Er ist nur rund 245 Meter lang, doch für die Limmattalbahn ist er wichtig: Der Färberhüslitunnel ermöglicht die Anbindung des Spitalquartiers. Am Donnerstag ist der Durchstich im einzigen Limmattalbahn-Tunnel erfolgt, der auf spezielle Weise gebaut wird.
Um 11.04 Uhr wurde es am Donnerstag mitten im Färberhüslitunnel, der in Schlieren erstellt wird, auf einen Schlag plötzlich ruhig. Die zwei Dutzend Anwesenden, grösstenteils Vertreter verschiedener Baufirmen, unterbrachen ihre Gespräche abrupt und zückten rasch ihre Kameras und Handys. Denn es rieselte etwas Kies die Wand herunter. Kurz darauf purzelten grosse Erdbrocken zu Boden; und im entstandenen kleinen Loch war die graue Schaufel eines Baggers sichtbar, der auf der anderen Seite der Wand stand.
Damit war der Durchstich im Tunnel der Limmattalbahn erfolgt: Er ist nun in seiner ganzen Länge von der Badenerstrasse bis zur Spitalstrasse begehbar. Von einem Meilenstein sprach Daniel Issler, Gesamtprojektleiter der neuen Stadtbahn. Der Tunnel sei zwar nur rund 245 Meter lang, doch bleibe er auf der Strecke der Stadtbahn auch der einzige.
«Dieser Tunnel ermöglicht die wichtige Verbindung zum Spital», hielt Issler weiter fest. Dies hob auch der Schlieremer Stadtrat Stefano Kunz (CVP) hervor: Das etwas entfernte Spitalquartier rücke dank dieser Verbindung näher an das Stadtzentrum heran.
Den Färberhüslitunnel bezeichneten sowohl Kunz als auch Issler als ideale Lösung. Denn anfänglich stand im Raum, dass die Limmattalbahn über die Kesslerstrasse zum Spital hinaufgeführt wird. Damit die Stadtbahn das steile Gelände überhaupt hätte erklimmen können, hätten Strassenzüge abgegraben und meterhohe Stützwände aufgestellt werden müssen. «Das ging einfach nicht», sagte Kunz, der diese Diskussion noch als Gemeinderat miterlebt hatte. Das wäre ein «städtebauliches Unding» gewesen, meinte Issler.
Eine neue Lösung fand sich dann mit dem Färberhüslitunnel. Diese Variante wurde insbesondere möglich, weil beim Neubau des Spitals Limmattal nicht mehr nur ein Zugang im Süden vorgesehen war, sondern auch ein zweiter im Norden erstellt wurde. Die Limmattalbahn kann das Limmi damit von unten anfahren, der Höhenunterschied ist geringer.
Anders als dies entlang der Kesslerstrasse der Fall gewesen wäre, werde der Tunnel gut in die Landschaft eingebettet, sagte Issler. So deute über dem Bauwerk nichts auf die darunter fahrende Limmattalbahn hin. Auf dem Deckel, der in etwa auf der früheren Terrainhöhe liegt, entsteht eine Magerwiese, die von Hecken und Bäumen gesäumt sein wird und auf der auch Sitzbänke zum Verweilen einladen werden. Nahe des Südportals auf der Spitalseite ist ein Wildobstgarten geplant, in dem die Bevölkerung Früchte und Nüsse ernten kann. Seltene Insektenarten wie gewisse Schmetterlinge oder Glühwürmchen sollen auf dem Gelände über dem Tunnel einen Lebensraum finden. Es handelt sich um eine ökologische Ausgleichsfläche, wie sie die Limmattalbahn auch andernorts erstellen muss.
Die Portale, insbesondere das in eine Kurve mündende im Norden bei der Badenerstrasse, wirken heute noch wuchtig und als Fremdkörper. «Ein Portal ist immer ein gewisser Einschnitt», sagt Bauvorstand Kunz. Er zeigt sich aber überzeugt davon, dass sich das Bauwerk gut ins Stadtbild einfügen wird, wenn es definitiv gestaltet und die Umgebung bepflanzt ist.
Der Färberhüslitunnel hat im Vergleich zum ursprünglichen Projekt an der Kesslerstrasse eine neue Linienführung notwendig gemacht: Dass die Stadtbahn nun etwas länger der Badenerstrasse entlang rollen wird, hat zu einer wesentlichen Verbesserung des Projekts geführt. Denn erst so wurde die Haltestelle Reitmen möglich, wie Issler sagte. Damit sei auch das neue Quartier im Westen von Schlieren, das ein grosses Potenzial habe, an die Stadtbahn angebunden.
Der Bau des Färberhüslitunnels erfolgt nicht in konventioneller Bauweise. Der Tunnel wird im Tagbau mit Deckelbauweise erstellt. Zunächst wurde über dem geplanten Tunnel eine Baupiste erstellt, auf der sich die Baumaschinen bewegen konnten. Von dort aus wurden links und rechts Bohrpfähle senkrecht in den Boden getrieben. 400 dieser Riesendinger seien insgesamt versenkt worden, sagte der verantwortliche Projektingenieur Thomas Vollenweider beim gestrigen Durchstich. Die Pfähle mit einem Durchmesser von 1,2 Metern und einer Länge von zehn Metern bilden nun die Seitenwände des Tunnels.
Auf den Pfählen und der Baupiste wurde daraufhin die Tunneldecke betoniert. Erst anschliessend wurde damit begonnen, das Tunnelloch zu erstellen. «Wie Maulwürfe haben wir uns von Süden und von Norden hineingegraben», sagte Vollenweider. Rund 40000 Kubikmeter Aushubmaterial sei weggeschafft worden.
Diese Bauweise hatte gemäss Vollenweider gegenüber einer reinen Tagbau-Lösung unter anderem den Vorteil, dass die direkten Anwohner neben dem Tunnel weniger Emissionen ausgesetzt waren. «Nachdem die Pfähle im Boden waren, gab es beim Aushub, der unter der Tunneldecke erfolgte, keinen Lärm und keinen Staub.»
Mit dem Fortschritt der Bauarbeiten zeigte sich Gesamtprojektleiter Issler zufrieden. Dies nicht nur bezüglich des Färberhüslitunnels. Auch die weiteren Bauabschnitte der zweiten Bauetappen kämen innerhalb des gesetzten zeitlichen und finanziellen Rahmens voran.
Die Limmattalbahn wird die Bahnhöfe Zürich Altstetten und Spreitenbach-Killwangen verbinden. Die erste Etappe vom Farbhof in Zürich zur Geissweid in Schlieren ist bereits erstellt. Auf ihr verkehrt das Stadtzürcher Zweiertram. Die zweite Etappe, die nun gebaut wird, umfasst einerseits die Strecke von Schlieren über Urdorf und Dietikon nach Spreitenbach und Killwangen, andererseits die kurze Strecke vom Farbhof an den Bahnhof Altstetten. Die Limmattalbahn wird im Dezember 2022 ihren Betrieb aufnehmen.