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Limmattal
Charles Eugster trainiert, um an der Senioren-Weltmeisterschaft in Südkorea zwei Medaillen zu gewinnen.
Am vergangenen Wochenende hat Charles Eugster an den britischen Hallenmeisterschaften der Leichtathletik-Senioren teilgenommen und prompt den nationalen Weitsprungrekord in der Alterskategorie 95 bis 99 übertroffen. Das sind gute Vorzeichen für die bevorstehenden Weltmeisterschaften in Südkorea. Heute fliegt der 97-jährige Uitiker nach Daegu, der viertgrössten Stadt des Landes, wo er sich in den Disziplinen Weitsprung und 60-Meter-Lauf mit gleichaltrigen Sportlern aus der ganzen Welt messen wird. Sein Ziel ist es, in beiden Kategorien Weltmeister zu werden.
Für 60 Meter brauchte Eugster bei den Meisterschaften in London 15,9 Sekunden. Damit er in Südkorea den Weltrekord knacken kann, muss er gut 1,6 Sekunden schneller sein. «Das ist realistisch», sagt seine Trainerin Sylvia Gattiker. Insbesondere auf den ersten 15 Metern habe es noch Luft nach oben. Auch beim Weitsprung sieht sie noch Optimierungsmöglichkeiten: «Der Anlauf war zu kurz. Dadurch erreichte er nicht die notwendige Geschwindigkeit, um die gewünschte Weite zu springen.»
Bis vor Kurzem fokussierte sich Eugster auf den Sprint. Vor zwei Jahren konnte der britisch-schweizerische Doppelbürger an den Meisterschaften in London sogar den Weltrekord über 200 Meter in der Alterskategorie 95 bis 99 um zwei Sekunden verbessern. Nun wagt er sich an eine neue Disziplin. Seit vergangenem September übt sich der pensionierte Zahnarzt auch im Weitsprung. Auch hier hat er laut Gattiker Chancen: «Als wir vor einigen Wochen im Tessin trainiert haben, sprang er nahe an den Weltrekord von 2,05 Meter.» Das Resultat in London sei etwas schlechter ausgefallen, weil sich die Coachingzone weit weg befand. «So konnte ich ihm keine Ratschläge erteilen», sagt sie.
Mit der Aufnahme des Weitsprungs ins Trainingsprogramm möchten die beiden zeigen, dass es auch im hohen Alter noch möglich ist, komplexe Bewegungsabläufe zu erlernen. «Beim Weitsprung ist in kurzer Zeit viel Technik gefragt», sagt Gattiker, die den rüstigen Rentner normalerweise einmal in der Woche während rund drei Stunden trainiert. Jetzt, vor dem Wettkampf, stählt sich der 97-Jährige sogar zwei- bis dreimal wöchentlich. «Weil die Erholungsphase im Alter länger dauert, liegt nicht mehr drin», sagt seine Trainerin.
Für Eugster ist der Weitsprung eine Herausforderung, wie er sagt. Dennoch rechnet er sich Chancen aus, weil seine Konkurrenz nicht allzu gross sei. In beiden Disziplinen tritt er nur gegen einen Konkurrenten an: einen Senior aus Spanien. An den Start geht der Uitiker für Grossbritannien: «In der Schweiz gibt es kaum Unterstützung und Infrastruktur für Leichtathletik-Senioren», sagt er.
Charles Eugster sorgte kürzlich für Aufmerksamkeit, als er sein Buch «Age Is Just a Number» (Alter ist nur eine Nummer) veröffentlichte. Darin zeigt er auf, dass auch im Alter ein aktives Leben möglich ist. Er will damit unterstreichen, dass Alter und Krankheit nicht bedeutungsgleich sind. Mittlerweile ist der Uitiker in der halben Welt bekannt. Immer wieder tritt er in den britischen Medien auf.
Die diesjährigen Hallenweltmeisterschaften für Leichtathletik-Senioren finden vom 19.–25. März in Daegu, Südkorea, statt. Teilnahmeberechtigt sind Sportlerinnen und Sportler, die eine gute Kondition haben und nicht jünger als 35 Jahre sind. Für den Wettkampf angemeldet haben sich zwei Schweizerinnen und vier Schweizer, die zwischen 45 und 79 Jahre alt sind.