Was macht eigentlich
Fünffacher Eishockeymeister: Der ehemalige Urdorf-Junior Martin Kout blickt zurück

In der Serie «Was macht eigentlich …?» kommt der fünffache Schweizer Eishockeymeister zu Wort: Der frühere Nachwuchsspieler des EHC Urdorf, der längst ein erfolgreicher Banker ist, über sein Karrierenende in Zürich, Verletzungen und frühere Mitspieler.

Ruedi Burkart
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«Ich liebe meinen Beruf», sagt der Banker Martin Kout.

«Ich liebe meinen Beruf», sagt der Banker Martin Kout.

Ruedi Burkart Bild: Keystone

Martin Kout streicht über sein iPhone und zeigt Ferienfotos. Letztes Jahr war er mit seiner Frau und den beiden Töchtern in Australien in den Ferien. «Schön war’s», sagt der fünffache Schweizer Eishockeymeister und lächelt. Ein Foto zeigt einen idyllischen Sonnenuntergang am Meer. Blaues Wasser, roter Himmel. Im Vordergrund des Bildes: eine Weinflasche und ein halbgefülltes Glas auf einem Tisch. Ist das Glas nun halb leer oder halb voll? «Also, falls die Frage auf mein Leben nach dem Sport abzielt – ganz klar halb voll», meint Kout lächelnd.

Er wusste schon früh, was er wollte, und arbeitete zeit seiner Karriere neben dem Sport in einem 50-Prozent-Pensum als Banker. Und stellte so rechtzeitig die Weichen für die Zeit nach dem Leben im Scheinwerferlicht. Etwas, das längst nicht allen ehemaligen Profisportlern nach Wunsch gelingt.

Was macht eigentlich?

In einer Serie beleuchtet die Redaktion der «Limmattaler Zeitung» das aktuelle Leben ehemaliger Grössen im Regionalsport. Bereits erschienen ist ein Bericht über das ehemalige Seitenwagen-Gespann Charly und Paul Güdel aus Geroldswil. Im zweiten Teil folgt nun Martin Kout, der frühere Eishockeyprofi aus der Nachwuchsabteilung des EHC Urdorf. Die Serie erscheint in loser Folge.

Aktuell steht Kout bei der Raiffeisenbank Mutschellen-Reppischtal als Leiter Services in der Verantwortung. «Ich liebe meinen Beruf», sagt Kout, «es sind zwar intensive Zeiten, das Coronavirus fordert auch uns heraus. Aber es passt so, wie es ist.»

Szenenwechsel. Offene Kunsteisbahn Urdorf, Winter 1987/88. Teenager Martin Kout spielt im Team der Novizen des EHC Urdorf. «Das war eine gute Zeit», sagt Kout rückblickend. Und dennoch wechselte er im Frühling 1988 im Alter von 15 Jahren zum grossen EHC Kloten. «In Urdorf wäre ich nicht weitergekommen. Ich hätte damals gerne in der 1.-Liga-Mannschaft mittrainiert, doch das wurde mir verwehrt.» Erst als sich ein Abgang des grossen Verteidigertalents abzeichnete, signalisierten die «Stiere» Verhandlungsbereitschaft. Zu spät. Kout hatte den «Fliegern» bereits zugesagt. Der junge Urdorfer konnte in Kloten in der Filiale der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft eine KV-Lehre absolvieren und arbeitete gleichzeitig im Nachwuchs der «Flieger» an seiner sportlichen Karriere. Der Rest ist Geschichte: Kout bestritt in der Saison 1991/92 im jungen Alter von 18 Jahren und mit der Rückennummer 3 die ersten NLA-Partien in der Defensive des EHC Kloten. Er gewann mit seinem Verein drei Meistertitel.

«Ich liebe meinen Beruf», sagt der Banker Martin Kout. Obenauf: Martin Kout 2001 gegen Lausannes Samuel Villiger. Martin Kout 2001 gegen Lausannes Samuel Villiger.

«Ich liebe meinen Beruf», sagt der Banker Martin Kout. Obenauf: Martin Kout 2001 gegen Lausannes Samuel Villiger. Martin Kout 2001 gegen Lausannes Samuel Villiger.

