabfallsäcken mit dem Gitterdruck, eine einheitliche Beschriftung oder Gestaltung geben, welche die kompostierbaren Kaffeekapseln und weitere Produkte klar von den konventionellen abgrenze. Vetter sind aber keine Bestrebungen bekannt, dass Produzenten und Vermarkter etwas in diese Richtung unternehmen würden. Es fehle ein Verband, eine Lobby, welche die Richtung vorgebe, meint Vetter.