Ruedi Burkart Bild: Keystone

Doch im Frühling 1995 wechselte er den Klub. Er wollte etwas Neues erleben, nicht immer nur das ewige Nachwuchstalent sein – auch in finanzieller Hinsicht. «Ich hatte unter anderem Angebote vom SC Bern und von Ambri-Piotta», gibt Kout – er stand damals auch im Kader der Nationalmannschaft – freimütig zu. Schliesslich gab er dem Kantonsrivalen ZSC Lions den Zuschlag, die Nebengeräusche waren erstaunlicherweise kaum hörbar. Kout wechselte seine Rückennummer und wählte in Anlehnung an seinen Jahrgang die Nummer 73, der Erfolg blieb sein treuer Begleiter – 2000 und 2001 folgten zwei weitere Meistertitel.

NHL-Karriere war kein Ziel

Schluss mit der Karriere auf dem Glatteis war 2007 im Alter von 34 Jahren. «Ich tat mich schwer mit der Entscheidung. Aber es war richtig so», sagt Kout. Brisant: Gerade als er sich auf ein Leben ohne Eishockey einstellte, wollte ihn Genf Servette mit einem gut dotierten Drei-Jahres-Vertrag in die Westschweiz locken. Kout: «Coach McSorley hätte mich gerne gehabt. Aber weg aus Zürich? Das wollte ich nicht, ich gehöre hierher.»

In den 16 Jahren seiner Laufbahn spielte Martin Kout mit zahlreichen grossen Namen zusammen. So verteidigte er beim ZSC an der Seite von Mark Streit vor dessen Wechsel in die nordamerikanische National Hockey League (NHL). Für Kout selbst war Amerika kein realistisches Ziel. «Ich war immer wieder in den dümmsten Momenten verletzt», sagt er rückblickend. Vor der Weltmeisterschaft 1996 erkrankte er beispielsweise an Scharlach, er zog sich ein Dutzend Schulterluxationen zu und einmal auch zwei gebrochene Wirbel. Dennoch kann er sich im Alltag beschwerdefrei bewegen. «Ich treibe weiterhin Sport. So kann ich auch mein Gewicht einigermassen halten», meint Kout schmunzelnd.

Tragödien und Triumphe

Ein spezieller ehemaliger Mitspieler war Peter Jaks. Der «Sniper» aus dem Tessin, mit tschechischen Wurzeln wie Kout, war fünf Jahre lang dessen Teamkollege bei den ZSC Lions. «Peter war ein toller Typ, ich mochte ihn sehr.» 2003 beendete Jaks seine aktive Karriere und arbeitete noch ein paar Jahre als Sportchef bei Ambri. Als Jaks im Herbst 2011 im Alter von 45 Jahren in Italien Suizid beging und die Meldung in Zürich die Runde machte, musste auch Kout ein paarmal leer schlucken. «So etwas schockiert einen immer.» Tief sass der Schock auch an jenem 3. Dezember 1998, als Chad Silver tot in seinem Bett lag.

Der lebenslustige ZSC-Stürmer war zuvor bei einem Spiel in Davos in einen harten Check gekracht und groggy zu Boden gegangen. Auf TV-Bildern war nur noch das Weisse in Silvers Augen zu sehen. Nach einer kurzen Pause auf der Bank spielte Silver weiter – und war zwei Tage später tot. Offizielle Todesursache des 29-Jährigen: ein angeborener Herzfehler. Kout, der in Davos wenige Meter neben Silver auf dem Eis gestanden war, als dieser in den fatalen Check lief: «Das war ein harter Schlag für das ganze Team. Chad war einer der beliebtesten Spieler der Mannschaft.» Seit ein paar Jahren erinnert eine Statue vor dem Hallenstadion an Silver. Dort bleibt Kout immer ein paar Sekunden stehen, wenn er sich ein Spiel des «Z» anschauen geht. «Es ist schon über 20 Jahre her, aber einen Typen wie Chad Silver vergisst man nicht.»